Schlafender Tiger. Großdruck.
hierherzukommen, um meinen Vater zu finden, für verrückt.“
„So, wie die Dinge sich entwickelt haben, hatte er nicht ganz unrecht.“
„Ich möchte nicht, daß er erfährt, was für ein Fiasko es geworden ist. Bitte - versuchen Sie, mich zu verstehen.“
„Nun, sicher verstehe ich Sie, aber wenn es doch bedeuten würde, daß das Geld schneller hier wäre ...“
Sie schüttelte den Kopf, und George, der plötzlich von der ganzen Geschichte genug hatte, gab es auf, sie überzeugen zu wollen. „Also gut. Es ist Ihr Geld und Ihre Zeit. Und Ihr guter Ruf.“
Selina ignorierte die Bemerkung. „Wollen Sie heute nach San Antonio fahren?“
„Sobald Sie aufgestanden und angezogen sind. Haben Sie Hunger?“
„Nicht besonders.“
„Wie wär's mit einer Tasse Kaffee?“
„Wenn noch welcher da ist.“ „Ich mache Ihnen einen.“
Er war bereits die halbe Leiter hinuntergestiegen, als sie nach ihm rief.
„Mr. Dyer...“
Er blieb stehen, und sie konnte nur seinen Oberkörper sehen.
„Ich habe nichts anzuziehen“, sagte sie.
„Ich rede mit Juanita.“
Er fand Juanita auf der Terrasse, wo sie bügelte, wobei die Bügelschnur aus dem offenen Fenster hing.
„Juanita?“
„Señor.“
„Die Sachen der Señorita , sind sie fertig?“
„Si, Señor .“ Sie strahlte, glücklich über ihre eigene Tüchtigkeit, und reichte ihm einen Stapel ordentlich gefalteter Kleidungsstücke. Er dankte ihr und ging ins Haus zurück, wo Selina gerade die Leiter von der Galerie herunterstieg. Sie trug immer noch seinen Pyjama und sah zerzaust und verschlafen aus. „Hier“, sagte er und reichte ihr den Kleiderstapel!
„Oh, wie wundervoll!“
„Nur ein Service des Hotels.“
„Wie schnell das ging. Ich hätte nie gedacht...“ Sie hielt inne. George runzelte die Stirn. Selina nahm ihr Kleid, das zuoberst auf dem Stapel gelegen hatte. Oder besser gesagt das, was davon übriggeblieben war. Juanita hatte die gute britische Wolle genauso behandelt wie den Rest der Wäsche. Mit heißem Wasser, harter Seife und vielem Schrubben. Selina hielt es auf Armeslänge von sich gestreckt. Es hätte vielleicht einer sehr kleinen Sechsjährigen gepaßt, und das einzige, woran man es überhaupt noch wiedererkannte, war das Etikett von „Fortnum and Mason“ auf der Innenseite des Kragens.
Lange Zeit sagten beide kein Wort. Schließlich brach George das Schweigen: "Es ist ein kleines braunes Kleid.“
„Sie hat es gewaschen!“ brach es aus Selina heraus. „Warum mußte sie es waschen? Das war gar nicht nötig, es war nur naß ...“
„Wenn irgend jemand schuld daran ist, dann ich. Ich habe Juanita gesagt, sie soll es waschen, und wenn ich Juanita etwas sage, dann tut sie es.“ Er begann zu lachen.
„Ich finde, da gibt es überhaupt nichts zu lachen. Für Sie ist es vielleicht komisch, aber was soll ich jetzt anziehen?“
„Was kann man denn da tun, außer zu lachen?“
„Ich könnte weinen.“
„Das würde nichts nützen.“
„Ich kann doch nicht den ganzen Tag im Pyjama herumlaufen.“
„Warum nicht? Er steht Ihnen.“
„Ich kann unmöglich im Pyjama nach San Antonio fahren.“
George amüsierte sich köstlich, bemühte sich aber trotzdem, vernünftig zu sein. „Wie wär's mit Ihrem Mantel?“
„Ich würde in der Hitze umkommen. Oh, warum müssen nur all diese furchtbaren, furchtbaren Dinge passieren?“
Er versuchte sie zu trösten. „Hören Sie...“
„Nein, ich werde nicht zuhören!“
Es war ein typisches Beispiel dafür, wie man grundlos ins Unrecht gesetzt wurde, wenn man mit einer Frau diskutierte, und George verlor die Geduld. „Also gut, dann hören Sie eben nicht zu. Legen Sie sich wieder ins Bett und weinen Sie für den Rest des Tages, aber vorher kommen Sie mit und helfen mir, ein Telegramm an Ihre Bank
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