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Schismatrix

Schismatrix

Titel: Schismatrix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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Unterwelt besaß, plädierten für ein Würfel-Match mit der Verpflichtung zum Suizid als Einsatz. Doch eine derartige Anrufung des Zufalls, der Glückschancen, hätte die Gleichrangigkeit der Kontrahenten vorausgesetzt, und das einzuräumen waren beide Parteien nicht bereit.
    Ein ehrenhaftes Duell, das diesen Namen verdiente, sollte den unbestrittenen Sieg des besseren Mannes garantieren. Es erhob sich der Einwand, daß dafür Tests bezüglich Geschick, Wachheit, Willenskraft und geistiger Flexibilität vonnöten sein würden, jener Eigenschaften also, die im modernen Leben von zentraler Bedeutung sind. Objektive Tests waren zwar möglich, aber es würde sehr schwierig sein zu verhindern, daß nicht eine der Parteien vorzeitig Anstalten unternahm, Einfluß auf die Juroren auszuüben. Innerhalb der Drahtschädel-Gesellschaft existierten zwar zahlreiche Spielarten direkter Hirn-gegen-Hirn-Kämpfe, doch dauerte so etwas oftmals jahrzehntelang und erforderte eine grundlegende Veränderung der Fakultäten der Kontrahenten. Also beschloß man, den Rat der Investoren einzuholen.
    Anfangs fiel es den Investoren etwas schwer, das Konzept überhaupt zu verstehen. Später schlugen sie - typisch für sie - einen Wirtschaftskampf vor, bei dem beiden Parteien ein Gewinnanteil garantiert war, aber eine die Möglichkeit hatte, diesen zu vergrößern. Nach einer Terminfrist sollte dann der ärmere der Kontrahenten exekutiert werden.
    Auch dies war nicht befriedigend. Ein anderer Vorschlag der Investoren ging dahin, daß beide Parteien versuchen sollten, »die Literatur der ( Begriff unübersetzbar )« zu lesen, doch man kam überein, daß der Überlebende möglicherweise Bruchstücke des Gelesenen wiederholen und somit zu einem Sicherheitsrisiko für die restliche Menschheit werden könnte. Als man an diesem Punkt angelangt war, hatte irgendwer in einer der mit Beute vollgestopften Kargodecks eines im zirkumsolaren Raum sich aufhaltenden Investorenschiffs die »Arena« wiederentdeckt.
    Bei der Erforschung zeigte sich rasch, welche Vorteile diese Arena bot. Außerirdische Erfahrungen stellten selbst für die besten Stützen der Gesellschaft eine starke Herausforderung dar: nämlich für die Abgesandten in die Fremdwelten. Die extrem hohe Ausfallquote innerhalb dieser Sozialgruppe bewies an sich bereits, daß die »Arena« als solche eine einzigartige Testchance bot. Also sollten nunmehr die Duellanten in der arenalen Simulationsumwelt in zwei Fremdkörpern von garantierter Gleichrangigkeit miteinander kämpfen, wodurch gesichert sein würde, daß der Sieg an den überlegenen Kampfstrategen fallen würde.
    Constantine stand unter einem der turmhohen Tische und süffelte aus einem Autokühlbecher Aqua destillata . Wie seine prunkvoll geschmacklos gekleideten Congeneten trug er geschmeidig anliegende Höschen mit Spitzenbesatz und einen golddraht- durchwirkten Jackenmantel, an dessen hochgestelltem Kragen sämtliche seiner Ranginsignien prunkten. Die runden empfindlichen Augen schimmerten hinter den weichen Antiglastlinsen schwärzlich. Wie Lindsays Gesicht war auch das seine knitterfaltig, wo die jahrelange gleichbleibende Mimik sich bis in die Muskulatur hinabgegraben hatte. Lindsay trug einen schwarzbraunen Turnanzug ohne Abzeichen. Das Gesicht hatte er gegen den weißblauen Glast geölt, und er trug dunkle Sonnenblenden.
    Er durchquerte die Halle und trat vor Constantine. Stille breitete sich aus, doch Constantine machte eine weltgewandt höfliche Geste, und seine Congeneten griffen die Gespräche wieder auf, wo sie sie zuvor abgebrochen hatten.
    »Hallo, Cousin«, sagte Constantine.
    Lindsay nickte nur. »Eine hübsche Schar von Congeneten, Philip. Ich beglückwünsche dich zu deinen Halblingen.«
    »Gutes gesundes Zuchtmaterial«, gab Constantine zu. »Und sie kommen auch mit der Schwerkraft gut zurecht.« Er schaute betont zu Lindsays Frau hinüber, die sich taktvoll auf eine andere Personengruppe zubewegt hatte, wobei die Schmerzen in ihren Kniegelenken unübersehbar geworden waren.
    »Ich habe mich ziemlich ausgiebig mit Genpolitik befaßt«, sagte Lindsay. »Im Rückblick erscheint mir das Ganze wie ein Fetisch der Aristokraten.«
    Constantines Lider über den dunklen Adhäsionslinsen zogen sich schmal zusammen. »Etwas mehr Bemühungen um den Mavrides-Fortpflanzungszyklus wäre durchaus am Platz gewesen.«
    Lindsay fühlte eisige Wut in sich heraufwallen. »Sie sind ihrer Treue zum Opfer gefallen.«
    Constantine seufzte.

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