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Schlaf in himmlischer Ruh

Schlaf in himmlischer Ruh

Titel: Schlaf in himmlischer Ruh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte MacLeod
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Wochenscheck. Ich werde es
mit Professor Ames verrechnen, wenn er zurückkommt.«
    Wohl wissend, daß er nichts dergleichen
vorhatte, floh er ins Badezimmer und blieb dort hocken, bis Mrs. Lomax das Haus
verlassen hatte. Beim Warten studierte er seine Miene im Spiegel. Es war
dasselbe unauffällige Gesicht mittleren Alters wie gestern, dasselbe, das er so
lange und so gründlich ohne nennenswerte Resultate rasiert hatte. Warum hatte
es auf einmal diesen merkwürdigen Effekt auf die unwahrscheinlichsten Frauen?
    Der Himmel war mittlerweile fast
dunkel, und sein Aussehen verhieß noch mehr Schnee. Ein Sturm würde den
Feiernden leider keinen Dämpfer aufsetzen, sondern nur zu weiterem fröhlichen
Gejuchze, Schneeballschlachten und dem Bau von obszönen Schneemännern in seinem
Vorgarten führen. Er mußte daran denken, früh aufzustehen und jedes derartige
Gebilde umzustoßen. Er wollte Helen nicht noch einmal schockieren.
    Er mußte noch eine ganze Stunde
totschlagen, bevor er herübergehen und sie abholen konnte. Eigentlich waren es
eindreiviertel Stunden, aber er dachte, es wäre vielleicht eine höfliche Geste,
etwas früher mit einer Flasche Amontillado einzutrudeln und einen vormahlzeitlichen
Drink vorzuschlagen, da in der Mensa kein Alkohol serviert wurde. Er mußte
allerdings sichergehen, daß Mrs. Lomax bis dahin gegangen war. Shandy fühlte
sich noch ein bißchen nervös wegen ihres eigentümlichen Blicks von vorhin.
    Inzwischen sollte er wohl mal nach
nebenan gehen und herausfinden, ob man ihm irgendwelche Informationen über die
Mordnacht oder über die jüngste Peinlichkeit geben könnte. Er nahm nicht an,
daß man das tun würde. Die Jackmans waren eine Familie mit Kleinkindern, die so
mit ihren vielfältigen Aufgaben beschäftigt waren, daß sie kaum mitkriegten,
was in der Nachbarschaft vor sich ging.
    Jetzt war wahrscheinlich die
schlechteste Zeit, um bei ihnen hereinzuplatzen, aber das war auch jede andere
Tageszeit. Murrend, denn er war müde an Leib und Seele, riß sich Shandy
zusammen und trat wieder ins Freie.
     
     
     

Zehntes Kapitel
     
     
     
     
     
     
     
    D ie Jackmans waren zu Hause, daran war
nicht zu zweifeln. Sogar durch das Palaver der Menge und das Läuten der
Collegekapelle hindurch waren die Geräusche der »Sesamstraße« und die Schreie
eines Kindes, das gerade gekämmt wurde, nur allzu deutlich vernehmbar. Shandy
umklammerte das Paket mit Weckmännern, die er bei der bequemen, wenn auch
ruinös teuren Bude im Park erstanden hatte, und begann, mit dem Klopfer zu
hämmern. Nach einer Weile gelang es ihm, sich Gehör zu verschaffen.
    »Mama, Mama, da ist jemand an der Tür«,
schrillten Kinderstimmen.
    »Na dann mach doch auf«, antwortete ein
müder Erwachsener. »Du bist heute der Türsteher.«
    »Nein, bin ich nicht. Wendy ist dran.«
    »Bin ich nicht!«
    »Bist du doch!«
    »Hört jetzt beide auf!«
    Mrs. Jackman kam selbst und sah
entschieden fröhlich und mütterlich aus, während sich an jedes Bein ihrer Blue
Jeans ein Knirps klammerte. Mrs. Jackman trug immer Blue Jeans. Sie besaß Jeans
aus blauen Denim-Flicken und Jeans, die mit den Handabdrücken ihrer Kinder
verziert waren, und straßbesetzte Jeans als Abendgarderobe. Shandy versuchte
sich zu entsinnen, ob sie bei der Beerdigung schwarz gesäumte Jeans getragen
hatte, aber er konnte sich nicht erinnern, sie überhaupt gesehen zu haben. Das
war ein ebenso guter Eröffnungszug wie jeder andere.
    »Eh — guten Abend, Sheila.«
    »Was, Peter Shandy, was für eine
Überraschung! Wendy und Dickie, sagt Professor Shandy guten Abend.«
    Dickie heulte: »Ich will nicht«, und
Wendy begann zu schniefen. Shandy machte den Fehler, zu versuchen, sie mit
Weckmännern zu besänftigen. Ein resolutes »Nach dem Essen, Schätzchen« führte
zu Protestgeschrei. Schließlich gelang es Sheila, die Kinder ins Spielzimmer
zurückzubugsieren und die Tür hinter dem Getöse zu schließen.
    »Sie sind übermüdet«, entschuldigte sie
sich. »Wir sind erst vor kurzem nach Hause gekommen. Setz dich doch, Peter. Wo
hast du gesteckt? Wir haben dich eine Ewigkeit nicht gesehen.«
    »Ich weiß. Ich hoffte, wir würden uns
bei der Beerdigung, eh, begegnen.«
    »Oh Himmel, war das heute? Das habe ich
völlig vergessen. Wir hatten doch diesen Rodelausflug geplant, weißt du, und
Roger und die beiden älteren Jungen schlafen draußen in der Hütte, weshalb die
Schlafsäcke zusammengerollt und Gas für den Campingkocher besorgt werden mußte
und sie

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