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Schilf im Sommerwind

Schilf im Sommerwind

Titel: Schilf im Sommerwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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nicht die Leviten zu lesen und ihr dringend nahe zu legen, sich zusammenzureißen.
    »Das ist doch nur ein Hotdog-Stand«, sagte Quinn beherrscht. »Und was heißt hier Köchin?«
    »Ich weiß, aber das ist mein erster Arbeitsplatz. Ich will so aussehen, wie es sich gehört.«
    »Du siehst prima aus«, sagte Tante Dana. »Wie eine richtige Geschäftsfrau.«
    Quinn hatte keine Ahnung, was das nun wieder heißen sollte, aber sie hakte nicht nach. Stumm packte sie Würstchen, Brötchen, Senf, Ketschup und eine würzige, süßsaure Fertigsoße in den großen Picknickkorb aus Weidengeflecht. Gestern Abend, als der Regen aufgehört hatte, waren Tante Dana und sie mit den Rädern am Strand entlanggefahren und hatten neue Plakate angebracht.
    MORGEN HOTDOGS , FRISCH VOM GRILL !
    HAST DU HUNGER , MACH MAL PAUSE
    FREUNDE NICHT VERGESSEN ,
MITBRINGEN ZUM ESSEN !
    99 Cresthill Road, von zwölf bis eins
    oder bis wir ausverkauft sind
    Während Quinn in den klaren Sternenhimmel emporgeblickt hatte, hatte sie Sam eine Botschaft geschickt. Obwohl sie ziemlich sicher war, dass er Bescheid wusste, hatte sie ihn angerufen – vorsichtshalber. Sein Anrufbeantworter war rangegangen, deshalb hatte sie ihm eine Nachricht hinterlassen. »Hallo Sam. Quinn hier. Morgen eröffne ich den Hotdog-Stand, damit ich dich bezahlen kann. Komm doch rüber, zum Probieren. Ich berechne dir auch nur den halben Preis. Ach Quatsch, da du so weit fahren musst, kriegst du ihn umsonst. Also dann, bis morgen.«
    Während Tante Dana den Grill am Straßenrand aufstellte, schichtete Quinn die Sprudeldosen in das mit Eiswürfeln gefüllte Kühlbehältnis. Die Holzkohle landete mit Getöse in der Grillwanne. Das Geräusch eines Streichholzes, der Geruch des Rauchs: Quinn war beklommen zumute. Würde sie zeitlebens alles an ihre Eltern erinnern? Ihr Vater war immer derjenige gewesen, der den Grill angezündet hatte, wenn die Familie ein Picknick im Grünen veranstaltete. Quinn versuchte, den Gedanken aus ihrem Kopf zu verbannen, indem sie sich auf ihre Arbeit konzentrierte.
    »Was ist, wenn niemand kommt?« Allies Stimme klang sorgenvoll.
    »Es kommt schon jemand«, versprach Tante Dana.
    »Woher willst du das wissen?«, fragte Quinn. Obwohl sie den Status einer älteren Schwester besaß, war sie ebenso nervös wie Allie. Sie hatte Horrorvisionen von Limonade-Ständen am Rand von Straßen, die kaum befahren waren, betrieben von Kindern, die verzweifelt jedem Wagen nachwinkten, der sich dorthin verirrt hatte, aber nicht hielt.
    »Weil ich früher selber Hotdogs verkauft habe.« Tante Dana klang zuversichtlich. Sie trug Shorts und eine weiße Hemdbluse, und ihre Haare waren noch feucht von ihrem morgendlichen Bad im Meer.
    Quinn musterte sie schweigend. Ihre Mutter hätte bei dieser Gelegenheit ein weites Strandkleid und einen Strohhut getragen. Sie hätte den Klapptisch mit Rosen aus dem Garten geschmückt, und Maisfladen mit Rosmarin und Thymian gebacken. Tante Dana, die am Grill stand, drehte sich um, als warte sie darauf, dass Quinn etwas sagte, aber Quinn nahm ihre Beschäftigung, die Sprudeldosen im Eis zu vergraben, wieder auf. Es gab ohnehin keine Worte, um ihre Gedanken zum Ausdruck zu bringen.
    Ihre erste Kundin war Quinns und Allies Großmutter. Sie fuhr in ihrem kleinen Ford-Kombi vor und parkte nach klassischem Muster: mit dem Heck halb auf der Straße.
    »Zum Glück wohnen wir in einer Sackgasse«, murmelte Quinn.
    »Quinn …«, warnte Tante Dana.
    »Wenn wir zahlende Kunden haben, kommen sie nicht vorbei!«, protestierte Quinn, aber Tante Dana war damit beschäftigt, das erste Frankfurter Würstchen auf den Grill zu legen, und reagierte nicht.
    Während Grandma sage und schreibe vier Minuten brauchte – Quinn konnte nicht umhin, die Zeit zu stoppen –, um ihr Hotdog mit Senf und Gewürzsauce zu versehen, tauchte der McCray-Clan auf. Marnie McCray Campbell, ihre Töchter Cameron und June und ihre Mutter Annabelle McCray überquerten die Straße und bestellten.
    »Na, Martha, weckt das nicht Erinnerungen?«, rief die alte Annabelle.
    »Hm … ich … da te … rade … dasselbe«, brummelte Grandma mit vollem Mund.
    »Mädels, mir kommt es so vor, als hätte ich das alles schon mal erlebt«, sagte Annabelle. »Wie viele Jahre ist das her? Zwanzig? Mein Gott, es müssen an die dreißig sein! Bestimmt eher dreißig. Wie dem auch sei. Damals haben Dana und Lily Hotdogs verkauft, stolz wie Oskar.«
    »Stolz wie Oskar?«, sagte Allie und goss Wasser

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