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Schlaf in himmlischer Ruh

Schlaf in himmlischer Ruh

Titel: Schlaf in himmlischer Ruh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte MacLeod
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herauszugeben. Aber wegen des Feuers bestand durchaus die
Möglichkeit, daß er noch unterwegs war. Shandy hoffte nur, er könnte den Mann
dazu bringen, das Büro zu öffnen, ohne daß er darauf bestand, sich dranzuhängen
und zu erfahren, wonach der Professor suchte, wo Shandy doch selbst nicht die
leiseste Ahnung hatte und wahrscheinlich sowieso nichts finden würde. Das war
eine blöde, vergebliche Jagd, und wahrscheinlich würde er nichts gewinnen außer
einer Grippe, wenn er die Bazillen nicht bereits intus hatte. Dennoch trottete
Shandy weiter.
    Er wünschte beim Himmel, er wüßte, wo
diese Nikolauspuppe gewesen war, nachdem man sie weggenommen hatte, und ob die
Wichtel, die sie zurückgebracht hatten, dieselben waren, die ursprünglich die
Entführung inszeniert hatten. Dann gab es noch einen Punkt, den er noch nicht
bedacht hatte. Mirelle hatte am Montag zwei Wichtel bemerkt, aber JoJo hatte in
der Nacht, in der Jemima getötet wurde, nur einen gesehen. Ob sich der zweite
irgendwo versteckt hatte? Jemima war eine große Frau gewesen. Sie von dem
Schlitten und ins Wohnzimmer zu hieven, hatte bestimmt reichlich Muskeln
erfordert. Warum hatte er so bereitwillig angenommen, daß ein Mensch allein die
Sache hätte schaffen können?
    Shandy gab den Versuch auf, klar zu
denken, und konzentrierte sich darauf, den Weg hügelan zu erklimmen. Es lag ein
klebriger, nasser Schnee, der sich an seine Galoschen heftete wie frischer
Mörtel. Als das Wachbüro in Sicht kam, dachte er nur noch daran, aus dem Schnee
zu kommen und sich hinzusetzen. Ihm sank das Herz, als er sah, daß das kleine
Gebäude im Dunkeln lag, aber er versuchte es trotzdem an der Tür, und wunderbarerweise
öffnete sie sich.
    Einen Moment lang war er zu beschäftigt
damit, zu Atem zu kommen und sich den Schnee vom Mantel zu klopfen, um zu
bemerken, daß er nicht allein war. Hinter der geschlossenen Tür zu Grimbles
innerem Heiligtum waren Stimmen zu vernehmen. Obwohl er keine Worte verstehen
konnte, schloß er aus dem tiefen Grunzen und dem hohen Quietschen, daß die eine
einem Mann und die andere einer Frau gehörte. Der Mann war sicherlich Grimble,
aber wer war die Frau, und was hatten sie zusammen vor?
    Es hörte sich nicht wie eine
Unterhaltung an. Es hörte sich an wie — plötzlich wurde Shandy klar, wie es
sich anhörte, und da er ein feinfühliger Mann war, befand er, das sei keine
Zeit, um Schlüssel holen zu kommen. Das richtige wäre, schnurstracks wieder wegzugehen.
Aber er war sehr müde und durchgekühlt, und im Büro war es warm. Er tastete
nach einem der Holzstühle, die an der Wand aufgereiht sein mußten, und fand
ihn. Es hing etwas über der Lehne, etwas Weiches und Dickes, aber Nasses, als
ob es draußen im Schnee gewesen wäre, eine Mütze oder ein Schal oder so etwas.
Neugierig befingerte er das Gestrickte. Es war eine Mütze, stellte er fest,
eine lange, gestrickte Mütze mit drei größeren Öffnungen an einer Seite. Es war
tatsächlich eine Wichtelmaske.
    Grimble.
    Grimble, der einzige, der so auffällig
war, daß er nicht gesehen werden konnte. Grimble, der es geschafft hatte, daß
Jemimas Tod als Unfall durchging, der den Buffo gespielt hatte, während Ben
Cadwall tot an seinem Schreibtisch saß, der Zugang zu jedem Haus, jedem
Gebäude, jedem Zimmer auf dem Campus von Balaclava hatte. Grimble, der gehen
konnte, wohin es ihm beliebte, und offenbar nehmen konnte, wen er wollte, nach
den Geräuschen hinter der Tür zu urteilen. Grimble, der wahrscheinlich sein
eigenes Schlüsselbrett durcheinandergebracht hatte für den Fall, daß ein
Naseweis wie Shandy vorbeischnüffelte und sich fragte, wie jemand unberechtigt
an einen Schlüssel kommen konnte. Grimble mit der Seele eines Frettchens und
der Moral eines Rammlers. Bei wem war es wahrscheinlicher, daß er von ein paar
lästigen Schnüfflern wie Jemima und Ben in flagranti erwischt würde, und
wer war besser gerüstet, sie beide loszuwerden, bevor sie endlich genügend
Beweise gegen ihn zusammentrügen?
    Genügend Beweise. Da lag der Hase im
Pfeffer. Was für Beweise hatte Shandy außer einer feuchten Kopfbedeckung, die
zwanzig oder dreißig anderen glich? Grimble konnte immer sagen, er hätte die
Maske irgendwo draußen gefunden, und wer sollte die Polizei überzeugen, daß es
nicht so war?
    Was die Frau in seinem Büro betraf,
handelte es sich um einen Fehltritt, aber nicht um ein Verbrechen. Shandy
könnte mit der Geschichte zu Präsident Svenson rennen, und Grimble

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