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Schismatrix

Schismatrix

Titel: Schismatrix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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überspielen, das ihn bei der Berührung mit dem fleischigen Kuschelsessel überfiel. »Wo bist du denn?«
    »Überall um dich herum. Ich habe überall Augen und Ohren.«
    »Aber wo ist dein Körper?«
    »Den habe ich verschrotten lassen.«
    Lindsay schwitzte. Nach dem vierwöchigen Aufenthalt in der Frostatmosphäre Dembowskas war diese erhitzte Luft hier erstickend. »Und du hast gewußt, daß ich es bin?«
    »Du warst der einzige Darling, der mich je verlassen hat und den zu bewahren mir wichtig war. Dich würde ich kaum je vergessen.«
    »Das hast du fein gemacht, Kitsune.« Lindsay verbarg sein Entsetzen unter dem plötzlichen Aufwallen seiner halbvergessenen Diplomatendisziplin. »Danke, daß du den Antibionten getötet hast.«
    »Ach, das war ganz leicht«, sagte sie. »Ich behauptete, er sei du.« Sie hielt zögernd inne. »Die Geisha Bank fiel auf dein Täuschungsmanöver herein. Das war wirklich klug von dir, den Kopf der Yarite mitzunehmen.«
    »Ich wollte dir ein Abschiedsgeschenk machen«, sagte Lindsay zurückhaltend. »Das Geschenk der absoluten Macht.« Er betrachtete die glatten Fleischmassen. Nirgends war so etwas wie ein Gesicht zu erkennen. Aus den Wänden und Zwischenböden drang das gedämpfte synkopische Pochen eines halben Dutzends von Herzen.
    »Hat es dich bedrückt, daß ich die Macht mehr brauchte als dich?«
    Sein Hirn raste. »Du hast an Weisheit zugenommen seit jener Zeit ... Ja, ich gestehe es freimütig. Es wäre einmal der Tag gekommen, an dem du zwischen mir und deinen ehrgeizigen Zielen die Wahl getroffen hättest. Und ich wußte, was du wählen würdest. War es also falsch, daß ich fortging?«
    Es kam eine Weile keine Reaktion; dann begannen mehrere der Münder im Raum zu lachen. »Du könntest wirklich alles als plausibel verkaufen, Darling. Das war immer schon deine Begabung. Nein. Ich hatte seitdem zahlreiche Favoriten. Du warst eine gute Waffe, aber ich hatte andere. Ich verzeihe dir.«
    »Danke, Kitsune.«
    »Du kannst dich ab sofort als haftentlassen betrachten.«
    »Du bist sehr großmütig.«
    »Und jetzt was anderes. Was soll das verrückte Zeug über die Investoren? Weißt du denn nicht, wie sehr das System derzeit von ihnen abhängig ist? Jede Interessengruppe, die den Investoren in die Quere kommt, könnte sich auch gleich selber die Kehle durchschneiden.«
    »Mir schwebte eigentlich etwas ein bißchen Subtileres vor. Ich dachte, wir könnten sie dazu bewegen, daß sie sich selber aufs Kreuz legen.«
    »Soll heißen?«
    »Erpressung.«
    Ein paar der Münder lachten unsicher. »In welcher Art und Weise, Darling?«
    »Sexuelle Perversion.«
    Die Augen kurbelten sich an dem organischen Stengel nach oben. Lindsay bemerkte, wie weitgeöffnet die Pupillen waren, das war sein erstes kinesisches Indiz, und er begriff, er hatte ins Schwarze getroffen. »Du hast das einschlägige Material?«
    »Ich würde es dir sofort aushändigen«, sagte Lindsay, »aber diese Krampe da hindert mich daran.«
    »Nimm sie ab! Ich habe sie neutralisiert.«
    Lindsay schnallte die Killerkrampe ab und legte sie behutsam auf den bebenden Arm seines Sessels. Dann ging er auf Socken zum Bett und zog sein Videomonokel aus der Hemdinnentasche.
    Am Kopfteil des Lagers öffneten sich dunkle Augen. Durch weiche Pelzschlitze glitten zwei glatte Arme hervor. Der eine ergriff das Monokel und plazierte es über einem Auge. Lindsay sagte: »Ich hab es auf den Beginn der Sequenz eingestellt.«
    »Aber das ist nicht der Anfang des Bandes.«
    »Der erste Teil betrifft ...«
    »Ja«, sagte sie eisig. »Ich seh schon. Deine Frau?«
    »Ja.«
    »Unwichtig. Wäre sie mit dir hierher gekommen, wäre es vielleicht etwas andres. Aber jetzt hat sie sich mit Constantine angelegt.«
    »Du kennst ihn?«
    »Aber sicher. Er hat uns den Zaibatsu mit den Opfern seiner Säuberung vollgestopft. Und die Shapers sind stolz - im Ring Council. Sie werden nie glauben, daß ein Ungeplanter es mit ihnen aufnehmen könnte, Trick um Trick. Deine Partnerin ist so gut wie tot.«
    »Es könnte aber ...«
    »Vergiß es! Du hast deine fetten Friedensjahre gehabt. Aber die nächsten Jahre gehören ihm . Aha!« Sie sagte zögernd: »Das da ist an Bord eines Sternenschiffs der Investoren aufgenommen? Das Schiff, auf dem du hierher gekommen bist?«
    »Ja. Ich hab die Aufnahmen selbst gemacht.«
    »Aaaah!« Das Stöhnen war unverhüllt sinnlich. Eines der überdimensionalen Herzen des Raumes befand sich unter dem Bett; sein Schlag hatte sich

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