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Schilf im Sommerwind

Schilf im Sommerwind

Titel: Schilf im Sommerwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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sie ihre Schwester mehr denn je. Sie eilte in ihr Zimmer und sah unter dem Bett nach. Die Angelkiste war verschwunden, aber sie hatte schon vorher gewusst, wohin Quinn und Allie unterwegs waren. Sie rief Sam auf seinem Handy an.
    »Hallo?«
    »Ich bin’s, Dana.«
    »Irgendein Lebenszeichen von den beiden? Sind sie nach Hause gekommen?«
    »Nein.« Aus seiner Frage schloss sie, dass er sie nicht gefunden hatte, aber das war kein Wunder; er suchte am falschen Ort. »Sie wollen nach Martha’s Vineyard.«
    »Martha’s Vineyard – bei diesem Wetter?« Sams Stimme klang laut und ungläubig.
    »Ich bin mir hundertprozentig sicher«, schrie Dana, den Wind übertönend. Sie kannte die Vorstellungen ihrer Nichten in puncto Familie, die Lily an sie weitergegeben hatte. »Sie wollen eine Schuld begleichen. Das heißt, Geld, das ihre Eltern jemandem schulden – sie wollen es zurückzahlen.«
    Sam rief dem Kapitän etwas zu, und Dana hörte, dass über Funk die Schiffe verständigt werden sollten, die sich näher an Martha’s Vineyard befanden.
    »Sie bringen mich an Land – ich bin gleich da und hole dich ab«, sagte Sam und legte auf.
    Dana beeilte sich, schlüpfte in ihren Regenmantel und wartete bereits an der Mauer, als er kam, um mit ihr zur Fähre zu fahren.

[home]
    25
    D ie Küstenwache in Newport, Woods Hole und Menemsha war alarmiert worden, und Dana redete sich ein, dass sich die Mädchen inzwischen in Sicherheit befanden, dass Lily und die Meerjungfrau sie bislang beschützt hatten und weiterhin über sie wachen würden. Während Sam per Handy die für den Dampfschifffahrtsverkehr verantwortliche Steamship Authority benachrichtigte, verabschiedete sich Dana von ihrer Mutter.
    »Ich mache mir solche Sorgen«, seufzte Martha. Sie hatte ihren Posten neben dem Fenster nicht verlassen und in ihrem Sessel gesessen, Maggie zu ihren Füßen. »Der Sturm lässt nicht nach.«
    »Ich weiß, Mom.«
    »Was mag in ihren Köpfen vorgehen! Bist du sicher, dass sie nach Martha’s Vineyard wollen?«
    »Ganz sicher.«
    »Und du fährst mit Sam zur
Fähre?
Geht sie überhaupt?«
    »Ja.«
    Martha schüttelte den Kopf, als sei ein solches Unterfangen völlig abwegig. Aber Dana hatte das Gefühl, als handle sie nach den Anweisungen ihrer Schwester. Sie küsste ihre Mutter, legte ihr Maggie als Trost in die Arme und lief nach draußen.
    Sam hatte den VW -Bus bereits angelassen. Der Regen erschwerte die Sicht, aber Sam fuhr schnell und umsichtig.
    »Wie bist du darauf gekommen?«, fragte er, als sie die I-95 entlangbrausten.
    »Dass sie nach Martha’s Vineyard wollen?«
    »Ja. Du weißt es doch sicher. Das ist keine Vermutung, oder?«
    Dana schüttelte den Kopf. Sie spürte, wie die Gefühle in ihr aufwallten, und ihre Augen brannten. Da sie in der letzten Stunde mit niemandem reden konnte, war es ihr nun ein Bedürfnis, alles zu erzählen. Aber würde das Ganze nicht absurd klingen, wie reines Wunschdenken?
    »Lily hat es mir gesagt.« Sie konnte nicht beurteilen, wie ihre Worte klangen.
    »Lily?«
    Dana nickte. Sie rieb sich die Augen. »Wirklich, Sam. Ich weiß, es klingt verrückt, aber sie zeigte mir, wo ich nach der Lösung des Rätsels suchen soll, und als ich sie fand, sagte sie mir, wo die Mädchen stecken.«
    »Ich glaube dir.«
    »Wieso? Ich bin mir nicht einmal sicher, ob ich es selbst glaube!«
    »Ich kenne mich ganz gut aus mit ungewöhnlichen Kommunikationsformen, Dana.«
    Sie blickte ihn an. Sam Trevor, auf dem Fahrersitz, sah aus wie ein Mann, bei dem Vernunft und Logik groß geschrieben wurden. Hochgewachsen und selbstsicher, körperlich und geistig fit, die Brille auf der geraden, attraktiven Nase, entsprach er dem Bild, das man sich von einem Mann machte, der an einem elitären Ivy League College unterrichtete. Dennoch stimmte er mit ihr überein, dass es Dinge zwischen Himmel und Erde gab, die man mit dem menschlichen Verstand nicht zu erklären vermochte.
    »Erzähl mir, was sie gesagt hat«, sagte Sam.
    Dana ließ sich nicht lange bitten: Sie schilderte, wie sie zu dem Medaillon mit den Fotos geführt worden war – beschrieb die Geschichte, die sich dahinter verbarg und sie bewogen hatte, zuerst im Kräutergarten und schließlich in Lilys Tagebuch nachzusehen. »Die ganze Zeit war mir, als hörte ich ihre Stimme.« Dana sah zum Fenster hinaus, auf nichts Bestimmtes. »Sie wies mir den Weg …«
    »Sie wollte dir bedeuten, dass du ihre Töchter retten musst.«
    »Aber wie, Sam? Wie kann sie aus dem

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