Schlafender Tiger. Großdruck.
ein großer Erfolg“, fügte sie hinzu.
„Oh, sicher“, sagte Frances, als sei das Thema damit erledigt.
„Halten Sie es nicht für gut?“
„O doch. Es ist spritzig und originell.“ Sie nahm einen langen Zug von ihrer Zigarette und ließ die Asche auf den Terrassenboden fallen. „Aber er wird kein zweites schreiben.“
Selina runzelte die Stirn. „Wieso sagen Sie das?“
„Weil ich nicht glaube, daß er die Selbstdisziplin dazu aufbringt.“
„Irgend jemand hat ihm gesagt, er leide an einer Schreibhemmung.“
Frances lachte. „Hör mal, Schätzchen, das war ich, die ihm das gesagt hat.“
„Wenn Sie glauben, er wäre unfähig, ein zweites Buch zu schreiben, warum haben Sie ihm dann gesagt, er würde unter einer Schreibhemmung leiden?“
„Weil er deprimiert war und ich ihn aufheitern wollte. George hat es nicht nötig zu schreiben. Er hat genug Geld, und die ganze Anstrengung, ein Buch zu schreiben, ist die Mühe einfach nicht wert.“
„Aber er muß noch ein Buch schreiben.“
„Warum?“
„Weil er es versprochen hat. Weil der Verleger es erwartet. Weil er selbst es tun möchte.“
„Das ist alles nur dummes Gerede.“
„Wollen Sie denn nicht, daß er weiterschreibt?“
„Was ich will oder nicht will, ist völlig unwichtig. Ich sage nur, was ich denke. Sieh mal, Schätzchen, ich leite eine Kunstgalerie. Ich habe die ganze Zeit mit solchen spleenigen, launenhaften Künstlern zu tun. Ich glaube einfach nicht, daß George ein kreativer Künstler ist.“
„Aber wenn er nicht schreibt, was wird er dann tun?“
„Was er getan hat, bevor er Fiesta in Cala Fuerte geschrieben hat. Nichts. Es ist leicht, auf San Antonio nichts zu tun, zu allem manana zu sagen.“ Sie lächelte. „Schauen Sie nicht so schockiert. George und ich sind doppelt so alt wie Sie, und mit vierzig bekommen einige Ihrer Illusionen und Träume vom Glück ein paar Kratzer. Das Leben muß nicht mehr so wahrhaftig und ernsthaft sein wie mit achtzehn... oder wie alt Sie auch sein mögen...“
„Ich bin zwanzig“, sagte Selina. Ihre Stimme klang plötzlich kühl, was Frances schadenfroh registrierte. Sie lag da und beobachtete das Mädchen ganz gelassen, ohne jede Angst, denn Selina würde abreisen; in einer halben Stunde würde sie auf dem Weg zum Flughafen sein und nach London zurückkehren, zurück zu ihrem Leben in Queen's Gate.
Das Geräusch des Citroen unterbrach die unbehagliche Stille, gefolgt von dem weniger eleganten Knattern von Pepes altem Auto. Selina stand auf. „Da kommt das Taxi.“
„Wunderbar.“ Frances drückte ihre Zigarette auf dem Fußboden aus. „Hier haben Sie das Geld.“
Selina brachte es kaum über sich, das Geld anzunehmen, doch es wurde bereits in ihre Hand gezählt, als George zu ihnen auf die Terrasse trat. Ihm war die Situation offenbar genauso unangenehm wie Selina. Er bemerkte, daß Selina in London englisches Geld brauchen würde, worauf Frances einen American-Express-Scheck ausfüllte und ihn Selina ebenfalls überreichte.
„Den können Sie am Flughafen einlösen.“
„Das ist sehr freundlich von Ihnen.“
„Ist mir ein Vergnügen“, sagte Frances. „Vergessen Sie's.“
„Ich... ich werde dafür sorgen, daß Sie alles zurückbekommen ...“
„Ja, sicher werden Sie das.“
„Wo ist Ihre Tasche?“ fragte George.
„Drinnen.“
George holte die Tasche, dann nahm er Selina das Geld ab und verstaute es in einem der Innenfächer.
„Verlieren Sie es nicht noch einmal“, sagte er. „Ich könnte die Aufregungen nicht ertragen.“ Es sollte ein Scherz sein, doch er bereute die Bemerkung sofort, denn es klang, als könne er den Gedanken nicht ertragen, sie wieder am Hals zu haben. Schnell fügte er hinzu: „Sie haben Ihren Paß?“ Sie nickte. „Sind Sie sicher?“
„Ja,
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