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Schlaf süß im tiefen Grabe: Kriminalroman (German Edition)

Schlaf süß im tiefen Grabe: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Schlaf süß im tiefen Grabe: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Holtkötter
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ein halbes Leben.
    Ein Auto fuhr auf den unbefestigten Hang. Es war ein halb verrosteter VW Passat. Zunächst begriff Sanna nicht, doch dann erkannte sie den jungen Mann hinterm Steuer: Er war es, der telefoniert hatte. Ein Missverständnis. Er hatte gar keinen Notarzt gerufen. Er hatte stattdessen ein Auto organisiert, damit er Jannis ins Krankenhaus fahren konnte. Der Junge grinste triumphierend. Sanna wurde übel. Wieder verrannen wertvolle Minuten. Sie versank immer tiefer im Treibsand. Jannis brauchte Hilfe, und sie schaffte es nicht, das Richtige zu tun. Ihr lief die Zeit davon.
    Es dauerte ewig, bis der zuckende und um sich schlagende Jannis samt Schwester auf die Rückbank verfrachtet wurde.
    »Los! Fahr schon! Beeil dich!«
    Das brauchte sie nicht zu übersetzen. Der Junge trat aufs Gas, die Reifen quietschten, Staub wirbelte auf, und sie schossen auf die Straße.
    Es war nicht weit bis zur nächsten Stadt, und Jannis’ Zuckungen wurden schwächer. Sanna konnte ihn jetzt ein wenig zurechtrücken. Doch sein Gesicht lief blau an. Bekam er überhaupt genügend Sauerstoff? Sanna legte sanft ihre Arme um ihn. Jenseits der Fenster ragten Häuserfronten in den blauen Himmel. Sie waren gleich da, nicht mehr lange. Eine Träne rann über ihre Wange. Halte durch, Jannis.
    Sie dachte an sein Lächeln. An das Aufleuchten seiner Augen, immer, wenn er sie erblickte. Wie oft würden sie sich noch sehen, wenn Jannis erst in Hamburg wäre?
    Der Wagen holperte über einen Bordstein, dann war da die Notaufnahme. Der Junge lief wie ein aufgescheuchtes Huhn zum Eingang. Kurz darauf tauchten Männer auf, fliegende Kittel, die Tür wurde aufgerissen, ein Notarzt beugte sich herein.
    Sanna bewegte sich nicht. Blieb einfach sitzen. Jannis hielt sie sacht in ihren Armen. Der Mann sah zu Jannis, dann zu Sanna. Er nahm Jannis’ Kopf vorsichtig in die Hände, beinahe zärtlich. Sein Blick war ruhig und traurig. Schließlich fragte er Sanna in gebrochenem Deutsch: »Wie lange ist er schon tot?«
    Sie antwortete nicht. Die Sonne stand tief und blendete sie. Es wurde Abend, und morgen ging es zurück nach Deutschland. Dann war der Urlaub zu Ende, so wie geplant. Und ihr altes Leben war vorbei.

1
    Wolkenschleier zogen an der Fensterfront des Hochhauses vorbei. Ein trüber grauer Tag, der alles in ein fahles Licht tauchte. Sanna stand von der Matte auf und trat ans Fenster. Unter ihr lag die regennasse Stadt. Etwas entfernt der Fernsehturm, der in den tief hängenden Wolken verschwand.
    Sie wandte sich ihrer Schülerin zu. Dani Simons, die berühmte Schauspielerin. »Schön weitermachen«, sagte Sanna. »Beim Ausatmen die Beine strecken. Und halten.«
    So schrecklich dieses versnobte Fitnessstudio mit seinem Luxusambiente auch sein mochte, die Aussicht war großartig. Das wäre wohl das Einzige, was Sanna an diesem Job vermissen würde. Ihre Schülerin wirkte unkonzentriert. Die Spannung wich aus ihrem Körper.
    »Den Atem fließen lassen«, sagte Sanna, »spüre die Luft unter der Lendenwirbelsäule.«
    Doch Dani Simons ließ die Beine auf die Matte plumpsen und drehte sich zur Seite. Sanna kannte das schon. Die Stunde war also vorzeitig beendet.
    »Ach, Sanna«, sagte Dani und schenkte ihr das strahlende Bühnenlächeln, das die Menschen überall in ihren Bann zog. Sanna kannte sie jedoch inzwischen gut genug, um die Unsicherheit dahinter zu erkennen. Dani Simons fühlte sich nicht wohl unter Menschen. Sie suchte immer nach einer passenden Rolle, in die sie schlüpfen konnte, um zu gefallen.
    »Musst du denn wirklich gehen?«, fragte sie. »Was soll ich nur ohne dich tun?«
    »Roy wird dir gefallen. Er ist ein großartiger Lehrer.«
    Ein Wunder, dass er Dani nicht von Anfang an betreut hatte. Der große Pilates-Guru aus den USA . Die gesamte Berliner Prominenz stand bei ihm Schlange. Nur Dani Simons hatte sich für Sanna entschieden, weshalb auch immer. Es war eine kleine Sensation gewesen, die sich rasend schnell rumgesprochen hatte, und am nächsten Morgen hatte Roy Sanna an der Fitnesstheke abgefangen und sie waren plötzlich die allerbesten Freunde gewesen. Roy, der es davor nicht einmal für nötig gehalten hatte, Sanna überhaupt nur zu grüßen.
    »Lieber würde ich dich als Trainerin behalten«, sagte Dani. »Wir verstehen uns doch so gut.«
    Sanna betrachtete sie. Dani Simons war im Grunde ganz nett, da gab es viel Schlimmere, gerade unter den Schauspielern. Sie war einfach unsicher im Umgang mit Menschen und sehnte sich nach

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