Schläft das Personal auch an Bord?
auch das Wissen, dass man im Dunkeln nur mit äußerster Konzentration und sehr viel Übung feststellen kann, in welche Richtung ein Schiff bei ruhiger See fährt. Sollte es bei bewegter See anders sein, so kann man getrost davon ausgehen, dass aufkommende Übelkeit nicht mit der falschen Bettpositionierung zu tun hat, sondern mit dem ungewohnten Auf und Ab des Schiffsrumpfes. Deshalb bucht der kundige Seefahrer am liebsten im untersten Deck seine Kabine. Und dort am ehesten in der Mitte des Schiffes. Und warum? Weil dort das Drehmoment am geringsten ist, wodurch das Gleichgewichtsorgan am wenigsten irritiert wird. Und genau diese Ruhe verschont ihn oftmals vor Übelkeit. Nicht die Fahrtrichtung. ( ⇒ Siehe dazu auch »Kabine«)
Der männliche Passagier legt gerne technische Wissbegier an den Tag, die bei Brückenführungen – so sie der Kapitän anbietet – ausgiebig gestillt wird. Allerdings werden dabei manchmal Fragen gestellt wie diese: »Generiert das Schiff eigentlich seine eigene Elektrizität?« Nun könnte man schnippisch was vom »Überseekabel« murmeln, das jedes Schiff zur Stromversorgung selbstverständlich immer hinter sich herziehe. Doch ist das nicht nur unfair, sondern den Passagieren gegenüber auch unfein. Und kein Kapitän, der ja immerhin der Gastgeber aller Passagiere ist, würde sich derartig imTon vergreifen. Nein, er würde – natürlich – auf die vielen sich drehenden Motoren verweisen, mit denen das Schiff seinen eigenen Strom erzeugt, damit es nachts nicht nur IM Schiff hell ist, sondern auch draußen. Und wer zum Beispiel in den chilenischen Fjorden einmal erlebt hat, wie in sternenklarer Nacht die gesamte Beleuchtung des Schiffes gelöscht wird, um den Passagieren zu ermöglichen, den südlichen Sternenhimmel bei völliger Dunkelheit zu betrachten (und vielleicht auch noch der Vorwärtsantrieb des Pottes abgestellt wird, damit sich das Schiff einmal auf dem Teller dreht und allen Passagieren der Sternenhimmel ohne »Light-Pollution« gezeigt werden kann), weiß, wie viel Licht ein Kreuzfahrtschiff verströmen kann – wenn danach das Licht wieder eingeschaltet wird.
Besonders listige (natürlich männliche) Reisende stellen auch gerne eine Frage, die verdeutlichen soll, dass ihr Interesse für das Schiff auch das kleinste Detail durchdringt. Sie lautet: »Ist das Wasser in den Toiletten Süß- oder Salzwasser?«
Nun, hier heißt es für den Befragten tief durchzuatmen und sich zu vergegenwärtigen, dass die Pools an Bord ja tatsächlich mit Salzwasser gefüllt werden. Erstens ist das gratis und zweitens in der unmittelbaren Umgebung des Schiffes reichhaltig vorhanden. Drittens muss es nicht aufbereitet werden, sondern nur hochgepumpt, und viertens kann man so dem badenden Passagier die Illusion ermöglichen, im Meer zu baden.
Was nun das Toilettenwasser betrifft, darf man davon ausgehen, dass es – wie das Wasser zum Waschen der Passagiere – aus der Salzwasseraufbereitungsanlage des Schiffes kommt, und zwar als Süßwasser. Es muss also nicht durch eigens verlegte Salzwasserrohre strömen. Denn am Ende landet Wasch- und Toilettenwasser in der bordeigenen Kläranlage und wird dort gereinigt. Das gereinigte Wasser wird wieder dem Meer zugeführt, nachdem es zum morgendlichen Abduschen von Deck, Fenstern und Außenhaut gegen die salzhaltige Luft eingesetzt worden ist. Und die bei der »Klärung« übrig gebliebenen »Feststoffe« werden im nächsten, dafür ausgelegten Hafen entsorgt.
Sagte ich eben, dass Meerwasser in den Pools ist? Genau. Das erkannte eine noch unerfahrene »First Time Cruiserin« durch eine bemerkenswerte Einsicht sofort: »Das erkennt man ja schon an den Wellen im Pool!«
Weitere Fragen gefällig?
»Ist der Ice Tea heiß?«
»Wann gibt’s das Mitternachtsbuffet?«
Als Erklärung für das Entstehen solcher Fragen nimmt der Autor eine Mischung aus totaler Entspannung an, ausgelöst durch das ausgiebige Umsorgtsein durch die Crew, gepaart mit Phänomenen, die sich einstellen, wenn sich erwachsene Menschen in einer Gruppe befinden. Sind sie zuvor nämlich vernunftbegabte Individuen, mutieren sie in der Gruppe zu hilfsbedürftigen Wesen, die die Fähigkeit zu logischem Denken – auf rätselhafte Weise – blitzschnell verlassen hat. Solches Verhalten hat aber nichts mit Schiffsreisen zu tun, sondern mit dem Phänomen der Reisegruppe an sich. Den Autor würde es deshalb interessieren, ob sich solche Prozesse auch in japanischen Reisegruppen abspielen.
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