Schlaf süß im tiefen Grabe: Kriminalroman (German Edition)
soweit Böttger das erkennen konnte, brannte im Innern Licht. Auf der Wiese hinter dem Wohnwagen standen Autowracks im wuchernden Gras. Ausgeschlachtete Gerippe, die starr vor sich hin rosteten. Überall lag Müll herum. Die ganze Anlage machte einen ziemlich heruntergekommenen Eindruck. Zudem war das Gelände von einem meterhohen Metallzaun umgeben. Am Ende des Schotterwegs war eine Eisentür im Zaun eingefasst. Dort befand sich der Briefkasten und eine Türklingel. Verbotsschilder prangten überall. Fremde schienen hier nicht willkommen.
»Sieht nicht gerade einladend aus, da unten«, kommentierte Böttger. Er nickte den anderen zu. »Also gut, dann wollen wir mal.«
Sie machten sich schweigend auf den Weg. Böttger hatte während der Autofahrt mit dem Präsidium telefoniert. Über die Freisprechanlage hatte Harald ihn mit den nötigen Informationen versorgt. Das meiste davon hatte er sich merken können.
»Drei Erwachsene leben auf dem Hof«, hatte Harald gesagt. »Da ist zum einen Wolfgang Blank, der Hofbesitzer, dreiundsechzig. Er ist Frührentner und schon seit ein paar Jahren im Ruhestand. Hat in einem Gärtnereibetrieb in Marienbüren gearbeitet. Es gab mal ein paar Sachen wegen Körperverletzung, aber das liegt weit zurück.
Dann gibt es noch seinen Sohn, Volker Blank, der ist einundvierzig. Staplerfahrer bei einem Küchenhersteller in Paderborn. Auch er hat ein paar Gewaltdelikte auf dem Konto und einen Wohnungseinbruch. Aber das liegt zehn Jahre zurück. Seitdem hat er sich nichts mehr zuschulden kommen lassen. Er ist geschieden, seine Frau lebt in Süddeutschland.
Ja, und dann ist da noch seine Freundin, Beate Heitbrink, vierunddreißig. Die kommt aus Herford. Keine Ahnung, wie lange die beiden schon ein Paar sind, gemeldet ist sie hier seit vier Jahren. Sie ist arbeitslos, bezieht aber weder Arbeitslosengeld noch Hartz IV . Überhaupt beziehen die Leute keine Sozialleistungen, gar nichts, obwohl die bestimmt Anspruch hätten. Laut Steuererklärung leben sie nur von Volker Blanks kleinem Gehalt und der mickrigen Rente seines Vaters. Das reicht eigentlich vorne und hinten nicht.«
»Also gut. Sonst noch was?«
»Ja, einer fehlt noch. Es gibt noch einen Jungen. Jakob Blank. Der siebzehnjährige Sohn von Volker. Der stammt aus der gescheiterten Ehe. Aber den wirst du wohl nicht antreffen.«
»Lebt der bei seiner Mutter in Süddeutschland?«
»Nein, nein. Die haben gar keinen Kontakt. Der Junge war in einer geschlossenen psychiatrischen Anstalt in Bielefeld untergebracht. Offenbar ist mit dem einiges nicht in Ordnung. Er soll gefährlich sein.«
» War ? Ist er da nicht mehr?«
»Er ist abgehauen. Wie er das gemacht hat, kann ich nicht sagen. Aber er hat es geschafft, von da zu türmen. Und anschließend unterzutauchen.«
»Seit wann ist er denn verschwunden?«
»Der Ausbruch war letzte Woche Freitag.«
»Der Tag des Erdrutsches.«
»Ganz genau. Seltsam, oder?«
»Ist jemand zu der Klinik gefahren, um mit den Ärzten zu sprechen?«
»Der Pohl und die Bracksiek haben sich auf den Weg gemacht. In ein oder zwei Stunden sind die wieder hier, schätze ich mal.«
»Gut. Dann warten wir so lange.«
Ein seltsamer Zufall. Wenn es denn einer war. Falls Böttger mit seiner Vermutung richtiglag, und das tote Kind stammte von diesem Hof, wäre es wahrscheinlich die Halbschwester von diesem Jugendlichen. Das könnte unter Umständen wichtig sein. Er fragte sich, ob Jakob in der Klinik von dem Leichenfund erfahren haben könnte. Vielleicht war er deshalb abgehauen.
Die Schulte stampfte breitbeinig über den Schotterweg voran. Sie achtete nicht weiter auf die Kollegen und fixierte jedes Detail jenseits des Eisenzauns. Böttger und Heinrichs setzten sich ebenfalls in Bewegung. Sie folgten ihr den Weg hinab.
Heinrichs schien auf der abschüssigen Straße Mühe zu haben, seinen massigen Körper unter Kontrolle zu halten. Er wirkte, als könnte er jeden Moment vornüberkippen. Mit angestrengtem Gesicht achtete er genau darauf, wohin er trat. Nicht lange, und er war schon außer Atem.
Böttger blieb stehen und lächelte. »Kennen Sie eigentlich den Jungen?«, fragte er. »Diesen Jakob Blank?«
Heinrichs stemmte sich die Hand in die Hüfte und holte Luft. »Das kann man wohl sagen«, keuchte er. »Mit dem hab ich schon ein paarmal zu tun gehabt.«
»Was war denn? Gab es Ärger?«
»Ladendiebstahl. Ruhestörung. Vandalismus. Probleme in der Schule. Das Übliche. Ein paarmal habe ich ihn mit dem
Weitere Kostenlose Bücher