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Schlaf in himmlischer Ruh

Schlaf in himmlischer Ruh

Titel: Schlaf in himmlischer Ruh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte MacLeod
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altklug. »Außerdem sehe ich
gut im Dunkeln. Fragen Sie Pop.«
    »Das stimmt«, sagte Jackman. »JoJo hat
eine außergewöhnlich gute Nachtsicht. Das ist sehr praktisch, wenn man an die
Zeiten und Stellen denkt, wo Sheila ihre Autoschlüssel zu verlieren
beschließt.«
    Bevor die Ehefrau ihre Entgegnung
einschieben konnte, fragte Shandy: »Wie lange hast du dem Wichtel zugeschaut?«
    JoJo zuckte die Achseln. »Das weiß ich
nicht. Ein paar Minuten, nehme ich an. Es gab nicht viel zu sehen. Er kam
einfach rüber —«
    »Von wo herüber?«
    »Vom Gehweg. Als ob er von den
Enderbles gekommen wäre, aber das war er nicht.«
    »Woher weißt du das?«
    »Weil die Schlitten nicht in das
Gebüsch dürfen. Professor Enderble läßt sie nicht.«
    »Aber wenn dieser Wichtel nicht
gehorcht hätte?«
    »Dann würde Professor Enderble sauer,
nehme ich an.«
    »Du kannst also tatsächlich mit
Sicherheit nur sagen, daß der Schlitten auf der Straße war, als du ihn erblickt
hast, und daß er zu meinem Haus kam. Zur Vorder- oder zur Hintertür?«
    JoJo zögerte. »Ich weiß nicht. Ich
dachte, er müßte nach vorne fahren, weil ich annahm, daß der Wichtel den
Nikolaus wieder auf die Schwelle stellt, wo Sie ihn aufgestellt hatten, aber das
kann ich nicht sagen, weil die Fichten dazwischen waren. Jedenfalls nehme ich
an, daß er zu keiner Tür gefahren ist, weil ich am nächsten Morgen geguckt
habe, ob der Nikolaus zurück ist, aber er war nicht da, und ich habe ihn nie
mehr gesehen.«
    »Du hast nicht bemerkt, wohin er danach
gegangen ist?«
    »Nein, ich bin wieder ins Bett
gegangen.«
    JoJo druckste ein bißchen herum in
seinem neuen Bademantel vom Weihnachtsmann, dann platzte er heraus: »Ich hatte
wohl ein bißchen Angst, wenn es Sie interessiert.«
    »Warum, Junge? Das hast du mir letzte
Nacht nicht erzählt. He, raus mit der Sprache. Spuck es aus, dann fühlst du
dich besser.« Jackman war also doch ein besorgter Vater.
    »Also, wie gesagt, es war was Komisches
an der ganzen Szene. Wie — ich meine, ich wußte, daß es Professor Shandys Puppe
sein mußte auf dem Schlitten, aber es — es wirkte nicht wie eine Puppe. Es war,
als wäre sie echt, aber nicht am Leben. Ich weiß nicht, was ich meine!«
    Er sah von einem zum anderen und fragte
dann abrupt: »Kann ich jetzt wieder ins Bett?«
    »Natürlich«, antwortete Shandy. »Vielen
Dank, JoJo. Du bist eine große Hilfe gewesen. Vielleicht interessiert es dich,
daß die Wichtel meinen Nikolaus gestern, als du beim Camping warst,
zurückgebracht haben. Ich habe ihn in den Keller gestellt. Und, eh, es ist
immer noch eine Puppe. Komm doch morgen herüber, und schau sie dir an, wenn du
magst.«
    »Wir gehen morgen zum Hockey«, sagte
Roger Jackman. »Marsch ab jetzt nach oben, Jo Jo. Mum und ich kommen bald nach.
Sehr bald«, fügte er mit einem bedeutungsvollen Blick auf den ungebetenen Gast
hinzu.
    Shandy verstand den Wink. »Ich bin weg.
Tut mir leid, daß ich so bei euch hereingeplatzt bin, aber ich mußte es
wissen.«
    »Willst du uns nicht erzählen, wieso?«
maulte Sheila.
    »Später vielleicht. Jetzt wüßte ich
nicht, was ich sagen sollte.«
    Shandy ging allein zur Tür und stand
eine Weile auf der Schwelle und fragte sich, was er als nächstes tun sollte.
Sein eigenes Haus stand nebenan, heiter und trotz seiner kitschigen
Verzierungen einladend, und er war extrem müde. Der Schnee fiel immer noch
dicht und pappte auf seinem Mantel fest. Mittlerweile mußte auf der Main Street
ein übles Verkehrschaos sein. Vielleicht würden die Touristen hängenbleiben,
und das College müßte sie in den Studentenheimen unterbringen. Die Gaffer
würden ihr Quantum Balaclava bekommen, bevor diese Nacht vorüber war. Er hatte
seines so ziemlich. Trotzdem klappte Shandy den Mantelkragen so hoch wie
möglich, drückte sich den grauen Filzhut tief über die Augen und stapfte an
seiner Haustür vorbei auf die Scheinwerfer zu, die durch das immer dichtere
Weiß noch zu erkennen waren. Noch während er ging, verloschen die Lichter, und
der Lärm der abfahrenden Feuerwehren auf dem Campus verebbte. Die Vorstellung
war vorbei.
    Aber der Ärger hatte vielleicht kaum
erst angefangen. Zuerst war es ein Totschlag, der so inszeniert war, daß er wie
ein Unfall aussah, jetzt war es offener Mord und Brandstiftung an ein und
demselben Tag. Was stand als nächstes auf dem Programm?
    Die Verhaftung von Hannah Cadwall würde
überhaupt nichts lösen. Nur eine Idiotin wie Mirelle Feldster konnte das
glauben.

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