Schlafender Tiger. Großdruck.
Baden.“
„Dann gehen Sie und ziehen sich was an.“ „Aber zuerst muß ich Ihnen etwas sagen...“
„Das kann warten. Nun laufen Sie schon.“
George trat auf die Terrasse und wartete auf sie. Er zündete sich eine Zigarette an. Rodney Ackland war fort, fort aus der Casa Barco, fort aus Selinas Leben. Genauso wie Jenny fort war, ihr Gespenst verbannt, die unglückliche Affäre für immer aus seinen Gedanken vertrieben - einfach dadurch, daß er Selina von ihr erzählt hatte. Jenny und Rodney gehörten beide der Vergangenheit an, die Gegenwart war gut und richtig, und die Zukunft barg so viele Hoffnungen und frohe Überraschungen wie ein Weihnachtspaket.
Im Garten unter ihm legte Juanita Laken zusammen. Sie summte immer noch fröhlich vor sich hin und hatte offenbar keine Ahnung von dem Drama, das sich abgespielt hatte, während sie sich um die Wäsche kümmerte. Eine Welle der Zuneigung erfaßte ihn. Niemand wußte besser als er selbst, daß der Weg zur Hölle immer mit guten Vorsätzen gepflastert war, doch jetzt faßte er einen Entschluß: Wenn das neue Buch veröffentlicht war, würde er ihr nicht nur ein Freiexemplar für ihr Spitzendeckchen schenken, sondern etwas Größeres. Irgend etwas, das sie sich sehr wünschte, aber niemals leisten konnte. Ein Seidenkleid, ein Schmuckstück oder einen neuen Gasherd.
Als er Selinas Schritte hinter sich hörte, drehte er sich um. Sie trug ein ärmelloses, apricotfarbenes Leinenkleid und Sandalen mit kleinen Absätzen, in denen sie fast so groß war wie er. Es erstaunte ihn, daß er so lange gebraucht hatte, um zu erkennen, daß sie eine Schönheit war. „Dies ist das erste Mal, daß ich Sie anständig angezogen sehe“, sagte er. „Ich bin froh, daß Sie Ihr Gepäck wiederhaben.“
Selina holte tief Luft. „George, ich muß mit Ihnen reden.“
„Worüber?“
„Über meinen Paß.“
„Was ist damit?“
„Nun, sehen Sie, ich habe ihn überhaupt nicht verloren.“
Er zuckte zusammen und runzelte die Stirn. „Nein?“
„Nein. Sehen Sie... also, gestern nachmittag, bevor ich mit Pepe wegfuhr... da hab ich ihn versteckt.“
„Selina!“ Er klang völlig entgeistert. „Wieso haben Sie etwas so Schreckliches getan?“
„Ich weiß, es war schrecklich, aber ich wollte nicht weg. Ich wollte Sie nicht mit Mrs. Dongen zurücklassen. Ich wußte, sie will nicht, daß Sie ein zweites Buch schreiben. Sie will, daß Sie nach Australien fahren oder in die Wüste Gobi oder wohin auch immer. Mit ihr zusammen. Und als ich in die Küche ging, um mir das Sodawasser aus dem Eisschrank zu holen, da...“ Sie schluckte. „Da habe ich meinen Paß im Brotkasten versteckt.“
„Wie konnten Sie nur so etwas tun!“
„Ja, ich weiß. Aber ich dachte nur an Sie, und was ich damit sagen will, ist, daß es jetzt keinen Grund mehr gibt, wieso ich nicht mit Rodney nach London zurückfliegen sollte. Ich meine, ich werde ihn natürlich nicht heiraten. Ich weiß jetzt, wie dumm es von mir war, auch nur zu denken, daß ich das könnte. Aber ich kann nicht ewig hierbleiben.“
Ihre Stimme versagte, doch George kam ihr kein bißchen zu Hilfe, sondern sah sie nur schweigend an.
„Das verstehen Sie doch, nicht wahr?“
„Oh, natürlich verstehe ich das.“ Er setzte die Miene eines Mannes auf, der alles für den Sieg der Gerechtigkeit opfern würde. „Deshalb müssen wir auch das Richtige tun.“
„Ja... ja. Das meine ich auch.“
„Nun“, fuhr er aufgeräumt fort und sah auf seine Uhr, „wenn Sie mit Rodney fliegen wollen, dann sollten Sie sich beeilen, sonst ist er mit seinem Taxi auf und davon, bevor Sie überhaupt das Cala Fuerte-Hotel erreicht haben...“
Während sie ihn ungläubig anstarrte, stand er auf, wischte sich den Kalk von den Jeans und saß im nächsten Moment wieder an seinem
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