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Schlafender Tiger. Großdruck.

Schlafender Tiger. Großdruck.

Titel: Schlafender Tiger. Großdruck. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosamunde Pilcher
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schüt­tel­te sie, und als sie die Au­gen öff­ne­te, saß Ge­or­ge Dyer auf dem Bett­rand. „Zeit auf­zu­ste­hen“, wie­der­hol­te er.
    „Hmmm?“ Die Kat­ze lag noch an ih­rem Platz, an­ge­nehm warm und schwer. Se­li­na zwang sich, die Au­gen of­fen­zu­hal­ten, und sah einen wü­ten­den Ge­or­ge in ei­nem blau­en Baum­woll­hemd auf sie her­un­ter­star­ren. Ihr Mut sank. Die ers­ten Mi­nu­ten nach dem Auf­wa­chen wa­ren nicht ih­re bes­te Zeit.
    „Es ist Zeit, daß Sie auf­ste­hen.“
    „Wie spät ist es?“
    „Ich sag­te es be­reits. Fast elf. Ich muß mit Ih­nen re­den.“
    „Oh.“ Sie setz­te sich auf und such­te nach den Kis­sen, die ver­schwun­den wa­ren. Ge­or­ge bück­te sich, um sie vom Bo­den auf­zu­he­ben, und stopf­te sie ihr in den Rücken. „Al­so, hö­ren Sie zu“, sag­te er. „Ich war bei Ro­dol­fo...“
    „Ist er noch bö­se?“
    „Nein, das ist er nicht. Nicht mehr. Ver­ste­hen Sie, Ro­dol­fo, und so­mit das ge­sam­te Dorf, glaubt, daß Sie wirk­lich mei­ne Toch­ter sind. Sie wis­sen, warum al­le das glau­ben, nicht wahr? Weil Ihr be­trun­ke­ner Ta­xi­fah­rer, der Teu­fel soll ihn ho­len, es ih­nen er­zählt hat.“
    „Oh“, sag­te Se­li­na.
    „Ja, oh! Ha­ben Sie dem Ta­xi­fah­rer er­zählt, ich wä­re Ihr Va­ter?“
    „Ja“, gab sie zu.
    „Warum, um Him­mels wil­len?“
    „Das muß­te ich, da­mit er mich hier­her­bringt. Ich ha­be ge­sagt, mein Va­ter wer­de ihm das Fahr­geld be­zah­len, weil es das ein­zi­ge war, wo­mit ich ihn über­zeu­gen konn­te.“
    „Da­zu hat­ten Sie kein Recht. Un­schul­di­ge Men­schen mit hin­ein­zu­zie­hen ...“
    „Zum Bei­spiel Sie?“
    „Ja, mich. Jetzt ste­cke ich bis zum Hals in der Sa­che.“
    „Ich hät­te nie ge­dacht, daß er al­len Leu­ten im Dorf da­von er­zäh­len wür­de.“
    „Das hat er auch nicht. Er hat es Ro­si­ta er­zählt, dem Mäd­chen, das in Ro­dol­fos Bar ar­bei­tet. Und Ro­si­ta hat es To­meu er­zählt. Und To­meu sei­ner Mut­ter. Und Ma­ria ist die of­fi­zi­el­le Emp­fangs- und Über­tra­gungs­sta­ti­on auf die­sem Teil der In­sel.“
    „Ver­ste­he“, sag­te Se­li­na. „Es tut mir leid. Aber kön­nen wir ih­nen nicht ein­fach die Wahr­heit sa­gen?“
    „Nicht jetzt.“
    „Und warum nicht?“
    „Weil die Leu­te hier...“ er wähl­te sei­ne Wor­te sorg­fäl­tig aus, „einen sehr stren­gen Mo­ral­ko­dex ha­ben.“
    „Warum ha­ben Sie mich dann letz­te Nacht hier­be­hal­ten?“
    „We­gen des Sturms“, er­wi­der­te er auf­ge­bracht. „We­gen des Streits mit Ro­dol­fo. Weil es kei­ne Al­ter­na­ti­ve gab.“
    „Und Sie ha­ben ge­sagt, ich wä­re Ih­re Toch­ter?“
    „Ich ha­be es zu­min­dest nicht ab­ge­strit­ten.“
    „Sie sind viel zu jung. Das ha­ben wir doch ges­tern abend fest­ge­stellt.“
    „Das darf nie­mand er­fah­ren.“
    „Es ist aber nicht wahr.“
    „Das war es auch nicht, als Sie es dem Ta­xi­fah­rer er­zähl­ten.“
    „Nein, aber das wuß­te ich da noch nicht.“
    „Wäh­rend ich es weiß, wol­len Sie da­mit sa­gen? Nun, es tut mir leid, wenn das Ih­re mo­ra­li­schen Prin­zi­pi­en ver­letzt, aber die­se Men­schen sind mei­ne Freun­de, und ich möch­te sie nicht ent­täu­schen. Nicht daß sie vie­le Il­lu­sio­nen ha­ben, was mich be­trifft, doch zu­min­dest hal­ten sie mich nicht für einen Lüg­ner.“
    Sie sah im­mer noch be­un­ru­higt aus, und so wech­sel­te er das The­ma. „Al­so, und nun zum Geld. Sie sag­ten, wir könn­ten Ih­rer Bank te­le­gra­fie­ren...“
    „Ja.“
    „Aber nicht von Ca­la Fu­er­te aus. Wir müs­sen da­zu nach San An­to­nio fah­ren. Ent­we­der wir schi­cken das Te­le­gramm di­rekt an Ih­re Bank, oder, der Ge­dan­ke kam mir auf dem Heim­weg, wir set­zen uns mit Ih­rem An­walt in Ver­bin­dung...“
    „O nein“, wehr­te Se­li­na mit sol­cher Ve­he­menz ab, dass Ge­or­ge über­rascht die Au­gen­brau­en hob.
    „Warum nicht?“
    „Las­sen Sie uns ein­fach der Bank te­le­gra­fie­ren.“
    „Aber Ihr An­walt wä­re in der La­ge, das Geld viel schnel­ler her­zu­schi­cken.“
    „Ich möch­te Rod­ney nicht te­le­gra­fie­ren.“
    „Mö­gen Sie ihn nicht?“
    „Das ist es nicht. Nur... Al­so, er hielt die gan­ze Ge­schich­te

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