Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schlafender Tiger. Großdruck.

Schlafender Tiger. Großdruck.

Titel: Schlafender Tiger. Großdruck. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosamunde Pilcher
Vom Netzwerk:
Sie ha­ben doch kei­ne Angst vor so ein biß­chen Re­gen, oder?“
    „Biß­chen Re­gen nen­nen Sie das?“
    Sei­ne Mie­ne war ei­sig, er ließ sich nicht zu ei­ner Ant­wort her­ab.
    „Kön­nen wir das Ver­deck nicht hoch­klap­pen?“
    Er leg­te die Gang­schal­tung ein, und sie fuh­ren mit ei­nem Satz los.
    „Das läßt sich schon seit zehn Jah­ren nicht mehr hoch­klap­pen“, rief er über den Mo­to­ren­lärm und den Sturm hin­weg. Die Flu­ten schie­nen ih­nen schon bis zu den Rad­kap­pen zu rei­chen, und Se­li­nas Fü­ße stan­den im Was­ser. Sie frag­te sich, ob sie an­fan­gen soll­te zu schöp­fen.
    „Wo­zu ist ein Ver­deck gut, wenn man es nicht hoch­klap­pen kann?“ frag­te sie.
    „Ach, hö­ren Sie schon auf zu quen­geln.“
    „Ich quen­gle nicht, aber...“
    Er be­schleu­nig­te das Tem­po der­ar­tig, daß sie vor Schreck ver­stumm­te. Sie ras­ten die Stra­ße ent­lang, schnit­ten mit quiet­schen­den Rei­fen die Kur­ven und spritz­ten Fon­tä­nen gel­ben Schlamms in die Luft. Das Meer lag blei­ern vor ih­nen, und die Gär­ten der rei­zen­den klei­nen Vil­len wa­ren be­reits vom Sturm ver­wüs­tet. Der Wind jag­te Blät­ter, Stroh und Pi­ni­en­na­deln durch die Luft. Als sie schließ­lich über den Hü­gel und die schma­le Stra­ße zur Ca­sa Bar­co her­un­ter­ka­men, wa­ren die Was­ser­mas­sen zu ei­nem rei­ßen­den Strom an­ge­schwol­len, so daß Se­li­na sich fühl­te wie auf ei­ner Wild­was­ser­fahrt.
    Die Flu­ten stürz­ten zu bei­den Sei­ten der Stu­fen hin­un­ter, die zum Ha­fen führ­ten, und auch der al­te Netz­schup­pen, der Ge­or­ge als Ga­ra­ge diente, stand un­ter Was­ser.
    Trotz­dem fuhr Ge­or­ge hin­ein und brach­te den Wa­gen einen Mil­li­me­ter vor der hin­te­ren Wand zum Ste­hen. Er schal­te­te den Mo­tor aus und sprang aus dem Au­to. „Kom­men Sie“, sag­te er, „stei­gen Sie aus und hel­fen Sie mir, die Tü­ren zu schlie­ßen.“
    Se­li­na hat­te zu­viel Angst, um zu wi­der­spre­chen. Sie wa­te­te durch zehn Zen­ti­me­ter ho­hes, eis­kal­tes, schmut­zi­ges Was­ser und half ihm, die schie­fen Tü­ren zu schlie­ßen. Schließ­lich hat­ten sie es ge­schafft. Sie lehn­ten sich mit ih­rem gan­zen Ge­wicht da­ge­gen, bis es Ge­or­ge ge­lang, mit bru­ta­ler Kraft den Rie­gel vor­zu­schie­ben. Er er­griff Se­li­nas Hand­ge­lenk, und wäh­rend sie zur Ca­sa Bar­co rann­ten, er­hell­te ein Blitz den dunklen Him­mel, ge­folgt von ei­nem Don­ner­schlag, der so nah klang, daß Se­li­na glaub­te, das Dach wür­de ein­bre­chen.
    Kaum wa­ren sie im Haus, lief Ge­or­ge auf die Ter­ras­se und müh­te sich mit den Fens­ter­lä­den ab, die in dem star­ken Wind Ge­fahr lie­fen, an der Haus­wand zu zer­schel­len. Von den Blu­men­töp­fen, die der Wind teils über die Brüs­tung, teils auf den Ter­ras­sen­bo­den ge­schleu­dert hat­te, wa­ren nur noch lehm­ver­schmier­te Scher­ben­hau­fen üb­rig.
    Als es Ge­or­ge schließ­lich ge­lun­gen war, die Fens­ter­lä­den und die Tü­ren zu schlie­ßen, wirk­te das Haus dun­kel und fremd. Er ver­such­te das Licht ein­zu­schal­ten, doch die Strom­ver­sor­gung war un­ter­bro­chen. Der Re­gen, der durch den Schorn­stein ge­kom­men war, hat­te das Feu­er ge­löscht, und der Brun­nen gab gur­geln­de Ge­räusche von sich, als wür­de er je­den Mo­ment über­lau­fen.
    „Wird uns auch nichts pas­sie­ren?“ frag­te Se­li­na ängst­lich.
    „Warum soll­te uns et­was pas­sie­ren?“
    „Ich fürch­te mich vor Don­ner.“ „Der kann Ih­nen nichts tun.“
    „Aber Blit­ze kön­nen es.“
    „Dann fürch­ten Sie sich lie­ber vor Blit­zen.“
    „Vor de­nen fürch­te ich mich auch.“
    Sie fand, daß er sich bei ihr ent­schul­di­gen müß­te, doch er zog le­dig­lich ei­ne durch­näß­te Zi­ga­ret­ten­schach­tel aus sei­ner Ta­sche, warf sie in den Ka­min und mach­te sich auf die Su­che nach ei­ner neu­en. In der Kü­che fand er schließ­lich ei­ne. Er zog ei­ne Zi­ga­ret­te her­aus, zün­de­te sie an und goß sich einen or­dent­li­chen Whis­ky ein. Nach­dem er das Glas ne­ben dem Brun­nen ab­ge­stellt hat­te, ließ er den Ei­mer hin­un­ter, zog ihn wie­der hoch und schüt­te­te sich mit ei­ner Ge­schick­lich­keit, die viel

Weitere Kostenlose Bücher