Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Schiffsmeldungen

Titel: Schiffsmeldungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annie Proulx
Vom Netzwerk:
in den Stall. Nach ’ner Woche oder so verliert der Junge das Interesse dran und vergißt es. Schließlich verhungert das Pferd. Sie halten dem Jungen ’ne Standpauke und brummen dem Vater tausend Dollar Strafe auf. Er hat das Geld zwar, aber, was meint ihr, was er macht? Steht im Gerichtssaal vor dem Richter. Reißt sich ebenfalls sämtliche Kleider vom Leib. Also wird er auch nach Waterford rübergeschickt.
    Ja, hier haben wir vermißte Personen und nicht identifizierte Leichen, und keine zwei passen zusammen. Ein Mann aus Chaw Cove ging zur Jagd. Das einzige, was sie noch fanden, waren seine Handschuhe. Hier unten in Puddickton findet gnä’ Frau ’nen kalten, nassen Leichnam, der unter dem Steg des Skippers treibt. Ein völlig Fremder, und nicht der Kerl aus Chaw Cove. Nicht ein Faden an ihm. Da fragt man sich glatt, ob der nicht auch kürzlich vor Gericht gestanden hat. Am schlimmsten ist diese Hundegeschichte. Wieder ein Krabbenfischer in Port aux Priseurs. Der Kerl kaufte ein paar schicke Festlandshunde, ein paar Pitbullterrier, ein paar Rottweiler, ein paar Dobermänner, hielt sie alle draußen auf seiner großen Koppel. Jetzt können sie den Mann nicht finden. Ist anscheinend in den Hundepferch raus und nicht wiedergekommen. Die ganze Familie sitzt beim Abendessen. Nach ein paar Stunden sagt einer: ›Wo ist denn der Alte wieder?‹ Sie gehen mit der Taschenlampe raus zum Hundepferch, rufen Juhu. Auf dem Schnee ist überall Blut und ein paar von Dads Kleidungsstücken in erbärmlichem Zustand. Darum glauben sie, obwohl er vermißt wird, zu wissen, wo er ist.«
    Tert Card träumend am Fenster, Richtung Süden starrend. »In Port aux Priseurs sollten sie lieber die Finger von den Tieren lassen. Sie haben ’s einfach nicht raus. Sollten sich an Autos und Drogen halten. Quoyle, hast du irgendeinen Unfall, um die Titelseite aufzumöbeln?«
    Nutbeem hob den Kopf, öffnete die verschränkten Arme. »Da das meine letzte Woche ist, sind die Auslandsnachrichten natürlich bombig. Erstens: der kanadische Gesundheitsminister hat sich mit einem Streit über Enthaarung in die Nesseln gesetzt.«
    »Einige von uns hier, Nutbeem, halten Kanada nicht für eine ausländische Macht«, sagte Card.
    »Laß ihn in Ruhe«, sagte Billy Pretty. »Red weiter, Junge.«
    »Na schön. Hunderte von Ärzten kündigen eine Krankenversicherungsinitiative zur Entfernung ungewollten Gesichts-haars bei ihren Patientinnen an. Ein Beamter des Gesundheitsministeriums wird mit den Worten zitiert: ›Eine heiße Sache.‹ Meint vermutlich das Elektrolysegerät. Millionen und Abermillionen Dollar für Millionen und Abermillionen Behandlungen. «
    Card kicherte. Er war ganz Fettflecken und Hunger. Fingernägel wie Zuckerzangen.
    »Dachte, daß du das lustig finden würdest«, sagte Nutbeem.
    Quoyle war überrascht, Billy Pretty belfern zu hören: »Du magst ruhig lachen, Card, aber für eine Frau ist es widerlich und bitter, den Schatten eines Schnurrbarts über ihr Gesicht kriechen zu sehen. Wahrscheinlich würdest du mehr Mit-gefühl entwickeln, wenn es darum ginge, daß Männern das Brustfett entfernt wird, oder?« Er starrte Cards spitze Brüste an. Ein paar Sekunden lang Schweigen, dann Tert Cards feuchtes Lachen, Billys Kichern. Es war nur ein Witz. Quoyle erkannte einen Witz immer noch nicht, wenn er ihn hörte.
    »Ach ja«, sagte Card und schneuzte sich in ein Papiertaschentuch, faltete es im Licht des Fensters auf. »Meine Schwester litt darunter, nur hatte sie Haare an den Armen. Unsere Alte wußte andere Wege, damit umzugehen. Wir hatten Skipper Small, der war ein Wunderheiler. Er schrieb etwas auf ein kleines Stück Papier, warf es ins Feuer, sah beim Verbrennen zu, bis nur noch eine Aschehaut auf den Kohlen lag, ganz weiß und verhutzelt. Dann nahm er einen Stock, stocherte in der Aschehaut herum, daß die Stückchen durch den Kamin davonflogen. ›Da‹, sagte er, ›da verschwindet dein Leiden.‹«
    »Und waren die Arme deiner Schwester dann in Ordnung? «
    »Und ob, Junge. Ihre Arme wurden so glatt wie Seide, jawohl, es war ein Vergnügen, sich von ihnen drücken zu lassen. Sagten alle. Ich hoffe, das sind nicht alle deine Auslandsnachrichten, Nutbeem, Enthaarung in Ontario.«
    »Tja, wir haben noch die Cholera-Epidemie in Peru. Argentinien und Paraguay weigern sich jetzt, in Peru Fußball zu spielen. In den vergangenen sechs Wochen wurden vierzehn-tausend Fälle gemeldet.«
    »Gut. Wir bringen die Geschichte gleich neben der

Weitere Kostenlose Bücher