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Schiffsmeldungen

Titel: Schiffsmeldungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annie Proulx
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gelegt. Ihr Haar war naß. Sie war allein. Schaute ihm unmittelbar ins Gesicht. Sie winkten gleichzeitig, und Quoyle schätzte, daß sie Beine wie ein Marathonläufer haben mußte.
     
    Er hastete in die Redaktion und setzte sich an seinen Schreibtisch. Nur Nutbeem und Tert Card waren da, Nutbeem halb eingeschlafen wegen des Tiefs, das Ohr am Radio, Card am Telefon, während er gleichzeitig auf seine Computertasten hämmerte. Quoyle wollte Nutbeem etwas sagen, tat es aber nicht. Statt dessen arbeitete er an seinen Schiffsmeldungen. Ganz schön stumpfsinnig, dachte er.
     
    DIESE WOCHE EINGELAUFENE SCHIFFE
     
    Bella (Kanada) aus den Fischgründen
    Farewell (Kanada) aus Montreal
    Foxfire (Kanada) aus Bay Misery
    Minatu Maru 54 (Japan) aus den Fischgründen
    Pescamesca (Portugal) aus den Fischgründen
    Porto Santo (Panama) von Hoher See
    Zhok (Rußland) aus den Fischgründen
    Ziggurat Zap (USA) von Hoher See
     
    Und so weiter.
    Um vier Uhr gab Quoyle die Schiffsmeldungen Tert Card, dessen feuchtes Ohr am Telefonhörer lag, während er mit hochgezogener Schulter tippte. Hatte wieder ein steifes Genick.
    Draußen knallten Autotüren, Billy Prettys Stimme sägte. Nutbeem fuhr wachsam hoch.
    »Da kommen Mr. Jack Buggit und Billy Pretty von dem Autounfall zurück. Zusammenstoß mit einem Elch, während Sie weg waren, Quoyle. Zwei Tote. Und der Elch auch.«
    Wieder mal davongekommen, dachte Quoyle.
    »Ich hoffe, die haben Fotos aus jedem Winkel, damit wir die dürftigen Beiträge kaschieren können«, sagte Tert Card, der Quoyles Schiffsliste eintippte.
    Es vergingen einige Minuten, doch die Tür blieb zu. Billys Stimme war nicht mehr zu hören. Quoyle wußte, daß sie sich sein Boot ansahen. Na schön, er war ins kalte Wasser gesprungen. Lächelte, legte sich eine Geschichte zurecht, wie er sich aus der Laune des Augenblicks entschlossen hatte, ein Boot zu kaufen und die Sache hinter sich zu bringen, wie er sich beinahe wie verwandelt fühlte, bereit war, zur See zu fahren, sein Erbe anzutreten.
    Die Tür ging auf. Billy Pretty eilte herein, ging ohne einen Blick auf Quoyle zu seinem Schreibtisch. Jack Buggit, dessen Haar mit Regentropfen übersät war, schritt halb durch den Raum, bleib vor Quoyles Schreibtisch stehen, zischte durch einen Mundvoll Rauch: »Wofür zum Teufel haben Sie das Ding gekauft?«
    »Na, jeder hat doch auf mich eingeredet, daß ich ein Boot kaufen soll! Es hat so gut ausgesehen wie alle anderen auch.
    Der Preis war gut. Jetzt kann ich viel schneller hin und her fahren. Es ist ein Schnellboot.«
    »Es ist ein Scheißboot!« versetzte Jack Buggit. »Am besten, Sie schaffen es in einer dunklen Nacht beiseite.« Er knallte die Tür zu seinem Glasbüro hinter sich zu, und sie hörten ihn murren, Streichhölzer anzünden, Schubladen auf- und zuziehen. Nutbeem und Tert Card gingen an die Tür und starrten auf Quoyles Boot hinaus.
    »Was stimmt nicht damit?« fragte Quoyle und warf die Hände hoch. »Was stimmt nicht damit? Alle sagen, ich soll mir ein Boot kaufen, und sobald ich eines kaufe, sagen sie mir, ich hätte es lassen sollen.«
    »Ich hab’ Ihnen gesagt«, begann Billy Pretty, »ich hab’ Ihnen gesagt, Sie sollen sich ein hübsches kleines Rodney kaufen, ein hübsches kleines, fünf Meter langes Rodney mit ’nem Sieben-PS-Motor, ’nem hübschen kleinen Rumpf, der nich’ volläuft, mit ’ner guten Ausbuchtung, nich’ zu bauchig, ein kleines Boot, das gut im Wasser liegt. Sie haben sich eine blödsinnige nutzlose Schaukel gekauft, mit der man, wenn’s hochkommt, bei anständigem Wetter in drei Meter Entfernung von der Küste treiben kann. Der Rumpf is’ so bucklig wie Seegang mit leichtem Wellenschlag, das Boot hat keinen Motorschacht, der Riß is’ lächerlich, es wird schaukeln und voll Wasser laufen, hin- und herkippen, kentern und sinken.«
    Nutbeem sagte nichts, schaute Quoyle aber an, als hätte er ein schön verpacktes Geschenk aufgemacht und darin Nylon-socken gefunden. Billy Pretty legte wieder los.
    »Das Boot wurde von einem dämlichen Strohkopf von einem Jungen gebaut, dem Jungen von Reeder Gouch, der einen Monat, nachdem er’s gebaut hatte, davongelaufen is’. Überhaupt kein Geschick dafür. Nicht nur, daß es zu nichts taugt, es kommt einem auch noch das Heulen, wenn man es an-schaut. Wie kann jemand nur ein Boot bauen, das im Steven eine S-Kurve hat? Ich hab’ noch nie ein Boot mit so einem Steven gesehen. Hier werden die nich’ so gebaut. Reeder wollte es verbrennen,

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