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Schlafender Tiger. Großdruck.

Schlafender Tiger. Großdruck.

Titel: Schlafender Tiger. Großdruck. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosamunde Pilcher
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An­schein, in Ei­le zu sein, so gern er auch ste­hen­ge­blie­ben wä­re und sich über die­se glück­li­che Neu­ig­keit un­ter­hal­ten hät­te. Da­her war er schweiß­ge­ba­det und au­ßer Atem, als er schließ­lich in Ro­dol­fos Bar an­kam, und fühl­te sich, als sei er in ei­ne Fal­le ge­ra­ten. Schwer at­mend blieb er in der Tür mit dem Per­len­vor­hang ste­hen. „Ro­dol­fo, darf ich her­ein­kom­men?“
    Ro­dol­fo, der hin­ter der Bar da­bei war, Glä­ser zu put­zen, hielt in­ne, als er Ge­or­ge ent­deck­te. Ein Lä­cheln brei­te­te sich auf sei­nem Ge­sicht aus. „Ge­or­ge, mein Freund!“ Er stell­te das Glas, das er ge­ra­de ge­putzt hat­te, ab und kam mit aus­ge­brei­te­ten Ar­men auf Ge­or­ge zu, als wol­le er ihn um­ar­men.
    Ge­or­ge be­ob­ach­te­te ihn vol­ler Skep­sis. „Du wirst mich nicht schla­gen?“
    „Wenn über­haupt, dann soll­test du mich schla­gen. Aber ich hat­te ja kei­ne Ah­nung. Heu­te mor­gen erst hat Ro­si­ta mir er­zählt, daß die Seño­ri­ta dei­ne Toch­ter ist. Warum hast du mir das nicht ges­tern abend schon ge­sagt? Daß sie dein Kind ist. Ich wuß­te ja nicht ein­mal, daß du über­haupt ein Kind hast. Und da­zu noch ein so schö­nes...“
    „Ro­dol­fo, es ist ein Irr­tum...“
    „Und es ist al­les mei­ne Schuld. Was mußt du von ei­nem Mann hal­ten, der ei­nem al­ten Freund und sei­ner Toch­ter einen Ge­fal­len ver­wei­gert?“
    „Aber...“
    Ro­dol­fo hob ei­ne Hand. „Da­für gibt es kei­ne Ent­schul­di­gung. Sechs­hun­dert Pe­se­ten, nun gut“, er zuck­te mit den Schul­tern, „sie wach­sen nicht ge­ra­de an den Bäu­men, aber sie wer­den mich auch nicht rui­nie­ren.“
    „Ro­dol­fo ...“
    „Mein Freund, wenn du noch ein Wort sagst, muß ich an­neh­men, daß du mir nicht ver­zie­hen hast. Komm, wir wol­len einen Co­gnac zu­sam­men trin­ken...“
    Es war sinn­los. Er wei­ger­te sich zu­zu­hö­ren, und Ge­or­ge hat­te kei­ne Lust, es ihm mit Ge­walt bei­zu­brin­gen. „Ich möch­te lie­ber einen Kaf­fee“, sag­te er schwach. Wäh­rend Ro­dol­fo nach hin­ten ging und nach dem Kaf­fee rief, setz­te Ge­or­ge sich auf einen Bar­ho­cker und zün­de­te sich ei­ne Zi­ga­ret­te an. Als der Ho­te­lier zu­rück­kam, sag­te Ge­or­ge: „Du be­kommst dein Geld zu­rück. Wir kön­nen nach Lon­don te­le­gra­fie­ren...“
    „Da­zu mußt du nach San An­to­nio fah­ren.“
    „Nun, das ist nur recht und bil­lig. Wie lan­ge, glaubst du, wür­de es dau­ern, bis das Geld da ist?“
    Ro­dol­fo zuck­te mit den Schul­tern. „Zwei oder drei Ta­ge. Viel­leicht ei­ne Wo­che. Das ist ganz un­wich­tig. Ich kann wohl ei­ne Wo­che auf sechs­hun­dert Pe­se­ten war­ten.“
    „Du bist ein gu­ter Mensch, Ro­dol­fo.“
    „Aber ich bin jäh­zor­nig. Du weißt, daß ich jäh­zor­nig bin.“
    „Trotz­dem bist du ein gu­ter Mensch.“
    Ro­si­ta, der nicht be­wußt war, daß sie an dem gan­zen Pro­blem schuld war, brach­te den Kaf­fee. Wäh­rend Ge­or­ge ihr zu­sah, wie sie die win­zi­gen Tas­sen ab­stell­te, wur­de ihm klar, daß er sich mit sei­nem Be­trug nur noch mehr Schwie­rig­kei­ten auf­ge­halst hat­te. Denn jetzt gab es kei­nen Grund mehr, Ro­dol­fo um einen zwei­ten Ge­fal­len zu bit­ten. Wenn Se­li­na wirk­lich Ge­or­ges Toch­ter war, gab es kei­ner­lei An­laß da­für, sie im Ca­la Fu­er­te-Ho­tel ein­zu­quar­tie­ren.
     
    Es war Pearl, die Se­li­na weck­te. Sie war die gan­ze Nacht drau­ßen ge­we­sen, mü­de von der Jagd und brauch­te einen wei­chen Platz zum Schla­fen. Sie kam über die Ter­ras­se in die Ca­sa Bar­co, stieg laut­los die Lei­ter hin­auf und sprang auf das Bett. Se­li­na öff­ne­te die Au­gen und blick­te di­rekt in Pearls wei­ßes Ge­sicht mit den Schnurr­bart­haa­ren. Pearls Au­gen wa­ren ja­de­grün und die Pu­pil­len vor Zu­frie­den­heit zu Schlit­zen ver­engt. Sie trat sanft mit den Pfo­ten, bis sie sich ei­ne Mul­de ge­schaf­fen hat­te, schmieg­te ih­ren flau­schi­gen Kör­per an Se­li­nas und schlief so­fort ein.
    Se­li­na dreh­te sich auf die an­de­re Sei­te und tat das glei­che.
    Beim zwei­ten­mal wur­de sie et­was un­sanf­ter ge­weckt. „Los, Zeit zum Auf­ste­hen. Es ist elf Uhr. Los, auf­wa­chen.“ Je­mand

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