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Schlafwandler

Schlafwandler

Titel: Schlafwandler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Grossman
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thronartigen Armsessel, von dem alle
angenommen hatten, dass er für ihn reserviert wäre. Sie
war nicht wirklich alt, fünfundfünfzig oder
höchstens sechzig. Aber ihr funkelndes, schwarzes Abendkleid,
zu dem sie weiße Handschuhe trug, die praktisch bis zu ihrer
Achselhöhle reichten, wirkte um Generationen veraltet. Ihre
Miene verriet keinerlei Emotionen, nur ab und zu huschte ein
Grabeszucken über ihre Miene.
    »Hallo, meine
besonderen Freunde und Anhänger«, begrüßte
Gustave sie in einem überaus dramatischen Tonfall. »Ich
bin sicher, Sie alle kennen die Herzogin. Sie möchte ein
kleines Geständnis ablegen. Ich soll Ihnen auf ihren Wunsch
hin versichern, dass sie nicht glaubt, von mir hypnotisiert werden
zu können. Obwohl sie sich sehr wünscht, dass ich dazu in
der Lage wäre. Sie verriet mir, dass sie sich in ihrem
tiefsten Herzensgrunde aufrichtig wünscht, dass ihr heute
befohlen wird, etwas vollkommen … wie hat sie es
ausgedrückt
…?«     
    »…
Verrücktes zu tun«, kam ihm die Herzogin mit vollkommen
unbeweglicher Miene zu Hilfe.
    Die Leute brachen in
schallendes Gelächter aus.
    »Also …
Sie glauben nicht, dass ich Sie hypnotisieren kann. Gibt es noch
andere Frauen, die das annehmen? Wer glaubt, dass er für meine
Macht unempfindlich ist?«
    Kraus hatte seinen Arm
um Paulas Schultern gelegt und spürte, wie sie ihre Muskeln
anspannte.
    »Denk nicht mal
dran«, flüsterte er ihr zu.
    Die dunkeläugige
Brünette mit den glitzernden Diamanten stand auf.
    »Madame.«
Gustave hielt ihr die Hand hin. »Verraten Sie mir Ihren
Namen.«
    »Melina von
Auerlicht. Das hier ist mein Gemahl, Graf Wilhelm von
Auerlicht.«
    »Gräfin,
Sie stammen ursprünglich nicht aus
Deutschland?«
    »Nein. Ich bin
Griechin.«
    »Und Sie glauben
nicht, dass Sie für Hypnose empfänglich
sind?«
    »Absolut nicht.
Meine Willenskraft ist viel zu groß. Fragen Sie meinen
Ehemann.«
    »Graf Wilhelm,
ist das auch Ihre Meinung?«
    »Absolut«,
antwortete der Graf lautstark. Er war bereits ziemlich betrunken.
»Die Frau ist eine wahre Xanthippe. Sie würde es nicht
einmal abstreiten!«
    Die Zuschauer
johlten.
    »Und nicht nur
das, ich bin sogar stolz darauf«, erwiderte die Frau.
»Selbst Sie, König der Mystiker, werden mir Ihren Willen
nicht aufzwingen können.«
    Aber da irrte sie.
Nach nur wenigen Minuten waren sowohl sie als auch die langweilige
alte Herzogin willfährige Sklavinnen des Großen
Gustave.
    »Also, hier
sehen Sie es, meine Damen und Herren.« Er deutete auf die
beiden Frauen, die wie Leichen auf einem Kissenberg lagen.
»Die meisten Menschen, Frauen vor allem, besitzen keinerlei
Kenntnis von ihrer eigenen Beeinflussbarkeit. Sie glauben, dass sie
widerstehen können, dass sie stärker sind. Aber sie geben
nicht zu, wie sehr sie sich eigentlich danach sehnen, beherrscht zu
werden.«
    »Herzogin«, sagte er
zu der älteren Frau, »setzen Sie sich auf,
Schätzchen. Öffnen Sie die Augen! Sagen Sie Papa, was
… was Sie sich wünschen. Jetzt, da ich Sie unter
Kontrolle habe, welche Verrücktheit soll ich Ihnen da
befehlen?«
    Die Herzogin richtete
sich auf und öffnete die Augen. Eine halbe Ewigkeit schien
kein Wort aus ihrem Mund zu kommen. Die Zuschauer beugten sich
gespannt vor. Hatte der Große Gustave versagt?
    »Ich möchte
…«, erklärte die Herzogin schließlich
ruhig, »ich möchte einen amerikanischen Striptease
aufführen.«
    Ihre Worte wurden mit
schockiertem Schweigen aufgenommen.
    »Luigi!«
Gustave winkte seinen Assistenten heran. »Hol ein paar
Musiker her. Die Herzogin möchte einen Striptease für uns
machen.«
    Innerhalb von
Sekunden, so schien es, standen eine kleine Trommel und ein paar
Blasinstrumente an der Seite des Raumes bereit.
    »Herzogin!«, rief
Gustave. »Sind Sie fertig?«
    »Ja«,
antwortete sie aus ihrem Versteck hinter einem der dicken, roten
Vorhänge.
    »Und jetzt
… das große Scala-Theater Berlin präsentiert
Ihnen voller Stolz … direkt aus Amerika … die
internationale Sensation … Herzogin Augustina von
Breitenbach-Dustenburg!«
    Die Musiker spielten
einen harten Beat, der von jammernden Posaunen- und
Trompeteneinwürfen untermalt wurde. Die Herzogin streckte ein
Bein hinter dem Vorhang hervor und schwenkte die Hüften.
Langsam und verlockend begann sie, die Finger ihrer Handschuhe
nacheinander abzuziehen, bis sie das ganze Kleidungsstück
über dem Kopf kreisen ließ. Als es einem Gentleman in
der ersten Reihe in den Schoß flog, beugte sie sich vor und
ließ

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