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Schlag weiter, Herz

Schlag weiter, Herz

Titel: Schlag weiter, Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Davic Pfeifer
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Diskussion über den richtigen Weg. Er hatte keine Ahnung, wo sie hinmussten, und er fühlte sich verloren, als sie Hamburg in Richtung Osten verließen. Die erste halbe Stunde schwiegen Mert und Felix, hörten den Kindergesprächen zu, die Angelika und Nadja auf der Rückbank führten. Dann fing Felix wieder an, Konversation zu betreiben.
    »Ich hab gehört, du gibst jetzt auch Training beim BC Einigkeit.«
    »Kalle teilt mich manchmal ein. Ich hab den Fachübungsleiter-Schein gemacht.«
    »Müsste der alte Kalle Trabert nicht bald mal aufhören?«
    »Er quatscht immer davon, aber er hat auch nichts anderes, glaube ich. Wenn er jetzt nur noch zu Hause sitzt, geht er seiner Frau auf die Nerven.«
    »So wie mein Vater.«
    Nach einer kurzen Pause fragte Felix weiter.
    »Und macht dir das Spaß, so als Fitnesstrainer?«
    »Schon okay, ich arbeite mit Ali zusammen. Wir machen uns das nett.«
    »Verdient man da gut?«
    »Ganz okay. Nicht besonders. Es reicht.«
    »Und hast du schon einen Plan, was du danach machen willst?« Darauf fiel Mert keine Antwort ein. Danach war für ihn immer der Zustand nach dem, was gerade passierte, nicht die Zukunft.
    Görlitz sah aus, wie Mert sich Sibirien vorstellte. Wie viele moderne Familien der DDR hatten sich auch die Boraus vor Jahrzehnten in einem Königshufener Plattenbau eingemietet, der außerhalb des historischen Stadtkerns stand. Während in der Innenstadt seit der Wiedervereinigung Stuck und Verzierung unter grauen Schmutzschichten herausgearbeitet wurden, waren die Plattenbausiedlungen und Kratzputzfassaden nicht mehr zu retten. Noch ragten sie im Randbezirk der Stadt auf, als Mahnmal einer vergangenen Zeit. Doch niemand würde je einen Spachtel in die Hand nehmen, sollten diese Fassaden nur noch aus Rissen bestehen. Alles schien so gebaut, als wolle man den Menschen, die darin wohnten, das Gefühl geben, sie seien unbedeutend.
    Mutter Borau fuhr mit den Nachbarn die wenigen Meter zum Friedhof, Felix folgte dem Wagen. Es regnete. Die Fahrt führte an Ruinen vorbei, verwahrlosten Häusern. »Schön hier«, log Mert. Niemand gab eine Antwort. Es regnete.
    Felix parkte den Wagen hinter dem der Nachbarn. Vor dem Eingang des Friedhofes hatten sich schon andere Trauergäste versammelt. Mutter Borau und ihre Kinder schüttelten Hände, Angelika, Mert und die Kinder standen abseits. Der Regen wurde stärker.
    Die Beerdigung verlief nach einem Muster, das Mert nicht kannte, das allen anderen Trauergästen aber geläufig zu sein schien. Er hielt sich an Nadja und versuchte nicht aufzufallen. Gelegentlich nahm er Anna oder Jörg auf den Arm, um sie abzulenken. Da er Vater Borau nicht kennengelernt hatte, konnte Mert nicht beurteilen, ob die Reden, die auf ihn gehalten wurden, etwas über den Menschen sagten, den sie da gerade unter die Erde brachten. Nadja hatte ihren Vater weniger lustig und ausgeglichen beschrieben. Vielleicht wurden die Reden ebenfalls nach einem Regelbuch abgehalten, das Mert nicht kannte. Der Pastor sprach und sah in den Himmel. Es waren etwa vierzig Besucher da, ihre Ärmel hingen schwer, vollgesogen vom Regenwasser, das an den Schirmen vorbeifiel. Ein paar ältere Männer erkannte Mert als ehemalige Boxer. Einige hatten sich gut gehalten, andere waren verfallen wie Heinrich Borau. Nadjas Mutter weinte so lange, bis ihr die Tränen ausgingen, dann seufzte sie.
    Beim anschließenden Leichenschmaus in der Wohnung der Boraus saßen Mert und Felix wieder nebeneinander, an dem Tisch mit den Vereinskollegen von Lokomotive Görlitz. Die Heizung brachte die feuchte Kleidung zum Dampfen, es roch nach Alter.
    Am Boxertisch ging es um Namen, die Mert nicht kannte. Seine Helden waren Mike Tyson, Dariusz Michalczewski, Graciano Rocchigiani. Von Theofilo Stevenson hatte er nie gehört, auch wenn die Ostdeutschen einen Eid darauf schworen, Stevenson sei besser gewesen als die beiden Klitschkos zusammen.
    »Alte kubanische Schule. So wie bei uns, nur mit Salsa!«, sagte ein faltiger Mann Ende fünfzig und wedelte dabei mit den Händen zu einem imaginären Salsa-Rhythmus.
    »Bei uns wurde hüftsteifer geboxt. Sah nicht so schick aus, war aber effektiv«, sagte ein anderer Mann.
    »Maske?«, fragte Mert.
    »Maske!«, stimmten einige zu.
    »Das Comeback hätte er sich sparen sollen. So ein Unfug.«
    »Immerhin hat er gewonnen.«
    »Er war zu alt.«
    »Hatte ja kaum noch Haare aufm Kopp.«
    »Der andere war noch älter.«
    »Reine Show.«
    »Geht ja nur noch um Show.«
    »Und um

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