Schlachtfeld der Verfluchten
Amazonen beschäftigt. Er hat sie beobachtet und alles notiert, was ihm dabei aufgefallen ist.«
»Und was fiel ihm auf?«
»Sie kommen immer her. Sie reiten in den Ort. Sie schauen sich die Menschen an, und sie verbreiten allein durch ihre Anwesenheit Furcht und Schrecken.«
»Machen sie sonst noch etwas?«
»Ja. Sie versammeln sich in der Regel dort, wo wir das Schlachtfeld der Verfluchten vermuten. Dort führen sie dann den Zauber durch, wie Juri hier schreibt.«
»Welchen Zauber?«
»Darüber hat er sich nicht ausgelassen. Ist für uns auch unwichtig. Ich denke mal, dass wir davon ausgehen können, dass die Amazonen Kontakt mit ihren Ahnen aufnehmen, und er hat auch von einer Anführerin geschrieben, dieser Atema.«
»Glaubst du, dass sie heute noch existiert?«
»Davon gehe ich mal aus.«
»Als Zombie oder...?«
»Nein, John, nicht als Zombie. Daran glaube ich nicht. Diese Atema ist ein Mensch, eine Frau. Sie wird hier auch als rothaarig beschrieben. Ich kann mir vorstellen, dass sie einen besonderen Draht zu den alten Amazonen hat.«
»Du meinst zu deren Geistern.«
»Ja, wie auch immer.«
»Das könnte hinkommen. Die Geister der Toten haben die Lebenden erreicht. Wäre nicht das erste Mal. Und ich denke, dass sie jetzt eine neue Aufgabe gefunden haben.«
»Welche?«
»Uns oder wir. Sieh es wie du willst. Wir sind diejenigen, die ihnen im Weg stehen. Bei Serge Linkow ist das so gewesen, da haben sie sogar den Weg nach London geschafft. Bei Juri war es ebenfalls so. Aber er wurde erst getötet, nachdem er dich mit Informationen versorgt hatte. So konnten sie sicher sein, dass wir uns auf den Weg machen. Das haben wir getan, und sie freuten sich derart darüber, dass sie uns sogar den Reifen durchschossen haben.«
»Wir sitzen fest.«
»Genau. Fluchtweg abgeschnitten.« Ich hob die Schultern. »Oder sie warten darauf, dass wir uns zu Fuß auf den Weg machen. Da wären sie uns auf ihren Pferden weit überlegen und könnten uns abschießen wie die Hasen auf dem freien Feld. Deshalb ist es besser, wenn wir hier im Ort bleiben und zunächst abwarten. Hier gibt es wenigstens Deckung.«
»Gut gefolgert«, lobte Karina. »Das Gleiche hätte ich dir auch sagen können.«
»Jetzt müssen wir nur noch warten.«
Vom Fenster her meldete sich Suko. »Noch ist nichts zu sehen, aber ich schaue auch nur in eine Richtung. Es wäre wohl besser, wenn wir draußen patrouillieren.«
»Das brauchen wir nicht«, sagte Karina. »Aus den Unterlagen geht hervor, dass ihre Zeit kurz vor dem Einbruch der Dämmerung liegt. Dann kommen sie und versammeln sich auf dem ehemaligen Schlachtfeld, um dort ihre Rituale durchzuziehen.«
»Willst du dich darauf verlassen?«
»Warum nicht?«
»Ich tu’s nicht«, sagte Suko. »Die lauern jetzt schon. Sie haben uns beschossen. Ich sage euch, dass der heutige Tag nicht mit den anderen zu vergleichen ist. Wir sind hier, und das wissen sie. Deshalb rechne ich nicht mit einer langen Wartezeit bis zum Angriff.«
Karina hob die Schultern. »Ich lasse mich gern vom Gegenteil überzeugen.«
Warten war nicht unsere Sache. Deshalb setzten wir darauf, dass es nicht so lange dauern würde, bis sich die Amazonen-Meute zeigte. Sie waren Frauen aus der Jetztzeit, doch ich ging davon aus, dass sie mit ihren Waffen ebenso gut umgehen konnten wie die echten Kriegerinnen vor über zweitausend Jahren.
Es war keine weitere Offenbarung hier in dieser alten Hütte zu warten. Von einer frischen Luft konnte man nicht sprechen. Hier musste unbedingt mal wieder richtig Durchzug gemacht werden, um all den stickigen Mief und Geruch zu vertreiben.
Ich ging zur Tür. Dicht neben ihr führte eine Leiter bis unter das Dach. Allerdings musste der Raum dort oben so flach sein, dass es sich nicht lohnte, die Sprossen hochzusteigen.
Ich öffnete die Tür und verließ das Haus. Es hatte sich nichts verändert. Kein Mensch war an das Haus herangeschlichen, um uns zu beobachten. Nach wie vor lagen die Häuser wie hingedrückt in diesem leicht welligen Gelände. Die Berge waren jetzt deutlicher zu sehen, aber auch sie bildeten nicht mehr als eine graue, manchmal zackige und manchmal weiche Hügelkette.
Das Wiehern der Pferde fiel mir auf. Ich schaute mir die Tiere an, die eine gewisse Unruhe zeigten. Auf ihrer Koppel liefen sie recht aufgeregt hin und her, sie kamen bis an das Gatter, zogen sich von dort zurück und bewegten ihre Köpfe.
Tiere besitzen einen besonderen Sinn für Veränderungen. Spürten diese
Weitere Kostenlose Bücher