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Schindlers Liste

Schindlers Liste

Titel: Schindlers Liste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Keneally
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ihm wohl auch für Mila einen Apfel zusteckte. Im Sommer 1944 hatte Pfefferberg ihn angefleht, Mila aus einem Transport in das übel beleumdete KL Stutthoff herauszuholen, als sie schon an der Rampe stand. Schreiber tat ihm den Gefallen. Eines Sonntags erschien er betrunken in Pfefferbergs Baracke und vergoß vor ihm und einigen anderen Gefangenen Tränen »wegen der gräßlichen Dinge« die er in Plaszow begangen habe, und schwor, dafür an der Ostfront büßen zu wollen. Und das tat er am Ende auch.
    Jetzt also vertraute er Pfefferberg an, es gebe eine Liste mit Namen der für Schindler bestimmten Leute, und er solle alles daransetzen draufzukommen. Pfefferberg ging also in die Lagerverwaltung zu Goldberg und bat ihn darum, ihn und Mila auf die Liste zu setzen.
    Schindler hatte ihn ohnedies häufig in der Kfz-Werkstatt des Lagers besucht und ihm auch zugesagt, etwas für ihn zu tun, doch war Pfefferberg unterdessen ein so geschickter Schweißer geworden, daß man ihn nicht gehen lassen wollte, denn auch die Werkstattleiter waren um ihres eigenen Überlebens willen darauf angewiesen, erstklassige Arbeit vorzuweisen.
    Goldberg saß vor der Liste, verdeckte sie mit der Hand und fragte diesen alten Freund von Schindler, der häufig bei ihm in der Wohnung in der Straszewskiegostraße gewesen war:
    »Hast du Diamanten?«
    »Du spinnst wohl?« fragte Pfefferberg zurück.
    »Wer auf diese Liste will«, erwiderte Goldberg, der so unvermutet zu Macht gekommen war und seinen eigenen Namen selbstverständlich schon auf die Liste gesetzt hatte, »der braucht Diamanten.«
    Weil Göth, dieser große Liebhaber der Wiener Walzer, im Gefängnis saß, hatten die Brüder Rosner, seine Hofmusiker, Gelegenheit, sich ebenfalls um einen Platz auf der Liste zu bemühen. Auch Dolek Horowitz, der zuvor schon Frau und Kinder ins Lager Emalia geschmuggelt hatte, überredete Goldberg, ihn auf die Liste zu setzen. Horowitz, der immer in der Materialzentrale des Lagers gearbeitet hatte, besaß einige Reichtümer. Die händigte er nun Goldberg aus.
    Auch die Brüder Bejski, Uri und Moshe standen auf der Liste, als technische Zeichner. Uri verstand was von Waffen, Moshe konnte Dokumente fälschen. Man weiß nicht genau, ob sie dieser Fertigkeiten wegen auf die Liste kamen oder aus anderen Gründen.
    Auch der Maler Josef Bau kam drauf, ohne selber etwas davon zu ahnen. Goldberg hielt nach Möglichkeit alle im dunkeln. Kennt man Baus Charakter, so darf man annehmen, daß er nicht für sich allein um die Aufnahme in die Liste gebeten haben würde; als es zu spät war, mußte er entdecken, daß weder seine Mutter noch Rebecca für die Fahrt nach Brünnlitz vorgesehen waren.
    Was Stern angeht, so hatte Schindler ihn von Anfang an notiert. Stern war der einzige Beichtvater, den Schindler jemals hatte und auf dessen Meinung er was gab. In der ersten Oktoberwoche kamen Schindler und Bankier ins Lager, besuchten auch Stern und erfuhren von ihm, daß die Versorgung mit Brot katastrophal geworden war, denn seit dem i. Oktober durften jüdische Häftlinge nicht mehr auf Außenarbeit, und die Kapos im Lager der Polen achteten scharf darauf, daß ihre Arbeitskommandos den jüdischen Häftlingen kein eingeschmuggeltes Brot mehr verkauften. Der Preis für Brot stieg ins Unermeßliche. In Zloty ließ er sich ohnehin nicht ausdrücken, aber früher hatte man für einen Mantel einen Laib bekommen, für ein gutes Unterhemd 2.50 Gramm. Jetzt mußte man mit Diamanten bezahlen, ganz wie für einen Listenplatz bei Goldberg. Als Schindler von Stern über diese Zustände unterrichtet wurde, sagte er zu Bankier: »Geben Sie Weichert 50000 Zloty.«
    Dr. Michael Weichert war Vorsitzender der ehemaligen jüdischen Selbsthilfeorganisation, die sich jetzt Jüdisches Wohlfahrtsamt nannte. Dieses Amt wurde geduldet, um dem Internationalen Roten Kreuz gefällig zu sein, und im Deutschen Roten Kreuz hatte Weichert von früher her noch Verbindungen. Innerhalb des Lagers hegten viele jüdische Häftlinge großes Mißtrauen gegen Weichert, und deshalb wurde er nach dem Krieg vor Gericht gestellt, doch konnte man ihm nichts vorwerfen. Er war ganz der Mann, der in einer so verzweifelten Situation im Handumdrehen für 50000 Zloty Brot nicht nur beschaffen, sondern auch ins Lager bringen konnte.
    In dem Gespräch zwischen Stern und Schindler ging es um andere Dinge die Kriegslage, das sonderbare Geschick, das den in Breslau einsitzenden Göth getroffen hatte; die Zloty für das Brot wurden

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