Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schismatrix

Schismatrix

Titel: Schismatrix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
Vom Netzwerk:
war kein Ort für ihn.
    »Ein Anblick, der einem das Blut rascher rauschen läßt, mein Freund.« Der früher einmal Wells genannte Mann war in die Beobachtungsblase gekommen. Während der Wochen der Vorbereitung war Wells in eine sorgsam vorbereitete falsche Identität sozusagen »hinübergeblichen«. Er war jetzt ein Mann namens Wellspring, war zweihundert Jahre alt, ein Erdgeborener, ein Mann voller Geheimnisse, ein hervorragender Manövrierer, ein Visionär, ja gar ein Prophet. Darunter wollte man es nicht haben. Ein Coup von derartigen Dimensionen machte Legenden obligatorisch. Und damit natürlich auch den Schwindel.
    Lindsay nickte. »Es geht voran.«
    »Und damit fängt für uns die wirkliche Arbeit an. Ich bin mit dieser Meute von Hofräten nicht besonders glücklich. Sie kommen mir zu steif vor, zu mechanistisch. Und ein paar von ihnen sind ehrgeizig. Man wird sie im Auge behalten müssen.«
    »Aber natürlich.«
    »Hättest du keine Lust auf die Stellung? Die Position eines Koordinators steht dir offen. Und du wärest der richtige Mann für sowas.«
    »Ich ziehe die Schattenbereiche vor, Wellspring. Eine Rolle von deinem Kaliber, nein, das wäre mir zu dicht an der Bühnenrampe, zu stark im Scheinwerferlicht.«
    Wellspring zögerte für einen Moment. »Ich habe sowieso schon genug Schwierigkeiten mit dem Mythos meiner Philosophie. Der mythische Teil ist vielleicht mehr, als ich verkraften kann. Ich brauche dich und deine Schattenbereiche.«
    Lindsay wandte die Augen ab. Er beobachtete die Bauroboter, wie sie einer Schweißnaht folgten, bis sie in einem weißglühenden Kuß ihrer Schweißdüsen zusammentrafen. »Meine Frau ist tot«, sagte Lindsay.
    »Alexandrina? Es tut mir leid. Das ist bestürzend.«
    Lindsay war zusammengezuckt. »Aber nein, nicht sie! Nora . Nora Mavrides. Nora Everett.«
    »Ach ...«, sagte Wellspring. »Wann hast du es erfahren?«
    »Und ich hatte ihr gesagt, daß ich einen Ort für uns habe«, sagte Lindsay. »Du erinnerst dich; ich habe dir gegenüber erwähnt, daß es möglicherweise eine Absplitterung im Ring Council geben könnte?«
    »Ja.«
    »Es geschah so unmerklich, wie ich es nur hindrehen konnte. Aber eben doch nicht leise genug. Constantine gelangte irgendwie an Informationen und denunzierte öffentlich die Abtrünnigen. Sie wurde wegen Hochverrats angeklagt. Und da das Verfahren auch alle anderen ihres Clans in Mitleidenschaft belastet hätte, zog sie es vor, Selbstmord zu verüben.«
    »Eine mutige Frau.«
    »Für sie war es das einzige, was zu tun ihr möglich war.«
    »Ja. Vielleicht.«
    »Und sie liebte mich immer noch, Wellspring. Sie wollte hierher zu mir kommen. Sie versuchte es gerade, als er sie umgebracht hat.«
    »Ich habe Verständnis für deinen Gram. Aber das Leben ist lang. Du darfst nicht die Augen schließen vor deinen höchsten Zielen.«
    Lindsay sagte bitter: »Du weißt doch, daß mir diese nachkataklysmatische Glaubensvorstellung nichts bringt.«
    »Nicht nach-kataklysmatisch, sondern posthumanistisch «, betonte Wellspring. »Stehst du auf der Seite des Lebens - oder nicht? Wenn nicht, erlaubst du, daß der Schmerz dich überwältigen kann. Du wirst gegen Constantine arbeiten - und du wirst sterben wie Nora. Nimm ihren Tod an und bleib bei uns! Die Zukunft gehört dem Posthumanismus, Lindsay. Nicht den Nationalstaaten, nicht den Parteiungen. Die Zukunft gehört dem Leben , und das Leben bewegt sich kladisch fort.«
    »Diesen Song hab ich schon mehrmals von dir gehört, Wellspring. Wenn wir den Verlust unseres Menschentums in Kauf nehmen, dann bedeutet dies noch üblere Differenzen, noch mehr Kampf, noch mehr Krieg.«
    »Nicht, wenn die Kladen als neue Erkenntnissysteme auf Prigogines Viertem Komplexitäts-Niveau zu einer Harmonie gelangen können.«
    Lindsay gab es als vergeblich auf und schwieg. Schließlich sagte er: »Ich wünsche dir und euch hier alles erdenkliche Glück, aus ehrlichem Herzen. Kümmere dich schützend um die Opfer, wenn du es kannst. Vielleicht wird ja etwas daraus.«
    »Es gibt ein ganzes Universum von Möglichkeiten, Lindsay, bedenke auch das. Keine einzwängenden Regeln, keine Grenzen.«
    »Nicht, solange der am Leben ist. Verzeih mir.«
    »Du wirst das ganz allein tun müssen.«
     
    AN BORD EINES INVESTOR-HANDELSSCHIFFS: 14-2-'86
     
    »Nicht unbedingt die Art von Transaktionen, die wir gern tätigen«, sagte der Investor.
    »Sind wir uns früher bereits begegnet, Fähnrich?« fragte Lindsay.
    »Nein. Aber ich kannte

Weitere Kostenlose Bücher