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Schindlers Liste

Schindlers Liste

Titel: Schindlers Liste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Keneally
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in den vergangenen zwei Jahren gern besuchte Gesellschaften, und ein Überlebender erinnert sich daran, daß er bei einer solchen Gelegenheit Nachtschicht hatte und von Schindler zwei Kuchen, Hunderte von Zigaretten und eine Flasche Schnaps zugesteckt bekam.
    Wo diese Gesellschaft nun auch stattgefunden haben mag, anwesend waren unter anderen der SS-Arzt Blancke, Franz Bosch und angeblich auch Oberführer Scherner, auf Urlaub von der Jagd auf Partisanen, Madritsch und Titsch.
    Titsch hat später gesagt, bei dieser Gelegenheit habe Madritsch zum ersten Mal Schindler definitiv wissen lassen, daß er nicht mitkommen wolle nach Mähren. »Ich habe für die Juden alles getan, was in meinen Kräften steht.« Das ließ sich nicht bestreiten, und man konnte ihn nicht umstimmen, wie sehr Titsch es auch versuchte. Madritsch war ein rechtschaffener Mann und dafür ist er geehrt worden. Er glaubte einfach nicht an die Lösung Mähren. Hätte er daran geglaubt, er wäre mitgegangen, darauf deutete alles hin.
    Für einige der Eingeladenen war es ein Abend voller Spannung, denn die Liste mußte endlich abgegeben werden. Darüber sind sich alle einig, und erfahren haben können die Überlebenden es einzig von Schindler selber, einem Mann mit ausgeprägtem Sinn fürs Anekdotische.
    Anfang der 6oer Jahre hat Titsch aber im wesentlichen diese Version bestätigt. Mag sein, der neue Lagerkommandant Büscher hatte zu Schindler gesagt: »Schluß jetzt mit dem Herumgemache, Schindler, wir müssen den Papierkram endlich erledigen.« Mag sein, der Termin wurde von der Ostbahn festgesetzt, nach deren Disposition über den vorhandenen Laderaum. Titsch jedenfalls tippte jetzt über den Unterschriften der KL-Verwaltung die Namen von Juden ein, die Madritsch gehörten, soweit er und Schindler sich an die korrekten polnischen Familiennamen erinnerten, und so viele, wie der freie Platz noch zuließ.
    Feigenbaums etwa samt ihrer an unheilbarem Knochenkrebs erkrankten halbwüchsigen Tochter und dem etwas älteren Lukas, der gelernt hatte, Nähmaschinen zu reparieren.
    Die verwandelten sich sämtlich in Experten der Granathülsenfertigung.
    Es ging laut zu im Raum, Zigarettenrauch hing in der Luft, es wurde gesungen, und in einer Ecke hockten Schindler und Titsch und rätselten über die richtige Schreibweise verzwickter polnischer Namen.
    Schindler mußte schließlich Einhalt gebieten. »Wir haben keinen Platz mehr auf dem Papier.
    Ein Wunder, wenn man uns alle diese Leute aushändigt.« Titsch war erschöpft. Immer noch gingen ihm Namen durch den Kopf, aber dies war jetzt das Ende, es ging nicht weiter. Daß man Menschen gleichsam neu erschuf, indem man ihre Namen aufs Papier setzte, mutete ihn wie Blasphemie an. Er scheute davor nicht zurück, es entsetzte ihn vielmehr, was dies über den Zustand der Welt besagte. Das machte ihm das Atmen schwer.Noch aber war die Liste Eingriffen ausgesetzt, und zwar von seiten des jüdischen Personalschreibers in der Lagerverwaltung, Marcel Goldberg. Büscher, der neue Kommandant, der ja nur noch den Auftrag hatte, das Lager aufzulösen, scherte sich nicht darum, wer auf die Liste kam, ihn interessierte nur die Zahl. Deshalb hatte Goldberg die Möglichkeit zu manipulieren. Die Häftlinge wußten, daß er bestechlich war. Juda Dresner wußte es, der Onkel von Rotkäppchen, dessen Frau der Nachbarin einst das Versteck verweigert hatte, Vater von Janek und der kleinen Danka. »Er hat Goldberg geschmiert«, lautete die Antwort auf die Frage, wie sie es fertiggebracht haben, auf die Liste zu kommen. Und auf die gleiche Weise dürften Wulkan mit Frau und Sohn auf die Liste gekommen sein.
    Poldek Pfefferberg erfuhr durch einen SS-Unterführer von der Liste. Hans Schreiber genoß einen so schlechten Ruf im Lager wie nur einer der anderen KL-Aufseher in Plaszow, doch Pfefferberg war sein Günstling geworden, wie das gelegentlich überall in den Lagern vorkam.
    Angefangen hatte alles beim Fensterputzen. Pfefferberg war in seiner Baracke dafür verantwortlich. Schreiber inspizierte und begann, Pfefferberg in genau jener Art zu beschimpfen, die häufig einer willkürlichen Exekution voranging. Pfefferberg verlor die Beherrschung und schnauzte zurück: Schreiber wisse genau, daß die Scheiben sauber seien, und falls er nach einem Vorwand suche, ihn zu erschießen, möge er sich die Mühe sparen.
    Dieser Ausbruch gefiel Schreiber, der sich bei Pfefferberg daraufhin gelegentlich nach seinem und seiner Frau Befinden erkundigte,

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