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Schizophrenie ist scheiße, Mama!: Vom Leben mit meiner psychisch erkrankten Tochter (German Edition)

Schizophrenie ist scheiße, Mama!: Vom Leben mit meiner psychisch erkrankten Tochter (German Edition)

Titel: Schizophrenie ist scheiße, Mama!: Vom Leben mit meiner psychisch erkrankten Tochter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janine Berg-Peer
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die Polizei ist. Die darf dann kommen, wenn aufgeregte Nachbarn sie rufen.
    Es ist schwierig und dauert lang, bis man das System versteht. Nur wenn Kranke aktiv werden und Hilfe suchen, kann ihnen geholfen werden. Aber Schizophrenie und andere psychische Krankheiten können bewirken, dass Kranke selbst eben nicht aktiv um Hilfe bitten können. Es war ein großer Schock für mich, als ich erkennen musste, dass es keine (rechtliche) Möglichkeit gibt, einen kranken Menschen ins Krankenhaus zu bringen, wenn er es ablehnt. Ich glaubte, dass ein Krankenhausaufenthalt, selbst gegen den Willen des Patienten, manchmal besser ist, als eine Verschlimmerung der Krankheit hinzunehmen. Aber Lena will nicht ins Krankenhaus, sie hat dort schlechte Erfahrungen gemacht, sagt sie. Und sie hat Angst davor, wieder für eine lange Zeit dort bleiben zu müssen.
    Es gibt eine intensive Diskussion darum, ob psychisch Kranke gegen ihren Willen in eine Klinik eingewiesen werden können sollten und ggf. auch gegen ihren Willen mit Medikamenten versorgt werden dürfen. Das verstoße gegen fundamentale Menschenrechte, heißt es. Wenn ich keine Erfahrung mit psychischen Krankheiten hätte, würde ich dem ohne jeden Vorbehalt zustimmen. Ich wäre die Erste, die jede Petition gegen Zwang in der Psychiatrie unterschreiben würde. Zwang! Schon allein das Wort ist menschenunwürdig. Die Menschenrechte besagen, dass ein Mensch selbst entscheiden können muss, ob er behandelt werden will oder ob er das ablehnt. Dass es meiner Tochter schlechtgeht, sehr schlechtgeht, ist kein Grund, sie ins Krankenhaus zu bringen. Jeder Mensch soll das Recht auf Krankheit haben. Man muss sich nicht behandeln lassen und schon gar nicht, weil sich andere Menschen gestört fühlen. Das halte ich auch für richtig. Aber was ist, wenn sich durch diese Nichtbehandlung die Krankheit verschlimmert? Auch die möglichen sozialen Folgen einer Therapieverweigerung machen mir Sorgen. Lena darf selbst entscheiden, trotz Krankheit. Sie darf auch aus der Wohnung geworfen werden, Schulden anhäufen und sich damit für ihr künftiges Leben alle Chancen verbauen. Das ist ihre Entscheidung, und niemand hält sie davon ab.
    Ich kann nicht glauben, dass eine Zwangseinweisung ins Krankenhaus die einzige Möglichkeit für meine Tochter sein soll, medizinische und praktische Hilfe zu bekommen. Es gibt Hilfsinstitutionen, aber sie kommen nicht zu Lena. Lena müsste zu ihnen gehen. In ihrem Zustand geht Lena aber nirgendwohin. Es wird im sozialpsychiatrischen System viel über aufsuchende Hilfe gesprochen, aber die Hilfe sucht Lena nicht auf, sondern Lena musste die Hilfe aufsuchen. Es gibt keine Möglichkeit, einem psychisch Kranken zu helfen, wenn er das nicht will. Und in einer hochmanischen oder auch psychotischen Phase will er es oft nicht, weil er es nicht wollen kann. Aber vielleicht würde auch ein psychisch Kranker bereits vor Ausbruch einer schweren Krankheitsphase Hilfe wollen , wenn Hilfe nicht immer nur Krankenhaus bedeuten würde. Wenn die Hilfe zu ihm käme.
    Ich konnte mit einem erfahrenen Richter sprechen, der der Meinung ist, dass in manchen Situationen eine Einweisung ins Krankenhaus das einzig Vernünftige sei. Aber er wisse auch, dass nach dem Gesetz eine »Zwangseinweisung« äußerst schwierig ist. Er und seine Kollegen würden oft nach einer kreativen Lösung suchen, die eine Krankenhausbehandlung im Interesse des Patienten doch möglich mache. Dieser Richter hält Zwangseinweisungen nicht für eine gute Lösung. Ich bin der Meinung, dass Zwangseinweisungen unnötig wären, wenn es frühzeitig aufsuchende Hilfe gäbe, die Kranken in ihrer gewohnten Umgebung Unterstützung, Rat und Zuwendung anbietet. Bei Lena habe ich erfahren, dass Zwangseinweisungen produziert werden, weil sich so lange niemand kümmert oder kümmern darf, bis die Situation derart exkaliert, dass die Polizei kommt.
    Ich bin nicht für Zwangseinweisungen oder gar Zwangsbehandlungen. Ich möchte meine Tochter künftig vor jeder Zwangseinweisung schützen, aber ich würde, wenn es mir geraten scheint, immer wieder versuchen, Lena von einer Therapie zu überzeugen, sei es ambulant oder stationär. Und ich bin für Hilfe, die nicht bürokratisch organisiert ist, sondern auf die Situation der psychisch Kranken abgestimmt ist. Viele Zwangseinweisungen wären unnötig, wenn es Menschen gäbe, die sowohl dafür ausgebildet sind als auch über die menschlichen Fähigkeiten verfügen, zu einem verstörten Kranken zu

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