Schlag auf Schlag
»Hallo, Jessica.«
34
Myrons Autotelefon klingelte.
»Hallo.«
»Hallo, Bubbe, hier ist deine Tante Clara. Vielen Dank für deine Empfehlung.«
Clara war eigentlich nicht seine Tante. Tante Clara und Onkel Sidney waren langjährige Freunde seiner Eltern. Clara war eine Kommilitonin von Myrons Mom gewesen. Myron hatte ihr Roger Quincy vermittelt.
»Wie läuft's denn?«, fragte Myron.
»Mein Klient möchte, dass ich dir eine wichtige Botschaft übermittle«, erwiderte Clara. »Er hat darauf bestanden, dass ich als seine Anwältin diesem Punkt allerhöchste Priorität einräume.«
»Was?«
»Mr. Quincy hat mich darüber in Kenntnis gesetzt, dass du ihm ein Autogramm von Duane Richwood versprochen hast. Folgendes: Er möchte, dass es ein Foto von Duane Richwood mit einem Autogramm drauf ist, nicht einfach nur ein Autogramm. Ein Farbfoto, wenn es nicht zu viele Umstände macht. Außerdem möchte er, wenn das bitte möglich wäre, dass eine Widmung für ihn dabei ist. Ach übrigens, hat er dir eigentlich schon erzählt, dass er Tennis-Fan ist?«
»Ich glaube, er hat so etwas erwähnt. Witziger Bursche, was?«
»Ein echter Spaßvogel. Irre komisch. Ich habe schon Seitenstiche vom vielen Lachen. Ist fast so, als würde man Jackie Mason vertreten.«
»Und was hältst du davon?«, fragte Myron.
»In juristischer Hinsicht? Der Mann ist völlig meschugge. Aber ob er einen Mord begangen hat - und, was noch wichtiger ist, ob die Staatsanwaltschaft das beweisen kann -, steht auf einem anderen Blatt.«
»Wie ist die Beweislage?«
»Es gibt ein paar Indizien, die im Endeffekt nichts beweisen. Er war bei den Open. Na toll, da waren noch zigtausend andere. Er hat eine merkwürdige Vergangenheit. Na und? So weit ich weiß, hat er nie irgendwelche direkten Drohungen ausgesprochen. Keiner hat gesehen, dass er auf sie geschossen hat. Anhand der Tests lässt sich keine Verbindung zwischen ihm, der Waffe oder der durchschossenen Feron's-Plastiktüte herstellen. Na ja, wie schon gesagt, Indizien ohne Beweiskraft.«
»Nützt dir wahrscheinlich nichts«, sagte Myron, »aber ich glaube ihm.«
»Mhm.« Clara sagte nicht, ob sie ihm glaubte. Das war auch egal. »Wir unterhalten uns später noch mal, mein Hübscher. Pass auf dich auf.«
»Du auch.«
Er legte auf und wählte Jakes Nummer.
Eine raue Stimme sagte: »Sheriff Courters Büro.«
»Ich bin's, Jake.«
»Scheiße auch, was wollen Sie denn jetzt schon wieder?«
»Hey, das ist ja mal 'ne herzliche Begrüßung«, sagte Myron. »Muss ich mir für später merken.«
»Herrgott noch mal. Sie gehen mir vielleicht auf den Sack.«
»Wissen Sie«, sagte Myron, »ich versteh ums Verrecken nicht, wieso Sie nicht öfter zu Partys eingeladen werden.«
Jake schnauzte sich. Laut. In den drei angrenzenden Bundesstaaten flogen die Gänse auf. »Bevor ich an Ihrem beißenden Spott krepiere«, knurrte er, »erzählen Sie mir lieber, was Sie wollen.«
»Haben Sie die Kopie der Cross-Akte noch?«, fragte Myron.
»Yeah.«
»Ich würde gerne mit dem zuständigen Gerichtsmediziner sprechen«, sagte Myron. »Und mit dem Cop, der Yeller erschossen hat. Können Sie das für mich arrangieren?«
»Ich dachte, er wäre nicht obduziert worden.«
»Offiziell nicht, aber der Senator sagte, jemand hätte ein paar Sachen untersucht.«
»Yeah, geht in Ordnung«, sagte Jake. »Aber ich kenn den Cop, der geschossen hat. Jimmy Blaine. Ein guter Mann. Wird aber nicht mit Ihnen reden.«
»Ich will ihm nichts anhängen.«
»Wie tröstlich«, bemerkte Jake.
»Ich hab nur ein paar Fragen.«
»Jimmy wird garantiert nicht mit Ihnen sprechen. Was soll das Ganze überhaupt?«
»Ich sehe da eine Verbindung zwischen den Morden an Valerie und Alexander Cross.«
»Was für eine Verbindung?«
Myron erklärte es ihm. Als er fertig war, sagte Jake: »Kann ich nicht nachvollziehen, aber sobald sich was ergeben hat, ruf ich Sie an.«
Er legte auf.
Myron hatte Glück und fand einen Parkplatz nur zwei Blocks vom Hotel entfernt. Er ging durch die Lobby, als wohne er hier und fuhr mit dem Fahrstuhl in die dritte Etage. Vor Zimmer 322 blieb er stehen und klopfte.
»Wer ist da?«, flötete Deanna Yellers Stimme heiter.
»Zimmerservice«, sagte Myron. »Ein Blumenstrauß für Sie.«
Freundlich lächelnd öffnete sie die Tür. Genau wie bei ihrer ersten Begegnung. Als sie keine Blumen sah, oder vielmehr als sie Myron sah, verschwand das Lächeln. Auch das erinnerte an ihre erste Begegnung.
»Genießen Sie den
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