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Schlaflos - Insomnia

Titel: Schlaflos - Insomnia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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ein Feldweg. Der führt einen lang gezogenen Hügel hinauf - etwa eineinhalb Meilen - und endet an einem weißen Farmhaus. Das ist High Ridge. Es hat die schönste Aussicht …«
    »Jede Wette«, sagte Lois. »Barbara, es war schön, dich wiederzusehen. Aber jetzt müssen mein Freund und ich …«
    »War auch schön, Sie wiederzusehen, Lois«, sagte Richards mit abwesender, desinteressierter Stimme.
    »Mein Freund und ich werden jetzt gehen. Es ist alles in Ordnung.«
    »Gut.«

    »Du musst dich nicht an gar nichts von eben erinnern«, sagte Lois.
    »Auf keinen Fall.«
    Lois wollte schon gehen, da drehte sie sich noch einmal um und nahm das Blatt Papier, das sie aus der Handtasche genommen hatte. Es war auf den Schreibtisch gefallen, als Lois das Handgelenk der Frau ergriffen hatte.
    »Warum gehen Sie nicht wieder an die Arbeit, Rachel?«, fragte Ralph die Putzfrau. Er ließ vorsichtig ihren Arm los, war aber jederzeit bereit, ihn wieder zu packen, sollte sie zu erkennen geben, dass sie einer erneuten Behandlung bedurfte.
    »Ja, ich sollte besser weitermachen«, sagte sie und klang sehr viel freundlicher. »Ich möchte bis Mittag hier fertig sein, damit ich nach High Ridge fahren und mithelfen kann, Spruchbänder zu machen.«
    Während Rachel Anderson wieder zu ihrem Wägelchen mit Putzmitteln ging, gesellte sich Lois zu Ralph. Sie sah erstaunt und ein wenig erschüttert drein. »Mit ihnen ist doch alles in Ordnung, Ralph, oder?«
    »Ja, ganz sicher. Geht es dir denn gut? Du wirst mir doch nicht ohnmächtig oder so?«
    »Mir geht es gut. Kannst du dich an die Wegbeschreibung erinnern?«
    »Freilich - sie meint das Gelände, das einmal Barrett’s Orchards gewesen ist. Carolyn und ich sind da jeden Herbst hingegangen, um Äpfel zu pflücken und Cidre zu kaufen, bis sie Anfang der Achtzigerjahre verkauften. Wenn ich mir vorstelle, dass das High Ridge ist.«
    »Du kannst dich später noch wundern, Ralph - ich bin jetzt wirklich am Verhungern.«

    »Nun gut. Was stand eigentlich auf dem Zettel? Der Nachricht von der Nichte mit dem Stipendium der UNH?«
    Sie lächelte ihn schalkhaft an und gab ihm das Blatt Papier. Es handelte sich um ihre Stromrechnung für den Monat September.

6
    »Haben Sie Ihre Nachricht hinterlassen können?«, fragte der Wachmann, als sie herauskamen und den Fußweg hinuntergingen.
    »Ja, danke«, sagte Lois und schaltete ihr Megawattlächeln wieder ein. Aber sie blieb in Bewegung und umklammerte Ralphs Hand fest mit ihrer. Er wusste, wie ihr zumute war; er hatte keine Ahnung, wie lange die Suggestionen, die sie den beiden Frauen vermittelt hatten, andauern würden.
    »Gut«, sagte der Wachmann und folgte ihnen zum Ende des Fußwegs. »Das wird ein langer, langer Tag werden. Bin froh, wenn er vorbei ist. Wissen Sie, wie viel Wachmänner wir von Mittag bis Mitternacht hier haben? Ein Dutzend. Und das nur hier. Beim Bürgerzentrum werden es über vierzig sein - und das zusätzlich zur hiesigen Polizei.«
    Und es wird kein verdammtes bisschen nutzen, dachte Ralph.
    »Und weshalb? Damit eine feministische Blondine ihr Maul aufreißen kann.« Er sah Lois an, als rechnete er damit, sie würde ihm vorwerfen, dass er ein sexistisches Schwein sei, aber Lois ließ nur ihr Lächeln wieder aufblitzen.

    »Ich hoffe, dass alles gut geht, Officer«, sagte Ralph und führte Lois über die Straße zu dem Oldsmobile. Er ließ ihn an, wendete mühsam in der Einfahrt von WomanCare und rechnete jeden Moment damit, dass entweder Barbara Richards, Rachel Anderson, oder beide zur Tür herausgelaufen kommen, sich wild umsehen und mit Fingern auf sie zeigen würden. Schließlich hatte er den Olds in der richtigen Richtung und stieß einen tiefen Seufzer der Erleichterung aus. Lois sah ihn an und nickte mitfühlend.
    »Ich dachte, ich wäre der Vertreter«, sagte Ralph, »aber, Mann, ich habe noch nie gesehen, wie jemand einen Menschen so um den Finger wickelt.«
    Lois lächelte bescheiden und verschränkte die Hände im Schoß.
    Als sie sich dem Parkhaus des Krankenhauses näherten, kam Trigger aus seiner kleinen Kabine gelaufen und ruderte mit den Armen. Ralphs erster Gedanke war, dass sie doch keine saubere Flucht bewerkstelligt hatten - der Wachmann mit dem Klemmbrett hatte etwas Verdächtiges bemerkt und Trigger über Funk oder Telefon gebeten, sie aufzuhalten. Dann sah er den Gesichtsausdruck - außer Atem, aber glücklich - und was Trigger in der rechten Hand hielt. Es war eine sehr alte und sehr zerschlissene

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