Schiffsdiebe
Besser, sie flieht.«
» Wir wollten mit dem Güterzug nach Orleans fahren«, warf Nailer dazwischen. » Sie behauptet, dort kennt sie Leute, die sie beschützen.«
Sadna runzelte die Stirn. » In die Verladehöfe kommt ihr nicht rein. Jedenfalls nicht, ohne dass Lucky Strike davon erfährt. Und Richard und Lucky Strike halten zusammen wie Pech und Schwefel.«
» Wir können außerhalb auf den Zug aufspringen, wenn er erst mal fährt.«
» Das ist gefährlich.«
» Nicht so gefährlich wie hier herumzuhängen und abzuwarten, was für einen Deal mein Vater mit den Geldsäcken aushandelt.«
Tool wiegte nachdenklich den Kopf. » Möglich wär’s. Wenn sie schnell sind.«
» Sie behauptet, dass sie rennen kann«, sagte Nailer.
» Wenn nicht, ist sie so gut wie tot.«
» Auch nicht schlimmer, als wenn sie hierbleibt.«
» Was ist mit dir, Nailer. Willst du das Risiko eingehen?«
Nailer setzte zu einer Antwort an, hielt dann aber inne. Wollte er das wirklich? Das würde bedeuten, sich einem Mädchen anzuvertrauen, das er so gut wie nicht kannte. Verärgert schüttelte er den Kopf. Tatsache war, er hatte sich bereits mit seinem Vater angelegt. Da konnte er nicht auf Verständnis hoffen, selbst wenn ihm etwas daran gelegen hätte. Richards Kolonne war ermordet worden – das würde er nie und nimmer auf sich beruhen lassen.
» Für mich ist es hier nicht mehr sicher«, sagte Nailer. » Mein Vater wird es mir heimzahlen, koste es, was es wolle. Sonst verliert er das Gesicht, und das kann er sich nicht leisten. Die Leute würden ihn auslachen.«
Sadna schüttelte den Kopf. » Ich kann nicht mitkommen. Ich kann meine Kolonne unmöglich im Stich lassen. Du wirst ganz auf dich gestellt sein.«
» Ich und Pima …«
Pima schüttelte den Kopf. » Nein. Ich bleibe auch hier.«
» Was?«
» Ich lasse meine Mutter nicht alleine.«
» Aber wir haben das doch besprochen! Dass wir woanders hingehen.« Nailer versuchte, nicht allzu verzweifelt zu klingen. Aus irgendeinem Grund war er davon ausgegangen, dass sie zusammenbleiben würden.
» Du hast darüber geredet. Nicht ich.«
Nailer starrte sie entgeistert an. So sehr er es wollte – er konnte es ihr nicht verübeln. Pima hatte Familie. Etwas, woran sie sich festhalten konnte. Etwas Greifbares. Natürlich würde sie ein solches Risiko nie eingehen. Das hätte ihm klar sein sollen. Nailer nickte betreten. » Trotzdem, wir können auf den Zug aufspringen, und in zwei Tagen sind wir in Orleans. So schwer kann das doch nicht sein!«
Pima hielt die Hand hoch und zeigte ihm ihre geschienten Finger. » Meinst du? Reni hatte beide Hände, und er hat es trotzdem nicht geschafft.«
Sadna blickte zum Strand hinüber. » Wir können mit deinem Vater einen Waffenstillstand aushandeln, Nailer. Ich kann dich beschützen.«
» Wenn du das glaubst, kennst du meinen Vater nicht.« Nailer schüttelte den Kopf. » Außerdem will ich das auch gar nicht. Ich möchte weg von hier. Und Nita hat mir versprochen, dass sie mir hilft, wenn ich ihr helfe.«
Sadna musterte das fremde Mädchen argwöhnisch. » Und du vertraust ihr?«
» Ich sage die Wahrheit …«, entgegnete Nita erregt.
Sadna brachte sie mit einer Handbewegung zum Schweigen. » Wirklich?« Dann sah sie Nailer an. » Bist du sicher, dass sie das wert ist?«
» Das ist niemand«, grollte Tool.
» Mein Vater kann bezahlen«, sagte Nita. » Er kann eine Belohnung …«
» Halt die Klappe!«, fauchte Pima. Sie wandte sich Nailer zu. » Das entscheidet Nailer ganz allein. Schließlich hat er dich am Hals. Er geht das ganze Risiko ein.« Sie packte Nailer an der Schulter, zog ihn beiseite und senkte die Stimme. » Bist du dir wirklich sicher?« Und mit einem Blick zu Nita fügte sie hinzu: » Die ist ganz schön gerissen. Jedes Mal, wenn sie uns etwas erzählt, stellt sich das später als Halbwahrheit heraus.«
» Ich glaube ihr.«
» Das solltest du nicht. Die Bonzen ticken anders als wir. Die hat bestimmt irgendwelche Hintergedanken. Bist du sicher, dass du weißt, was du tust?«
» Ich riskiere doch eh nichts! Hier kann ich nicht bleiben. Irgendwann erwischt mein Vater mich doch!« Nailer zuckte mit den Achseln und löste sich aus Pimas Griff. » Er wird mir nie verzeihen. Ganz egal, was irgendwer behauptet, er wird mir nie verzeihen.« Er sah Nita an und hob die Stimme. » Wir gehen. Ich nehme sie mit!«
Unten am Hang herrschte plötzlich hektische Aktivität. Pima kletterte auf einen Felsen und spähte durch das
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