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Schlaf süß im tiefen Grabe: Kriminalroman (German Edition)

Schlaf süß im tiefen Grabe: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Schlaf süß im tiefen Grabe: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Holtkötter
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Bielefeld abgehauen ist? Es heißt, er sei gefährlich.«
    »Ich weiß. Aber dass er gefährlich sein soll, das glaub ich nicht wirklich.« Sie wollte mit Tante Renate lieber nicht über dieses Thema sprechen. »Du, ich rufe eigentlich wegen dem Mädchen an. Du weißt schon, das Kind vom Hang. Ich dachte, vielleicht hast du schon was Neues gehört? Weiß man inzwischen, wer das Kind war?«
    »Nein, das nicht. Aber die Sache ist das Gesprächsthema Nummer eins. Zumindest in Marienbüren. Jeder, den ich getroffen habe, hat eine Theorie dazu. Einige meinen, es kommt aus Bielefeld. Aus Baumheide oder Stieghorst, du weißt schon, die Problemviertel. Andere glauben, es hat hier in Marienbüren gelebt. In einen Keller oder in ein Zimmer gesperrt, so wie bei diesem Fritzl in Österreich, der seine Tochter in ein Verließ gesperrt hatte.«
    »Und ist was dran an diesen Gerüchten?«
    »Ich glaube nicht. Ein paar Vögelchen haben mir aber gezwitschert, dass die Polizei auf einem Bauernhof außerhalb von Marienbüren war. Die haben da Fragen gestellt. Vielleicht kommt das Kind von dort. Das würde passen.«
    »Wieso würde das passen?«
    »Der Hof liegt total ab vom Schuss. Die Leute haben den Ruf, nicht besonders sozial zu sein. Keiner kommt mit denen aus. Die bleiben unter sich. Bekommen nie Besuch. Wenn das Kind bei einer Hausgeburt auf die Welt gekommen ist, dann wäre es unter Umständen gar nicht registriert. Dann wussten die Behörden nichts davon. Man würde es einfach verschwinden lassen können, ohne dass einem das auffällt. Dann ist es, als hätte es nie existiert.«
    Sanna spürte Unbehagen. »Aber geht das denn? Da müssen doch mal Leute sein. Das Jobcenter, das Jugendamt, ein Gerichtsvollzieher, oder … was weiß ich!«
    »Keiner von denen bezieht Sozialleistungen. Warum sollte da einer vom Amt rausfahren und nach dem Rechten sehen? Nein, Sanna. Theoretisch wäre das möglich: Da vegetiert ein Kind vor sich hin, ohne dass irgendeiner etwas weiß.«
    Eine beunruhigende Vorstellung. Sanna blickte hinaus auf den Kirchhof. Der Regen prasselte unvermindert auf das Kopfsteinpflaster. Sie wechselte das Thema.
    »Mein Vater will, dass ich nach Berlin zurückgehe.«
    »Du meinst, wegen dem Trubel hier?«
    »Glaub schon. Ich habe allerdings nicht selber mit ihm gesprochen. Er hat Vincent vorgeschickt, der war heute hier. Zum Glück ist er wieder weg.«
    »Ach komm. Vincent ist nicht verkehrt. Vielleicht bist du da etwas ungerecht?«
    Sie stieß ein unwilliges Brummen aus. »Jedenfalls hat mein Vater mir einen Job bei einer Einrichtung in Potsdam besorgt. Für Feldenkrais. Stell dir vor.«
    »Ist das etwas so Besonderes?«
    »Und ob. Er hat sich für meine Arbeit immer geschämt, weißt du das nicht? Da gab’s immer endlose Diskussionen. Papa meint, für andere Leute zu arbeiten, auf diese Art und Weise, das sei unter meiner Würde.«
    »Ich weiß nicht, Sanna. Vielleicht wünscht er sich nur, du wärst Sozialarbeiterin geworden. So wie ursprünglich geplant. Du hast doch die Ausbildung. Und es ist doch mal dein Traum gewesen, nicht wahr?«
    Tante Renate hatte recht, aber das war vor Kroatien gewesen. Zurück in Berlin hatte sie dann alles hingeworfen. Das Diplom war ihr egal gewesen, und den neuen Job hatte sie nicht angetreten. Die Schuldgefühle und die Angst zu versagen waren einfach zu groß gewesen. Sie hatte nicht mehr daran geglaubt, eine gute Sozialarbeiterin zu werden. Aus diesem Holz war sie nicht geschnitzt.
    Irgendwann hatte sie dann damit angefangen, Yoga zu machen. Um sich wieder zu bewegen. Sich selbst zu spüren. Zu atmen. Yoga hatte ihr dabei geholfen, in den Alltag zurückzufinden und das Leben ohne Jannis zu ertragen. Da war es ganz natürlich gewesen, selbst eine Ausbildung zu machen und später als Personal Trainer zu arbeiten.
    »Nein, da irrst du, Tante Renate. Papa fand ja schon, dass Sozialarbeit unter meinem Niveau ist. Diese Yoga-Sache, das war erst recht das Allerletzte. Da ist er regelmäßig durchgedreht.«
    »Hm. Wenn du mich fragst, sollte er da ein bisschen zurückhaltender sein. Sein Vater ist schließlich ein einfacher Maurer gewesen. Man sollte nicht meinen, dass er ein solcher Snob geworden ist.«
    »Deswegen war ich ja so überrascht, dass er mir diesen Job besorgt hat. Potsdam! Er will wohl, dass ich unbedingt Marienbüren verlasse. Verstehst du das?«
    Tante Renate fiel in Schweigen. Sanna runzelte die Stirn. »Bist du noch dran?«
    »Ähm, ja natürlich. Vielleicht geht es um das

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