Schiffsmeldungen
sagte Billy Pretty. »Nur ein paar von uns haben’s die ganzen Jahre hier ausgehalten, waren im Winter nie weg, außer auf See. Und Quoyle is’ der einzige, den ich je erlebt hab’, der hierherkommt, um sich niederzulassen. Über ihn mach’ ich mir g’rade Gedanken. Ich vermute, er is’ der nächste.«
»Ich bleibe offensichtlich«, sagte Quoyle. »Alvin Yark baut mir ein Boot. Bunny ist in der Schule, kommt gut zurecht. Und Sunshine gefällt es bei Beety. Die Kinder haben Freunde. Die Tante kommt im Frühjahr aus St. John’s zurück. Das einzige, was uns fehlt, ist eine Wohnung.«
»Ich seh’ euch nicht in Nutbeems Wohnwagen. Hast du dir das Ding schon mal angeschaut?« Tert Cart lächelte über irgendein Geheimnis.
»Er sieht ihn am Freitag. Quoyle hilft mir bei den Vorbereitungen für die Party. Wir holen alles Trinkbare, was man sich vorstellen kann, von Rum über Ingwerbier bis zu Champagner. «
»Champagner! Den mag ich«, sagte Tert Card. »Mit einem reifen Pfirsich drin.«
»Komm schon. Das hast du irgendwo gelesen. In Neufundland hat’s nie einen reifen Pfirsisch gegeben.«
»Ich trinke das, wenn ich nach Florida runterfahre. Ich trinke Mai-tai, Jamaica Glow, Beachcomber, Banana-Daiquiri, Piña Colada – mein Gott, in der Badehose auf dem Balkon sitzen und diese Sächelchen trinken! Bei brütender Hitze.«
»Ich bezweifle, daß ein Mann zwei kleine Mädels ganz allein großziehen kann«, sagte Billy Pretty. »Ich bezweifle, daß es ohne heftige Streitereien und dauernde Nervenzusammenbrüche abgeht.«
Quoyle ließ erkennen, daß er auf dem Ohr taub war.
32
Der haarige Teufel
»Um eine Wuling zu entwirren, löst man alles, was eingeklemmt ist, lockert die Knoten und macht dort ein Loch durch die Masse, wo das längste Ende aus der Wuling herauskommt. Dann fährt man fort zu rollen oder zu wickeln, immer aus der Mitte heraus, genauso wie ein Strumpf aufgerollt wird. Man hält immer die Wuling offen und lose und zieht nicht am Ende. Man läßt die Wuling sich selbst auflösen.«
DAS ASHLEY-BUCH DER KNOTEN
Eine warme Strömung, eine Zunge milder Luft, leckte in der Nacht vom Festland herüber und hielt die anrückenden Eis-ränder auf. Der Novemberschnee schmolz. Aufgewühlt von dem Scheinfrühling, geriet Tert Card am Freitag nachmittag im Büro in Alberlaune, spielte Streiche, meldete sich mit Falsettstimme am Telefon und ging immer wieder auf die Toilette. Sie rochen den Rum in seinem Atem. Nutbeems Erregung zeigte sich in seiner oft umkippenden Stimme. Seine Ab-reise in Verbindung mit dem zunehmenden Mond.
»Ich hole Bunny ab und bring’ sie zu Beety‹, sagte Quoyle. »Bin gleich wieder da.«
In Beetys Küche trank er schnell eine Tasse Tee.
»Beety, heut abend ist Nutbeems Party. Ich fahre früh raus, um ihm beim Herrichten zu helfen und mir den Wohnwagen anzuschauen. Mein Gott, du machst das beste Brot.« Schlang es hinunter.
»Na, vielleicht mach’ ich’s bald nicht mehr, wenn Allie Marvel dieses Frühjahr ihre Bäckerei eröffnet. Das Brot bindet einen ans Haus, und es gibt andere Dinge, die ich tun möchte.« Sie flüsterte: »Wenn Dennis mitspielt.«
»Dad«, sagte Bunny, »ich will zu der Party.«
»Nein, zu der nicht. Das ist eine Männerparty. Die würde dir keinen Spaß machen.«
»Hey, Quoyle«, sagte Dennis vom Fernseher im Wohnzimmer her, »hierher kommst du heut abend wohl nicht zurück.«
»Doch, schon«, sagte Quoyle, der in der Kellerwerkstatt auf einem Feldbett schlief, bis sie in Nutbeems Wohnwagen um-ziehen konnten. »Weil ich morgen einen langen Tag habe. Wo die Straßen jetzt frei sind. Muß am Morgen ein paar Sachen holen, die noch im Haus draußen sind, und dann Alvin mit dem Boot helfen.«
»Wenn die Mädchen noch ein Extrapaar Handschuhe da draußen haben, dann bring sie mit«, sagte Beety. »Sunshine, zeig deinem Dad, was mit den Handschuhen passiert ist.« Das kleine Mädchen brachte ein steifes, verkohltes Ding an.
»Sie hat ein paar Holzscheite reingetragen, und ihr alter Handschuh ist an ’nem Splitter hängengeblieben. Sie hat’s nicht gemerkt, und Dennis schichtet das Holz in den Ofen, und wir riechen es. Nichts stinkt wie brennende Wolle, das merkst du sofort. Haben das Ding rausgeholt, aber es ist hoffnungslos. Ich strick’ ihr heut abend ’nen neuen, aber man kann gar nicht genug Kinderhandschuhe haben.«
Sunshine rannte zu Quoyle, legte ihm den Mund ans Ohr und rief eine laute, kitzlige Nachricht hinein.
»Dad, Beety zeigt
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