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Schlaf in himmlischer Ruh

Schlaf in himmlischer Ruh

Titel: Schlaf in himmlischer Ruh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte MacLeod
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Hosenbeinen zu schaufeln. Der Wachdienstchef nahm
neben ihm Platz.
    »Okay, Professor, weswegen wollten Sie
mich sprechen?«
    »Zunächst einmal wüßte ich gerne, was
mit dieser Wichtelmaske passiert ist, die vor ein paar Minuten hier auf diesem
Stuhl hing.«
    »Häh?«
    »Ich war hier drinnen, Grimble, und
habe Ihren nächtlichen Ausschweifungen gelauscht. Sie hatten vergessen, die
Außentür abzuschließen.«
    »Ogottogott! Wie konnte ich —« Der
Wachdienstchef faßte sich. »Sehen Sie, Professor, Sie verstehen das nicht.«
    »Doch, das tue ich. Wer war sie?«
    Einen langen Moment lang sagte Grimble
nichts. Dann schlich ein verschlagenes Grinsen über sein fülliges Gesicht.
    »Zur Hölle, Professor, muß ich das
beantworten? Was glauben Sie, weswegen sie so geladen war?«
    »Sie meinen Miss Wrenne?«
    »Tja, damals auf der Polizeiakademie
hat man uns beigebracht, die Beweise zu prüfen. Die alleinstehenden Damen haben
es schwer an einem Ort wie diesem«, fuhr er mit einer Stimme voller Mitgefühl
fort. »Heiß wie nur was und nichts, wo sie hin können. Es war nur
Nachbarschaftshilfe von mir, könnte man sagen.«
    »Verdammt nett von Ihnen«, grunzte
Shandy. »Miss Wrenne muß sich bemerkenswert schnell ankleiden können. Ich
glaube bestimmt, daß Präsident Svenson den Vorfall nach seinen humanitären
Gesichtspunkten beurteilen wird.«
    »He, Sie würden doch keinen verpetzen?«
    »Warum wollen Sie Ihr Licht unter den
Scheffel stellen? Ihre Motive waren lauter, oder?«
    »Ach, zum Henker, Sie wissen, wie er
ist.«
    »Ja, das weiß ich. Deswegen glaube ich
auch, daß Sie es sich nicht leisten können, unkooperativ zu sein.«
    Grimble machte eine Bemerkung. Shandy
beschloß, sie zu ignorieren.
    »Erzählen Sie mir, was mit der
Wichtelmaske passiert ist?«
    »Welcher Wichtelmaske?«
    »Diejenige, die vor etwa fünf Minuten
triefnaß über diesem Stuhl gehangen hat.«
    »Ich habe keine Wichtelmaske gesehen«,
murrte der Mann. »Sie muß sie mitgebracht und wieder mit raus genommen haben.«
    »Warum?«
    »Woher zur Hölle soll ich das wissen?
Ich sage Ihnen, daß ich keine Wichtelmaske gesehen habe.«
    »Ich glaube Ihnen nicht«, sagte Shandy,
»noch glaube ich, daß es Miss Wrenne war, mit der Sie gerade eben rumgeknutscht
haben. Aber ich bin zu müde, um mich zu streiten. Was ich von Ihnen will, sind
die Schlüssel zum Verwaltungsbau und dem Büro des Finanzchefs.«
    »Da können Sie nicht rein. Das ist
versiegelt worden.«
    »Wir werden es entsiegeln. Holen Sie
die Schlüssel, und kommen Sie.«
    »Muß ich auch mitkommen?«
    »Ja. Wenn wir auf weitere
selbsternannte Wachtposten stoßen, ist es mir lieber, sie schlagen Sie nieder
als mich.«
    Den Mann, der vielleicht Ben Cadwalls
Mörder war, zu einer Untersuchung der Stelle mitzuschleppen, wo das Opfer
gestorben war, schien kein brillanter Einfall, aber Shandy funktionierte nicht
mehr nach den Regeln der Vernunft. Außerdem waren Killerhunde so lange keine
Killer, wie der Hirte ein Auge auf sie hielt. Es hatte auch keinen Sinn, ihn
frei herumlaufen zu lassen.
    Shandy wiederholte seinen Befehl.
Grimble machte noch eine Bemerkung und holte die Schlüssel. Gemeinsam, aber
schweigend pflügten die beiden Männer durch den Sturm zu dem alten roten
Backsteingeviert, aus dem Dr. Cadwalls starrer Körper vor ziemlich genau zwölf
Stunden entfernt worden war. Erst, als er tatsächlich das Büro aufschloß,
stellte Grimble die unvermeidliche Frage: »Was wollen Sie eigentlich hier?«
    »Beweismaterial«, sagte Shandy.
    »Was für Beweismaterial? Sie haben Mrs.
Cadwall schon mit dem Gift erwischt. Morgen soll Anklage erhoben werden.«
    »Ich weiß. Deswegen muß ich heute hier
herein.«
    »Oh, Christus am Krückstock!«
    Der Wachdienstchef stöhnte und warf
sich in den Stuhl der Sekretärin. Shandy schaltete das Licht an, schloß die Tür
hinter sich und stand grübelnd da. Jetzt, da er sich Einlaß verschafft hatte,
fühlte sich sein Gehirn so betäubt an wie sein überanstrengter Körper. Grimbles
Frage traf zu. Was wollte er hier?
    Vor allem wollte er sich in Bens bequem
gepolsterten Drehstuhl fallen lassen und ein Nickerchen machen. Bei genauerer
Betrachtung allerdings wollte er nicht. Dieses wachsgelbe Gesicht, jene halb
geöffneten, starren Augen standen noch zu deutlich vor seinem geistigen Auge.
Er schob den Stuhl beiseite und kniete sich vor den Schreibtisch.
    Die Polizei hatte die Schubladen
verschlossen und den Schlüssel vermutlich mitgenommen, aber Shandy

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