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Schindlers Liste

Schindlers Liste

Titel: Schindlers Liste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Keneally
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Eisenbahn, eine beträchtliche Bürokratie, ganze Arsenale automatischer Waffen und Mengen von Munition, nicht zu reden vom technischen Aufwand der Mordfabriken für die Vernichtung eines Gegners verwenden sollten, der weder militärisch noch wirtschaftlich von Bedeutung war, sondern einzig als ein Phantom in abartigen Gehirnen spukte. Sedlacek hatte Horrorgeschichten erwartet — Hunger, Pogrome, Schikanen, Enteignungen -, alles, was man ja schon aus der Geschichte kannte. Daß er Schindler aufs Wort glaubte, lag daran, daß Schindler ein Mann war, der unter der Besatzungsmacht prosperierte, in seinem eigenen Betrieb saß, einen Cognacschwenker vor sich auf dem Tisch.
    Er machte einen zugleich gelassenen und unerhört zornigen Eindruck, den Eindruck eines Menschen, der zu seinem Bedauern das Schlimmste für möglich halten muß. Nichts in seiner Darstellung klang nach Übertreibung.
    Sedlacek fragte, ob Schindler nach Budapest kommen und selber berichten würde? Schindler war verblüfft. Warum Sedlacek das nicht tue? Und man habe derartiges doch gewiß schon aus anderer Quelle gehört? Sedlacek verneinte. Es gebe nur Berichte von einzelnen Vorfällen, kein Gesamtbild. Er möge also nach Budapest kommen, wenngleich die Reise unbequem sein könnte.
    Ob er zu Fuß über die Grenze solle? fragte Schindler.
    So schlimm wird es nicht, aber sie müssen vielleicht in einem Güterzug fahren.
    Er werde mitkommen, sagte Schindler.
    Sedlacek fragte ihn sodann nach den anderen Leuten auf seiner Istanbuler Liste. Ganz oben stand der Name eines Krakauer Zahnarztes. Ein Besuch beim Zahnarzt läßt sich immer rechtfertigen, meinte Sedlacek, jeder hat mal ein Loch im Zahn. Schindler warnte ihn: Der Mann sei von der SS korrumpiert worden.
    Es wurde noch eine weitere Zusammenkunft vor Sedlaceks Rückkehr nach Budapest vereinbart und bei dieser Gelegenheit Schindler die gesamte Geldsumme übergeben. Obwohl nicht auszuschließen war, daß der verschwenderische Fabrikant für das Geld auf dem schwarzen Markt Schmuck kaufte, wurde keine Quittung verlangt. Wie hätte man das auch kontrollieren wollen? Es ist hier anzumerken, daß Schindler das Geld bis auf den letzten Pfennig seinen Kontaktpersonen in der jüdischen Gemeinde übergab, die damit nach Gutdünken verfahren sollten.
    Mordechai Wulkan, der ebenso wie Frau Dresner später mit Schindler bekannt werden sollte, war von Beruf Juwelier. Gegen Ende des Jahres wurde er von einem der Schergen Spiras aufgesucht. Er brauche keine Angst zu haben, hieß es gleich. Im Vorjahr war er nämlich vom ÖD wegen verbotener Geldgeschäfte festgenommen worden, und als er sich weigerte, für die Devisenüberwachungsstelle Spitzeldienste zu leisten, hatte die SS ihn verprügelt. Seine Frau bekam ihn nur gegen ein Geldgeschenk an Wachtmeister Beck frei. Im Juni hätte er auf Transport nach Belzec gehen sollen, wurde aber von einem OD-Mann im letzten Moment aus dem Hof der alten Schokoladenfabrik geholt. Es gab nämlich auch beim ÖD Zionisten, deren Aussichten, jemals Jerusalem zu erblicken, allerdings gering waren.
    Diesmal war der OD-Mann kein Zionist, vielmehr suchte er im Auftrag von Spira vier Juweliere für die SS, und Wulkan wurde zusammen mit Herzog, Friedner und Grüner in die alte technische Hochschule geführt, die dem SS-Wirtschaftsverwaltungshauptamt als Lagerhaus diente.
    Hier waren außerordentliche Sicherheitsmaßnahmen getroffen worden. An jeder Tür stand ein SS-Posten. Den Juden wurde eröffnet, daß, sollten sie je ein Wort über ihre Arbeit hier verlauten lassen, dies ihr Ende bedeuten würde. Man führte sie in den Keller. An den Wänden standen Regale, und darauf türmten sich Koffer und Aktenmappen, sämtlich mit dem Namensschild der ehemaligen Eigentümer versehen. Unter den nahe der Decke angebrachten Fenstern standen Holzkisten. Die Juweliere kauerten sich in der Kellermitte auf den Boden hin, und zwei SS-Männer schleppten einen Koffer herein, den sie vor Herzog umkippten. Den nächsten leerten sie vor Grüner aus, dann schütteten sie einen Berg Gold vor Friedner hin und den letzten vor Wulkan. Es war meist altes Gold -Ringe, Broschen, Armreifen, Taschenuhren, Lorgnetten, Zigaretten .
    Die Juweliere sollten die vergoldeten Gegenstände von den massiv goldenen separieren, den Goldgehalt feststellen, Diamanten und Perlen schätzen. Alles war nach Wert und Goldgehalt sortiert auf verschiedene Haufen zu legen.
    Anfangs griffen sie nur zögernd nach den einzelnen Stücken, dann

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