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Schlafender Tiger. Großdruck.

Schlafender Tiger. Großdruck.

Titel: Schlafender Tiger. Großdruck. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosamunde Pilcher
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Ge­duld. „Ver­zei­hen Sie, Mr. Dyer, aber wir spre­chen of­fen­bar nicht die­sel­be Spra­che. Ich fin­de Ihr Be­neh­men un­er­träg­lich.“
    „Das tut mir leid.“
    „Neh­men Sie im­mer so we­nig Rück­sicht auf die ein­fachs­ten An­stands­re­geln?“
    „Ja, im­mer. Ich pfei­fe drauf.“
    Einen Mo­ment lang spiel­te Rod­ney mit dem Ge­dan­ken, Ge­or­ge einen Kinn­ha­ken zu ver­pas­sen, doch dann ent­schied er, die­ser Mann sei un­ter sei­ner Wür­de. Am bes­ten igno­ri­er­te man ihn. Er wand­te sich an Se­li­na. „Se­li­na...“ Sie zuck­te sicht­lich zu­sam­men. „Das al­les tut mir leid, aber ich hal­te dir zu­gu­te, daß du ge­glaubt hast, es wä­re nicht dei­ne Schuld. Ich bin be­reit, das al­les zu ver­ges­sen, aber wir müs­sen da­für sor­gen, daß nicht auch nur das ge­rings­te von dem, was hier ge­sche­hen ist, je­mals nach Lon­don dringt.“
    Se­li­na mus­ter­te ihn ernst. Sein Ge­sicht war weich und glatt ra­siert. Er schi­en kei­ne ein­zi­ge Fal­te zu ha­ben, und es war un­mög­lich sich vor­zu­stel­len, daß er äl­ter wur­de, ein er­fah­re­ner Mann, dem man an­sah, daß er ge­lebt hat­te. Er wür­de mit acht­zig im­mer noch so aus­se­hen wie jetzt, ge­nau­so un­per­sön­lich und glatt wie ein frisch­ge­bü­gel­tes Hemd.
    „Warum, Rod­ney?“ frag­te sie.
    „Ich... Ich möch­te nicht, daß Mr. Ar­thur­sto­ne da­von er­fährt.“
    Das war ei­ne der­art al­ber­ne Ant­wort, daß sie am liebs­ten ge­lacht hät­te. Mr. Ar­thur­sto­ne mit sei­ner Ar­thri­tis in den Kni­en, der sie zum Al­tar füh­ren wür­de... Was um Him­mels wil­len hat­te Mr. Ar­thur­sto­ne da­mit zu tun? „Und jetzt“, Rod­ney blick­te auf sei­ne Uhr, „wol­len wir kei­ne Zeit mehr ver­lie­ren. Zieh dir et­was an, und dann ge­hen wir.“
    Ge­or­ge zün­de­te sich ei­ne Zi­ga­ret­te an. Er mach­te das Streich­holz aus, nahm die Zi­ga­ret­te aus dem Mund und sag­te: „Sie kann nicht mit Ih­nen nach Lon­don kom­men. Sie hat ih­ren Paß ver­lo­ren.“
    „Sie hat was?“
    „Ih­ren Paß ver­lo­ren. Es ist ges­tern pas­siert. Äu­ßerst merk­wür­dig.“
    „Ist das wahr, Se­li­na?“
    „Oh. Ich... nun, ja...“
    Ge­or­ge ließ sie nicht wei­ter­re­den. „Na­tür­lich ist das wahr. Mein lie­ber Mr. Ack­land, Sie ha­ben ja kei­ne Ah­nung von den Ver­hält­nis­sen hier­zu­lan­de. Man wür­de Ih­nen das Gold aus den Zäh­nen steh­len, wenn man die Chan­ce hät­te.“
    „Aber dein Paß. Se­li­na, ist dir klar, wie ernst die Si­tua­ti­on ist?“
    „Nun... ich ...“ stot­ter­te Se­li­na.
    „Hast du schon das bri­ti­sche Kon­su­lat ver­stän­digt?“
    „Nein“, er­wi­der­te Ge­or­ge an Se­li­nas Stel­le, „aber sie hat es der Gu­ar­dia Ci­vil am Flug­ha­fen ge­sagt, und sie wa­ren sehr hilfs­be­reit und ver­ständ­nis­voll.“
    „Es über­rascht mich, daß sie sie nicht so­fort ins Ge­fäng­nis ge­wor­fen ha­ben.“
    „Das hat mich auch ziem­lich über­rascht. Ist es nicht wun­der­voll, was ein hüb­sches Lä­cheln al­les be­wir­ken kann, so­gar in Spa­ni­en?“
    „Aber was un­ter­neh­men wir denn jetzt?“
    „Nun, wenn Sie mich so fra­gen, wür­de ich vor­schla­gen, daß Sie sich in Ihr Ta­xi set­zen, nach Lon­don zu­rück­flie­gen und Se­li­na hier bei mir las­sen... Nein“, wehr­te er Rod­neys wü­ten­den Pro­test ab, „ich den­ke wirk­lich, es ist das bes­te. Sie kön­nen wahr­schein­lich ei­ni­ge He­bel in Be­we­gung set­zen, und ge­mein­sam soll­te es uns doch wohl ge­lin­gen, ihr das Ge­fäng­nis zu er­spa­ren. Und ma­chen Sie sich kei­ne all­zu großen Sor­gen um die Kon­ven­tio­nen, al­ter Jun­ge. Im­mer­hin bin ich of­fen­sicht­lich Se­li­nas engs­ter Ver­wand­ter, und ich bin mehr als be­reit, die Ver­ant­wor­tung für sie zu über­neh­men...“
    „Ver­ant­wor­tung? Sie?“ Er ver­such­te es ein letz­tes Mal bei Se­li­na. „Du willst doch nicht et­wa hier­blei­ben, oder?“ Bei dem Ge­dan­ken ex­plo­dier­te er fast.
    „Nun...“
    Ihr Zö­gern ge­nüg­te ihm als Ant­wort. „Ich kann es ein­fach nicht glau­ben! Die­ser Ego­is­mus! Dir scheint nicht klar­zu­sein, daß nicht nur dein gu­ter Na­me auf dem Spiel steht. Ich ha­be eben­falls einen ge­wis­sen

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