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Schilf im Sommerwind

Schilf im Sommerwind

Titel: Schilf im Sommerwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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und ihren Vater. Es gab gute Erinnerungen, wie sie zum Beispiel den Kräutergarten angelegt und den Picknickkorb gefüllt hatten, und schlechte, wie sie oben in der Diele gestanden und dem Geschrei gelauscht hatte oder wie sie morgens aufgewacht war und gemerkt hatte, dass die Eltern nicht in ihrem Bett lagen, oder Großmutters Gesicht, als sie Quinn und Allie gesagt hatte, dass ihre Eltern nie mehr nach Hause kommen würden, oder wie sie die Angelkiste unter Tante Danas Bett gefunden hatte.
    Mit dem Geld, von dem ihre Mutter geredet hatte: dem Schmiergeld. Den Rest hatte sich Quinn zusammenreimen können. Hoffentlich würde Tante Dana sie nicht hassen, weil sie es genommen hatte, aber es galt, ein Unrecht wieder gutzumachen – und dazu brauchte sie das Geld.
    Quinn saß bewegungslos auf ihrem Felsen, wie versteinert. Sie dachte an das Fenster, das sie für Tante Dana ausgesägt hatte. Es war eine gute Tat, aus Liebe und nur mit einem Hauch Eigennutz. Sie war felsenfest überzeugt: Wenn Tante Dana ihr Nordlicht hatte, würde sie für immer hier bleiben. Aber wichtiger noch war der ehrliche Wunsch, ihre Tante glücklich zu machen.
    Doch dann waren Grandma und Annabelle dahergekommen und hatten ihr vorgeworfen, der Schuppen sei dadurch nicht mehr stabil. Was war, wenn er einstürzte und jemand zu Tode kam? Genau das hatte Annabelle gesagt, und damit hatte sie Quinn wieder an die schrecklichen Worte erinnert, die am letzten Abend zwischen ihren Eltern gefallen waren.
    »Was ist, wenn es rauskommt?«, schrie Lily. »Hast du das schon die ganze Zeit gemacht? Du hast uns ruiniert, hast unsere Familie zerstört. Schmiergeld annehmen – finanzieren wir damit unser Leben, das Boot?«
    »Lily. Davon kann keine Rede sein, das weißt du, und das ist letztendlich ja auch nicht das eigentliche Problem. Bitte sei leise, die Kinder könnten dich hören, du weckst sämtliche Nachbarn auf.«
    »Die herrliche, unberührte Landschaft … unser kleines Paradies. Wie kannst du nur!«
    »Irgendjemand hätte es früher oder später als Bauland erschlossen, Lily. Der Besitzer ist gestorben, was dachtest du, was daraus werden soll? Die Erben haben sich an mich gewandt, weil sie wissen, dass ich die Insel liebe und keinen Raubbau mit der Natur treibe.«
    »Honeysuckle Hill …«
    »Die Kinder sollen die Möglichkeit haben, aufs College zu gehen. Die Ausbildung ist teuer.«
    Lily weinte stumm vor sich hin. »Du weißt, dass ich nie Schmiergelder annehmen würde«, fuhr Mark fort. »Aber Jack Conway hat mich schon als junger Bursche auf dem Bau beschäftigt, damit ich mir etwas dazuverdienen konnte. Er ist inzwischen alt und meinte, ich würde seiner Firma den Auftrag nur dann erteilen, wenn er mich schmiert.« Mark lachte vergnügt in sich hinein.
    »Ich finde das nicht komisch!«
    »Im Ernst. Was soll ich denn mit dieser verdammten Angelkiste und den fünftausend Dollar machen? ›Fünf Riesen‹, sagte er zu mir mit dieser typischen Raucherstimme, die heiser ist von ungezählten Camel. Man hätte meinen können, wir wären zwei Ganoven, die ein unsauberes Geschäft abschließen.«
    »Er hat in den letzten zwanzig Jahren nichts Nennenswertes mehr gebaut. Was ist, wenn er etwas falsch macht, und die Häuser stürzen ein!«
    »Dann freu dich doch.« Marks Stimme klang liebevoll und belustigt.
    »Spar dir diesen gönnerhaften Ton, Mark Grayson.«
    »Jetzt komm schon, Lily. Mach ein fröhliches Gesicht. Jack wollte nur einen kleinen Auftrag; seine Baufirma ist nicht die Nummer eins bei diesem Projekt.« Er lachte abermals. »Fünf Riesen! Für Marky, den Mafiaboss. Wahrscheinlich denkt er, dass der Laden bei uns so läuft, wenn man in der Oberliga spielt.«
    »Das Geld ist mir nicht so wichtig – ich weiß, dass du es ihm zurückgeben wirst. Aber Honeysuckle Hill …«
    »Ich weiß. Ich würde den Hügel unter Naturschutz stellen, wenn ich könnte. Aber das kostet Millionen. Wir können es uns nicht leisten, das Grundstück zu kaufen; ist es da nicht besser, wenn ich es erschließe als irgendein anderer?«
    »Nein«, flüsterte sie halsstarrig.
    »Jetzt komm schon, Lily. Jack und ich stammen beide von der Insel. Wir passen gut auf sie auf.«
    Lily schniefte.
    »Liebes. Bitte. Die Mädchen schlafen. Lass uns segeln gehen und noch einmal in Ruhe über alles reden. Ich liebe dich. Ich habe nichts Schlimmes getan, oder zumindest kein Kapitalverbrechen begangen. Menschen machen Fehler, und wenn ich einen begangen habe, tut es mir Leid. Ich

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