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Schlafender Tiger. Großdruck.

Schlafender Tiger. Großdruck.

Titel: Schlafender Tiger. Großdruck. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosamunde Pilcher
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sprach kein Wort Eng­lisch. Es dau­er­te end­los, bis er den Text ge­le­sen und die Wor­te ge­zählt hat­te, wo­bei er im­mer wie­der ir­gend­wel­che Dienst­vor­schrif­ten zu Ra­te zog. Schließ­lich stem­pel­te er das For­mu­lar und ver­lang­te fünf­und­neun­zig Pe­se­ten.
    Ge­or­ge gab ihm das Geld. „Wann wird es in Lon­don sein?“ frag­te er.
    Der Mann blick­te auf die Uhr. „Heu­te abend... viel­leicht.“
    „Sie wer­den es doch gleich los­schi­cken?“
    Der Mann mit der War­ze ließ sich nicht ein­mal zu ei­ner Ant­wort her­ab. „Der nächs­te, bit­te.“
    Ge­or­ge wuß­te, daß er sein mög­lichs­tes ver­sucht hat­te. Er ging nach drau­ßen, zün­de­te sich ei­ne wei­te­re Zi­ga­ret­te an und über­leg­te, was er als nächs­tes tun soll­te. Schließ­lich be­schloß er, zum Yacht­club zu ge­hen, um sei­ne Post ab­zu­ho­len. Für die kur­ze Stre­cke lohn­te es sich nicht, ins Au­to zu stei­gen, und so mach­te er sich zu Fuß auf den Weg.
    Die Men­schen­mas­sen weck­ten ge­ra­de­zu klaustro­pho­bi­sche Ge­füh­le in ihm. Er ging mit­ten auf der Stra­ße, wo­bei er im­mer wie­der dem brau­sen­den Ver­kehr aus­wich. Über ihm auf den klei­nen Bal­kons puls­te das Le­ben. Al­te, schwarz­ge­klei­de­te Frau­en sa­ßen dort mit ih­ren Sti­cke­rei­en und ge­nos­sen die Früh­lings­son­ne. Kin­der schau­ten durch die schmie­de­ei­ser­nen Stä­be der Brüs­tun­gen, an de­nen Wä­sche­lei­nen wie bun­te Fei­er­tags­fah­nen kreuz und quer über den Stra­ßen hin­gen. Über al­lem lag der ty­pi­sche Duft von San An­to­nio. Es roch nach Ab­wäs­sern und Fisch, nach Ze­dern­holz und Idea­les-Zi­ga­ret­ten, und der Wind trug die vie­len nicht iden­ti­fi­zier­ba­ren Ge­rü­che des Ha­fens her­ein.
    Ge­or­ge kam an ei­ne klei­ne Kreu­zung. Er blieb am Stra­ßen­rand ste­hen und war­te­te dar­auf, die Stra­ße über­que­ren zu kön­nen. Ein Krüp­pel ver­kauf­te in ei­ner Bu­de Lot­te­rie­lo­se, und an der Stra­ßen­e­cke be­merk­te Ge­or­ge ein Ge­schäft, das ge­stick­te Blu­sen, Baum­woll­klei­der, Strand­hü­te, Schu­he und Ba­de­an­zü­ge in der Aus­la­ge de­ko­riert hat­te.
    Ge­or­ge dach­te an Se­li­na. Er konn­te es kaum er­war­ten, sie ins nächs­te Flug­zeug nach Lon­don zu set­zen, um sie end­lich los­zu­wer­den, aber oh­ne et­was zum Anie­hen wür­de sie nicht rei­sen kön­nen. Viel­leicht soll­te er ihr ein Kleid kau­fen. Doch noch wäh­rend er den La­den be­trat, hat­te er ei­ne viel lus­ti­ge­re Idee.
    „Bue­nos di­as, Se­nor“, be­grüß­te ihn ei­ne rot­haa­ri­ge Frau und trat hin­ter ih­rem schma­len Glast­re­sen her­vor.
    „Bue­nos di­as“, er­wi­der­te Ge­or­ge und sag­te ihr, was er woll­te.
    Fünf Mi­nu­ten spä­ter trat er mit ei­nem sorg­fäl­tig in ro­sa­weiß­ge­streif­tes Pa­pier ein­ge­schla­ge­nen Päck­chen un­ter dem Arm wie­der auf die Stra­ße. Er amü­sier­te sich im­mer noch kö­nig­lich, als ihn plötz­lich ei­ne durch­drin­gen­de Au­to­hu­pe aus sei­nen Ge­dan­ken riß. Flu­chend trat er bei­sei­te. Die lan­ge schwar­ze Küh­ler­hau­be ei­nes Ci­tro­en streif­te ihn von hin­ten und hielt ne­ben ihm.
    „Na­nu“, sag­te ei­ne be­kann­te Stim­me. „Sieh mal an, wer sich da in die Stadt ver­irrt hat.“
    Es war Fran­ces. Sie saß in ih­rem of­fe­nen Wa­gen und sah so­wohl über­rascht als auch er­freut aus. Sie trug ei­ne Son­nen­bril­le, einen Män­ner­stroh­hut und ein ver­bli­che­nes ro­sa Hemd. „Steig ein“, sag­te sie und öff­ne­te die Bei­fah­rer­tür. „Ich neh­me dich ein Stück mit.“
    Er setz­te sich ne­ben sie. Das Le­der­pols­ter war so heiß, daß er das Ge­fühl hat­te, ge­rös­tet zu wer­den, aber kaum hat­te er die Tür ge­schlos­sen, fuhr Fran­ces schon wei­ter, wo­bei sie sich vor­sich­tig einen Weg durch die Men­schen­mas­sen bahn­te.
    „Ich hat­te nicht er­war­tet, dich so bald wie­der­zu­se­hen“, sag­te sie.
    „Ich hat­te auch nicht vor her­zu­kom­men.“
    „Wie lan­ge bist du schon da?“
    „Un­ge­fähr ei­ne hal­be Stun­de. Ich muß­te ein Te­le­gramm auf­ge­ben.“
    Fran­ces sag­te nichts. Ei­ne Grup­pe von Fuß­gän­gern ver­sperr­te ih­nen den

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