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Schilf im Sommerwind

Schilf im Sommerwind

Titel: Schilf im Sommerwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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Jonathan?«
    »Ja. Das Wiedersehen ist sicher nicht leicht für dich gewesen.«
    »Es war das Beste, was mir passieren konnte. Es war ein Abschied für immer, und wir beide wussten es.« Sie hielt inne und dachte an die Auseinandersetzung zurück. »Ich meine, es war ein klarer Schnitt, den ich gemacht habe, von Angesicht zu Angesicht. Das ist etwas anderes als Wut oder verletzte Gefühle. Bei unserer letzten Begegnung war die Hölle los – der Staub, der dabei aufgewirbelt wurde, musste sich erst legen. Ich habe erkannt, dass es schon seit Monaten vorbei ist –«
    »Seit es mich gibt.« Sam grinste.
    »Möglich, obwohl ich die Letzte war, die es bemerkt hat«, erwiderte Dana lächelnd.
    »Du hast die Nase vorne, was das Segeln betrifft, aber auf bestimmten Gebieten hinkst du hinterher, Underhill.«
    »Auf welchem, beispielsweise?«
    »Dir einen anständigen Kerl zu suchen, der dich liebt.«
    »Sprichst du von dir?«
    Er lachte. »Von wem sonst. Aber besser spät als nie. Das Einsiedlerleben hat seine guten Seiten, aber warte ab, was für eine Wirkung echte Zweisamkeit auf deine künstlerische Entwicklung hat …«
    »Das sagte Lily auch immer.« Ein Donnerschlag ertönte, und sie sah besorgt aus dem Fenster.
    »Wir werden das Unwetter abhängen.« Sam beugte sich vor, um einen Blick auf den Himmel zu erhaschen. Er war schwarz hinter ihnen in New York, aber vor ihnen in Connecticut schien noch die Sonne.
    »Das hoffe ich sehr. Mein armes kleines Boot …«
    »Wir können nicht zulassen, dass die
Mermaid
ins Meer gespült wird. Schließlich ist sie eine Blue Jay, genau wie das Boot, dem wir unsere erste Begegnung verdanken.«
    Dana lächelte. Sam war ein sentimentaler Mann. Die Art, wie er bestimmte Dinge in seinem Gedächtnis bewahrte, erinnerte Dana an sich selbst und Lily, Quinn und Allie. Als sie sich ebenfalls vorbeugte, entdeckte auch sie die dunkle Linie am Horizont. Die Front kam langsam näher, überzog den blauen Himmel mit dunklen Wolken. Es war, als lieferten sie sich ein Wettrennen, wer Hubbard’s Point zuerst erreichte.
    Das Ziel war, das Boot zu retten, dachte sie und hielt Sams Hand, während er den VW -Bus steuerte. Aber warum hatte sie plötzlich einen trockenen Mund, und ein mulmiges Gefühl? Als ob mehr auf dem Spiel stünde als ein kleines Segelboot, das zu dicht am Ufer lag, viel mehr. Sie verspürte den unerklärlichen Drang, schnellstmöglich zum Haus ihrer Schwester zu gelangen – ihrem Zuhause –, bevor ein Unglück geschah.
     
    Die Takelage war schwer und riesig. Quinn versuchte, sich zu erinnern, welches das Groß- und welches das Vorsegel war. Sie zog zuerst das Vorsegel auf, fädelte die Fockschot durch die Blöcke, ließ das Segel im Wind flattern. Als Nächstes verstaute sie ihre Siebensachen – Kochgeschirr, eine Decke und die Angelkiste mit dem Geld – im Bug. Dort war ihre Fracht so trocken wie möglich gelagert, denn sie hatte eine lange Fahrt vor sich, und trotz des sonnigen Tages konnten die Wellen weiter draußen ziemlich hoch werden. Um ihr in zwei Lagen Plastik verschnürtes Tagebuch zusätzlich zu sichern, band sie es mit einer Gummileine an ihren Fußknöchel.
    Zu guter Letzt setzte sie das Großtoppsegel. Sie wusste, sobald es am Mast hochgezogen war, posaunte sie ihr Vorhaben in alle Welt hinaus. Grandma würde mit Maggie in ihrem Sessel am Fenster sitzen und bei dem Anblick wahrhaftig allen Grund haben zu seufzen. Falls sie zufällig den Strand beobachtete, würde das weiße Segel genauso wie eine rote Flagge ankündigen, dass sich Sturm ankündigte. Sie würde möglicherweise die Küstenwache von Hubbard’s Point benachrichtigen, um Quinn daran zu hindern loszusegeln.
    Das Boot den Strand hinunter ins Wasser zu schieben war ein Kraftakt, und sie konnte das Boot nur schrittweise vorwärts bewegen. Mit einer zweiten Person, die Hand anlegte, wäre es leichter gegangen. Sam, Tante Dana, ihre Mutter, ihr Vater. Der Gedanke an sie verlieh ihr die Kraft, durchzuhalten. »Zwei sind besser als einer«, hatte ihre Mutter oft gesagt und gelacht, wenn sie ihr im Kräutergarten half.
    »Quinn, warte!«
    »O nein, Scheiße!« Wer bittet, dem wird gegeben, hieß es in der Bibel, und das hatte sie nun davon: Allie kam den Strand entlanggerannt.
    »Glaubst du, ich hätte dich nicht gesehen?«, rief Allie. »So groß ist der Little Beach ja nicht. Aber ich habe den Mund gehalten.«
    »Und das hier verrätst du auch niemandem, wenn du schlau bist!« Quinn verlieh ihrer

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