Schiffsmeldungen
Mädels könnt euch das andere teilen. Ich brauche keine Luftmatratze. Ich lege meinen Schlafsack auf den Zelt-boden. « Er schien Fragen zu stellen.
»Aber ich hab’ so Hunger!« jammerte Bunny. »Ich hasse dich, Dad! Du bist blöd!« Sie beugte sich nach vorn und schlug Quoyle auf den Hinterkopf.
»Jetzt reicht’s!« Die empörte Tante brüllte Bunny an. »Setz dich auf deinen Platz, Miss, und laß mich nie wieder hören, daß du so mit deinem Vater sprichst, oder ich versohl’ dir deinen Hintern.« Die Tante ließ zu, daß das Blut um ihr Herz aufwallte.
Bunnys Gesicht verzog sich zu einer tragischen Maske. »Petal sagt, daß Dad blöd ist.« Sie haßte sie alle.
»Jeder ist bei bestimmten Sachen blöd«, sagte Quoyle sanft. Er langte zwischen den Sitzen nach hinten, bot Bunny seine rote Hand an. Um sie wegen des Scheltens der Tante zu trösten. Der Hund leckte ihm die Finger. Er hatte das vertraute Gefühl, daß alles schief lief.
»Also, das mach’ ich nie wieder«, sagte die Tante, legte den Kopf zurück und ließ ihn kreisen. »Im Auto schlafen. Ich hab’ das Gefühl, mein Hals ist angeschweißt. Und Bunny schläft so ruhig wie ein Schneebesen.«
Sie gingen in der dunstigen Feuchte umher, schweigend. Das Auto verkrustet von Salz. Quoyle blinzelte nach der Straße. Sie machte eine Biegung, führte von der Küste weg in den Nebel hinein. Was er von ihr erkennen konnte, sah gut aus. Besser als am Vortag.
Die Tante schlug nach Mücken, verknotete ein Kopftuch unter ihrem Kinn. Quoyle sehnte sich nach bitterem Kaffee oder klarer Sicht. Was er sich auch erhoffte, nichts traf ein. Er rollte das feuchte Zelt zusammen.
Als er Zelt und Schlafsack ins Auto warf, klappten Bunnys Augen auf, aber sobald er das Auto anließ, versank sie wieder in Schlaf. Sah blaue Perlen, die unaufhörlich von einer Schnur fielen, obwohl sie beide Enden ganz fest hielt.
Das Innere des Kombiwagens roch nach Menschenhaar. Im Nebel tauchte ein Bogen auf, dahinter ein zweiter mit einem blassen Farbprisma.
»Ein Nebelbogen«, sagte die Tante. Wie laut der Motor klang.
Plötzlich waren sie auf einer guten Kiesstraße.
»Schau einer an«, sagte Quoyle. »Ist ja prima.« Die Straße schlängelte sich dahin. Sie überquerten eine Betonbrücke über einem bierfarbenen Bach.
»Verflixt aber auch«, sagte die Tante. »Eine herrliche Straße. Aber wofür?«
»Das weiß ich auch nicht«, meinte Quoyle und gab Gas.
»Muß doch einen Grund haben. Vielleicht kommen die Leute von Killick-Claw mit der Fähre nach Capsize Cove herüber und fahren dann auf dem Weg hier zu Quoyle’s Point?
Gott weiß, warum. Vielleicht gibt’s dort einen Naturschutzpark. Vielleicht ein großes Hotel«, sagte die Tante. »Aber wie in aller Welt sollten sie von Capsize Cove heraufkommen? Die Straße dort ist völlig ausgewaschen. Und Capsize Cove ist tot.«
Sie sahen Riedgras auf dem Mittelstreifen, eine morastige Grube, wo ein Bachabfluß unter der Straße eingebrochen war, und auf den schlammigen Banketten Hufabdrücke, so groß wie Kochtöpfe.
»Auf dieser Wunderstraße ist lang keiner mehr gefahren.« Quoyle trat auf die Bremse. Warren jaulte auf, als sie gegen den Rücksitz geworfen wurde. Quer zur Fahrbahn stand drohend ein Elch; zog sich mißmutig zurück.
Kurz nach acht bogen sie um eine letzte Kurve. Die Straße endete an einem asphaltierten Parkplatz neben einem Beton-gebäude. Von allen Seiten drängte verwildertes Ödland heran.
Quoyle und die Tante stiegen aus. Stille – mit Ausnahme des Windes, der sich an der Ecke des Gebäudes wetzte, der nagenden See. Die Tante zeigte auf Risse in den Mauern, ein paar Fenster oben unter der Dachtraufe. Sie versuchten es an den Türen. Aus Metall und verschlossen.
»Keine Ahnung«, sagte die Tante, »was das ist. Oder war.« »Ich weiß nicht, was ich davon halten soll«, sagte Quoyle, »aber hier hört alles auf. Und der Wind geht wieder los.«
»Oh, das Gebäude gehört zweifellos zur Straße«, meinte die Tante. »Also, wenn wir was zum Wasserkochen auftreiben können, ich hab’ Teebeutel in meiner Brieftasche. Machen wir eine Pause und denken wir über die Sache nach. Wir können aus den Limodosen der Mädels trinken. Ich kann’s nicht glauben, daß ich vergessen hab’, Kaffee zu besorgen.«
»Ich hab’ meine Campingpfanne dabei«, sagte Quoyle. »Ist noch nie benutzt worden. Sie war in meinem Schlafsack. Ich hab’ die ganze Nacht drauf gelegen.«
»Probieren wir’s«, sagte die Tante
Weitere Kostenlose Bücher