Schlaflos - Insomnia
Inkarnationen.
Der Scharlachrote König springt von einem Körper zum nächsten, von einer Generation zur nächsten, wie ein Kind, das von Stein zu Stein hüpfend einen Bach überquert, Ralph, ständig auf der Suche nach dem Messias. Er hat ihn immer verpasst, aber diesmal könnte es anders sein. Weil Derry anders ist. Alle Kraftlinien laufen hier zusammen. Ich weiß, das ist schwer zu glauben, aber es stimmt.«
Der Scharlachrote König, dachte Ralph. O Helen, es tut mir so leid. Wie traurig das alles ist.
Zwei Männer - einer in Uniform, einer in Zivil, wahrscheinlich beides Cops - stiegen aus dem Streifenwagen aus und näherten sich McGovern. Hinter ihnen, beim Laden, konnte Ralph zwei weitere Männer sehen, die in weiße Hosen und kurzärmlige weiße Hemden gekleidet waren. Sie kamen aus dem Red Apple, einer hatte den Arm um Helen gelegt, die mit den zaghaften Schritten einer gerade Operierten ging. Der andere trug Natalie.
Die Sanitäter halfen Helen, in den Krankenwagen einzusteigen. Der mit dem Baby stieg hinter ihr ein, während der andere zum Fahrersitz ging. Ralph spürte aus ihren Bewegungen mehr Kompetenz als Panik und dachte, dass das gut für Helen sein musste. Vielleicht hatte Ed sie nicht allzu schlimm verletzt … jedenfalls nicht diesmal.
Der Cop in Zivil - untersetzt, mit breiten Schultern und einem blonden Schnurrbart und Koteletten, deren Stil Ralph als »Frühe amerikanische Single-Bar« bezeichnete - hatte sich McGovern genähert, den er zu kennen schien. Der Zivilbeamte hatte ein breites Grinsen im Gesicht.
Ed legte Ralph einen Arm um die Schultern und zog ihn ein paar Schritte von den Männern auf dem Gehweg fort.
Außerdem senkt er seine Stimme zu einem leisen Murmeln. »Will nicht, dass sie uns hören«, sagte er.
»Das kann ich mir denken.«
»Diese Kreaturen … Zenturionen … Diener des Scharlachroten Königs … werden vor nichts zurückschrecken. Sie sind erbarmungslos.«
»Jede Wette.« Ralph sah über die Schulter und bekam gerade noch mit, wie McGovern auf Ed deutete. Der untersetzte Mann nickte ruhig. Er hatte die Hände in die Hosentaschen gesteckt und immer noch ein dünnes, freundliches Lächeln auf den Lippen.
»Du solltest aber nicht den Eindruck gewinnen, dass es nur um Abtreibung geht! Nicht mehr. Sie nehmen die Ungeborenen von allen Müttern, nicht nur von den Junkies und Huren - acht Tage, acht Wochen, acht Monate, für die Zenturionen ist das alles eins. Die Ernte geht Tag und Nacht weiter. Das Gemetzel. Ich habe die Leichen von Kindern auf Dächern gesehen, Ralph … unter Hecken … sie sind in den Abwasserkanälen … sie treiben in der Kanalisation und im Kenduskeag unten in den Barrens...«
Seine Augen, groß und grün, so funkelnd wie unechte Kitsch-Smaragde, starrten in die Ferne.
»Ralph«, flüsterte er, »manchmal ist die Welt voller Farben. Ich habe sie gesehen, seit er hier war und es mir gesagt hat. Aber jetzt werden alle Farben schwarz.«
»Seit wer gekommen ist und es dir gesagt hat, Ed?«
»Wir reden später darüber«, antwortete Ed aus dem Mundwinkel wie ein Ganove in einem Gangsterfilm. Unter anderen Umständen wäre es komisch gewesen.
Ein breites Quizmastergrinsen breitete sich über sein Gesicht aus und vertrieb den Wahnsinn so sicher wie der Sonnenaufgang
die Nacht. Die Veränderung war in ihrer Plötzlichkeit beinahe tropisch und verdammt unheimlich, aber für Ralph hatte sie dennoch etwas Tröstliches. Vielleicht mussten sie - er, McGovern, Lois, alle anderen, die in diesem kurzen Abschnitt der Harris Avenue, die Ed kannten - sich doch nicht so sehr die Schuld daran geben müssen, dass sie Eds Wahnsinn nicht schon früher bemerkt hatten. Denn Ed war gut; Ed hatte seine Rolle wirklich einstudiert. Das Grinsen wäre einen Oscar wert gewesen. Selbst in einer bizarren Situation wie dieser verlangte es förmlich, dass man darauf reagierte.
»He, hallo!«, sagte er zu den beiden Cops. Der Untersetzte hatte sein Gespräch mit McGovern beendet, beide kamen über den Rasen auf sie zu. »Schnappt euch einen Stuhl, Jungs!« Ed ging mit ausgestreckter Hand um Ralph herum.
Der untersetzte Zivilbeamte schüttelte sie und lächelte weiter sein angedeutetes freundliches Lächeln. »Edward Deepneau?«, fragte er.
»Ganz recht.« Ed schüttelte dem uniformierten Polizisten, der ein wenig verwirrt wirkte, die Hand, dann wandte er seine Aufmerksamkeit wieder dem Untersetzten zu.
»Ich bin Detective Sergeant John Leydecker«, sagte der untersetzte
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