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Schlaflos - Insomnia

Titel: Schlaflos - Insomnia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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später gelangten er und Lois an den Rand des kleinen Picknickgeländes in der Nähe der Startbahn 3.
    Dorrance stand in seiner erstaunlichen vielfarbigen Aura dort und beobachtete ein Kleinflugzeug, das sich der Landebahn näherte. Hinter ihm saßen Faye Chapin und Don
Veazie mit einem Schachbrett zwischen sich und einer halb vollen Flasche Blue Nun griffbereit an einem der Picknicktische. Stan und Georgina Eberly tranken Bier und schwenkten über einem der Grillplätze des Picknickgeländes Gabeln mit aufgespießten Hotdogs in der flimmernden Hitze - für Ralph hatte dieses Flimmern einen seltsam trockenen rosa Farbton, wie korallenfarbener Sand.
    Einen Augenblick verharrte Ralph reglos auf der Stelle, wie vom Donner gerührt von ihrer Schönheit - die vergängliche, außerordentliche Schönheit, die, vermutete er, das Wesentliche im Leben der Kurzfristigen bildete. Ein Stück aus einem mindestens fünfundzwanzig Jahre alten Lied fiel ihm ein: We are stardust, we are golden. Dorrance’ Aura war anders - auf sagenhafte Weise anders -, aber selbst die prosaischste Aura der anderen funkelte wie seltene und unendlich kostbare Edelsteine.
    [»O Ralph, siehst du es? Siehst du, wie wunderschön sie sind?«]
    [»Ja.«]
    [»Jammerschade, dass sie es nicht wissen.«]
    Stimmte das? Im Licht der jüngsten Ereignisse war sich Ralph da nicht mehr so sicher. Und er hatte eine Ahnung - eine undeutliche, aber ausgeprägte Intuition, die er niemals in Worte hätte fassen können -, dass wahre Schönheit wohl etwas war, das das bewusste Selbst gar nicht erkannte, ein ständig im Entstehen begriffenes Kunstwerk, etwas, was mehr Sein als Sehen war.
    »Los doch, Dummkopf, mach deinen Zug«, sagte eine Stimme. Ralph wirbelte herum, weil er zuerst dachte, die Stimme hätte ihn angesprochen, aber es war Faye, der sich mit Don Veazie unterhielt. »Du bist eine lahme Ente.«

    »Hör auf«, sagte Don. »Ich denke nach.«
    »Du kannst nachdenken, bis die Hölle zufriert, Klugscheißer, und bist trotzdem in sechs Zügen matt.«
    Don goss etwas Wein in einen Pappbecher und verdrehte die Augen. »Oh, Rotz und Popel!«, rief er. »Ich hab nicht gewusst, dass ich gegen Boris Spasski Schach spiele! Ich dachte, es wäre nur der gute alte Faye Chapin! Entschuldige, ich wälze mich vor dir im Staub!«
    »Das ist ein Knüller, Don. Mit der Show könntest du auf Tournee gehen und eine Million Dollar verdienen. Und du musst nicht einmal lange warten - noch sechs Züge, und du kannst aufbrechen.«
    »Was für ein Schlauberger«, sagte Don. »Du weißt einfach nicht, wann du…«
    »Pst!«, sagte Georgina Eberly schneidend. »Was war das? Hat sich angehört, als wäre was explodiert!«
    »Das« war Lois, die eine vibrierende, regenwaldgrüne Flut aus Georginas Aura saugte.
    Ralph hob die rechte Hand, krümmte sie zu einer Röhre um die Lippen und inhalierte einen ähnlichen hellblauen Strom aus der Aura von Stan Eberly. Er spürte auf der Stelle, wie ihn frische Energie erfüllte; es war, als wären Neonröhren in seinem Gehirn eingeschaltet worden. Aber das gewaltige versunkene Schiff, bei dem es sich überwiegend um vier Monate weitgehend schlafloser Nächte handelte, war immer noch da und versuchte, ihn dorthin hinunterzuziehen, wo es lag.
    Und auch die Entscheidung lag noch da - sie war weder so noch so getroffen worden, sondern nur aufgeschoben.
    Stan sah sich ebenfalls um. So viel Ralph auch von seiner Aura nahm (und ihm kam es so vor, als hätte er
eine gewaltige Menge genommen), die Quelle blieb so hell strahlend wie zuvor. Offenbar entsprach alles, was sie über die fast endlosen Energievorräte eines jeden menschlichen Wesens erfahren hatten, buchstäblich der Wahrheit.
    »Nun«, sagte Stan, »ich hab auch etwas gehört …«
    »Ich nicht«, sagte Faye.
    »Natürlich nicht, du bist ja auch eine taube Nuss«, erwiderte Stan. »Hör wenigstens mal eine Minute damit auf, einen zu unterbrechen, schaffst du das? Ich wollte sagen, es war kein Treibstofftank, weil kein Feuer oder Rauch zu sehen ist. Kann auch nicht sein, dass Don gefurzt hat, weil keine toten Eichhörnchen mit versengtem Fell von den Bäumen fallen. Muss wohl eine Fehlzündung von einem der großen Lastwagen der Air National Guard gewesen sein. Keine Bange, Liebling. Ich werd dich beschützen.«
    »Beschütz das da«, sagte Georgina, schlug eine Hand in ihre Ellbogenbeuge und ballte die Faust in seine Richtung. Aber sie lächelte dabei.
    »O Mann«, sagte Faye, »seht euch mal den

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