Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Schiffsmeldungen

Titel: Schiffsmeldungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annie Proulx
Vom Netzwerk:
Capsize Cove abgeht?«
    Kein Lächeln. Schluckte vor dem Antworten.
    »’n ganzes Stück hinter Ihn’n. Zweigt einfach von’ner Hauptstraße ab. Rechts, wenn Se zurückfahr’n. Dort is’ jetzt nich’ viel.« Er blickte weg. Sein Adamsapfel ein haariger Hügel an seinem Hals wie irgendein sonderbares Geschlechtsorgan.
    Quoyle vor einem Gestell mit Comic-Heften; musterte einen Gangster, der mit einer Laserkanone auf eine gefesselte Frau feuerte. Die Gangster hatten immer grüne Anzüge an. Er bezahlte die Puppen. Kalte Münzen fielen aus den Fingern des Mannes.
     
    Auf der Hauptstraße dreimal hin und her, ehe sie einen holprigen Streifen entdeckten, der sich in den Himmel erstreckte.
    »Tante, ich glaub’ nicht, daß ich da fahren kann. Das sieht nicht so aus, als würde es da irgendwohin gehen.«
    »Da sind Reifenspuren drauf«, sagte sie und zeigte auf Abdruckrillen. Quoyle bog in die morastige Straße ein. Wühlte sich durch Schlamm. Die Reifenspuren verschwanden. Muß umgekehrt sein, dachte Quoyle, wollte am liebsten das gleiche tun und es am nächsten Tag wieder versuchen. Oder war in ein abgrundtiefes Loch gefallen.
    »Wann sind wir denn endlich da?« fragte Bunny und trat von hinten gegen den Sitz. »Ich hab’s satt, irgendwohin zu fahren. Ich will dort sein. Ich will meinen Badeanzug anziehen und am Strand spielen.«
    »Ich auch.« Beide warfen sie sich im Takt gegen den Sitz.
    »Es ist zu kalt. Jetzt gehen bloß Eisbären schwimmen. Aber ihr könnt Steine ins Wasser werfen. Auf der Karte, Tante, wie lang ist die Straße da?« Schmerzende Hände vom tagelangen Klammern.
    Sie schnaufte eine Weile über der Karte. »Von der Hauptstraße bis nach Capsize Cove sind es fünfundzwanzig Kilometer. «
    »Fünfundzwanzig Kilometer auf so was!« »Und dann« – als hätte er nichts gesagt – »noch einmal siebzehn bis Quoyle’s Point. Zu dem Haus. Was noch davon übrig ist. Auf der Karte ist die Straße eingezeichnet, aber früher war sie nicht da. Es gab einen Fußweg. Die Leute sind nämlich nicht gefahren, die hatten damals keine Autos. Haben das Boot genommen. Keiner hatte einen Pkw oder Lkw. Die Asphaltstraße, auf der wir hergekommen sind, ist ganz neu.« Dagegen die mit schwerer Hand an den Horizont geschriebene Signatur des Felsgesteins; unverändert, unveränderlich.
    »Hoffentlich kommen wir nicht nach Capsize Cove und merken, daß wir noch siebzehn Kilometer marschieren müssen. « Das Rascheln seines Nylonärmels am Lenkrad.
    »Wär’ schon möglich. Dann kehren wir einfach um.« Ihr Gesichtsausdruck wirkte abwesend. Die Bucht schien aus ihren Gedanken hervorzukommen, eine blaue Halluzination.
    Quoyle und die Straße im Zweikampf. AUTO FÄLLT AUF AB-GELEGENEM ZIEGENPFAD AUSEINANDER. Dämmerung drang herein, das Auto mühte sich einen Hang hinauf. Sie waren am Rand der Klippen. Unten Capsize Cove, die verlassenen Häuser windschief. Verblassendes Licht. Weiter vorn verlief sich die Fahrspur in der Ferne.
    Quoyle fuhr auf das Bankett, fragte sich, ob schon einmal jemand hinuntergestürzt war – von Felsen abprallendes Metall. Die Abzweigung hinunter zu dem verfallenen Dorf steil, mit Gesteinsbrocken übersät. Eher eine Wasserfurche als eine Straße.
    »Also, bis zur Landspitze schaffen wir’s heut abend nicht«, sagte er. »Weiter sollten wir, finde ich, nicht fahren, bevor wir nicht bei Tageslicht einen Blick auf die Straße werfen können.«
    »Du willst doch nicht vielleicht auf die Hauptstraße zurück, oder?« rief die Tante mit ihrer hitzigen Stimme. So nah am Anfang von allem.
    »Genau«, sagte Bunny. »Ich will in ein Motel mit Fernseher und Hamburgern und Pommes zum Im-Bett-Essen. Und mit Lichtern, die immer weiter ausgehen, wenn man am Schalter dreht. Und den Fernseher kann man mit dem Ding ein- und ausschalten, ohne aus dem Bett zu gehen.«
    »Ich will Brathähnchen im Bett«, sagte Sunshine. »Nein«, sagte Quoyle. »Wir bleiben, wo wir sind. Wir haben ein Zelt im Kofferraum. Das stelle ich neben dem Auto auf, und da schlaf’ ich drin. So sieht’s aus.« Er blickte die Tante an. Es war ihre Idee gewesen. Aber sie beugte sich über ihre Handtasche und wühlte nach etwas Persönlichem. Ihr altes Haar war plattgedrückt und zerzaust.
    »Wir haben Luftmatratzen, wir haben Schlafsäcke. Wir blasen die Luftmatratzen auf und klappen den Rücksitz um, breiten sie aus, legen die Schlafsäcke drauf, und schon habt ihr zwei schöne, bequeme Betten. Eins bekommt die Tante, und ihr zwei

Weitere Kostenlose Bücher