Schlafender Tiger. Großdruck.
hinauszufahren, um das Deck zu schrubben.
Als Fiesta in Cala Fuerte erschien, schenkte George ihr ein Freiexemplar mit der handgeschriebenen Widmung Für Juanita von George Dyer, in Liebe und Hochachtung. Es war ihr wertvollster Besitz nach dem Ehebett, das ihr von ihrer Großmutter vererbt worden war, und den Bettlaken aus Leinen, so schwer wie Leder, die sie selbst mit Stickereien verziert hatte. Sie sprach kein Englisch und konnte nicht lesen, doch das Buch bekam in ihrem Haus einen Ehrenplatz mit einem eigenen Zierdeckchen als Unterlage.
Juanita betrat niemals allein die Casa Barco, da sich das ihrer Meinung nach nicht schickte. Statt dessen saß sie draußen an der Wand, die Hände im Schoß und die Beine an den Knöcheln übereinandergeschlagen wie ein Mitglied des Königshauses, und wartete darauf, daß George ihr die Tür öffnete. Er sagte dann: „Buenos dias, Juanita., sie tauschten Höflichkeiten über das Wetter aus, und sie fragte ihn, wie der Señor geschlafen hatte. Er hatte nie den Grund für dieses seltsame Verhalten herausgefunden, fragte aber nicht danach. Vielleicht hatte es etwas damit zu tun, daß er keine Frau hatte.
Am Morgen nach dem Sturm wachte er um sieben Uhr auf. Er hatte doch auf dem Sofa geschlafen, weil er es nicht übers Herz gebracht hatte, das bequeme Bett für sich zu beanspruchen. Draußen herrschte Stille. Der Wind hatte sich gelegt, und als George aufstand, die Fensterläden öffnete und auf die Terrasse trat, empfing ihn ein klarer, wolkenloser Himmel. Die Luft roch süß und feucht nach dem Regen, auch wenn das Wasser im Hafen von dem Sturm trübe war und die Spuren der Verwüstung beseitigt werden mußten. Er fing gleich damit an, indem er seine wackligen Terrassenmöbel, die der Sturm umgeweht hatte, wieder aufstellte und eine Wasserpfütze vom Tisch wischte. Dann ging er zurück ins Haus, zündete sich eine Zigarette an und beschloß, Tee zu machen. Es war jedoch kein Wasser im Kessel, und er hatte Angst, Selina zu wecken, wenn er den Eimer in den Brunnen hinabließ.
Da die Hose und der Pullover, die er am Abend zuvor getragen hatte, für das, was er vorhatte, unpraktisch waren, stieg er zur Galerie hinauf. Selina schlief immer noch wie ein kleines Kind; in seinem Pyjama und dem riesigen Bett wirkte sie sehr jung und ein wenig verloren. So leise wie möglich griff er nach der erstbesten Hose und dem erstbesten Hemd und stieg die Leiter wieder hinunter. Er duschte - das Wasser war eisig nach dem Sturm -, zog sich an und öffnete die Tür für Juanita. Sie war noch nicht da, doch wenn die Tür offenstand, würde sie hereinkommen und ihm sein Frühstück machen. Dann ging er über die Terrasse die Stufen hinunter zum Schiffsanleger, stieg ins Dinghi und ruderte zur Eclipse hinaus.
Das Boot schien den Sturm heil überstanden zu haben. Er überprüfte die Taue, bevor er an Bord ging. Zum Glück hatte er vorsorglich die Persenning über dem Bootsdeck besonders gut befestigt, so daß es relativ trocken geblieben war, auch wenn die Persenning selbst vor Nässe tropfte. Er löste einige der strammgezogenen Falleinen und ging unter Deck, um sich zu vergewissern, daß die vorderen Luken kein Wasser durchgelassen hatten. Beruhigt kehrte er an Deck zurück, setzte sich auf den Lukenrand und zündete sich eine Zigarette an.
Es würde ein sehr warmer Tag werden. Schon stieg Dampf von den nassen Decksplanken und der Persenning auf, die er zum Trocknen ausgebreitet hatte. Die Luft war so klar, daß man bis tief ins Landesinnere, noch über das weit entfernte Kreuz von San Esteban hinaus sehen konnte. Es herrschte eine solche Stille, daß George jedes Wort verstand, als ein Fischer auf seinem Boot leise etwas zu seinem Begleiter sagte. Das
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