Schlamm, Schweiß und Tränen
gezogen, sodass
die ohnehin schon deformierte Schirmkappe nun völlig zusammen sackte und es zu einem kompletten Strömungsabriss kam. Dadurch
wurde mein Körper zunächst in die Horizontale katapultiert und danach fiel ich wie ein Stein vom Himmel und knallte auf den Wüstenboden.
Wie eine Stoffpuppe wurde mein Körper zu Boden geschleudert.
Ich landete in einer Wolke aus Staub und Erde und lag nur da und
stöhnte.
Ich war direkt auf meinem Rücken gelandet, und zwar exakt auf
dem fest gepackten Reservefallschirm, den ich als steinhartes quadratisches Kissen in der Mitte meines Gurtzeugs spürte. Als ich auf dem
Boden aufschlug, fühlte sich das an, als wäre mir dieser steinharte
Reserveschirm glatt durch meine Wirbelsäule geschossen worden.
Ich konnte nicht aufstehen; ich konnte mich nur, vor Schmerzen
stöhnend, auf dem staubigen Boden hin und her wälzen.
Während ich so dalag und darauf wartete, dass meine Kumpels
kommen und mir helfen, liefen mir die Tränen übers Gesicht - ich
wusste einfach, dass ich es vermasselt hatte.
Wir haben schließlich nur ein Leben, und in diesen qualvollen
Augenblicken wurde mir schlagartig bewusst, dass ich die Sache vergeigt hatte - total vergeigt.
Tief in meiner Magengrube spürte ich auf einmal diese unbändige
Angst, dass mein Leben wohl nie wieder so sein würde, wie es einmal
war.
Ich lag am Boden, war halb wahnsinnig vor
Schmerzen und verlor abwechselnd das Bewusstsein und kam wieder
zu mir.
Als die Jungs, mit denen ich zusammen gesprungen war, versuchten mir beim Aufstehen zu helfen, stöhnte ich laut vor Schmerzen. Ich
litt Höllenqualen - meine Augen waren fest zusammengekniffen,
mein Gesicht schmerzverzerrt.
Ich konnte hören, wie einer von ihnen sagte, dass meine Schirmkappe einen großen Riss hatte. Das war die Ursache für das völlig
unkontrollierte Flugverhalten meines Schirms, der sich ja kaum steuern ließ.
Aber die Verhaltensregeln in einem solchen Fall sind im Prinzip ja
ganz simpel und ich kannte sie auch: Wenn sich der Hauptschirm nicht
richtig öffnet und sich dadurch nicht steuern lässt, muss man eben den
fehlgeöffneten Hauptschirm abtrennen und abwerfen. Danach wieder
in den freien Fall gehen und den Reserveschirm aktivieren.
Das hatte ich nicht gemacht. Denn ich hatte geglaubt, dass ich
den Hauptschirm doch noch unter Kontrolle bringe.
Schwerer Irrtum.
Ich kann mich noch daran erinnern, wie ich in einen alten Land
Rover verfrachtet wurde, der dann mit einem Affenzahn ins nächstgelegene Krankenhaus bretterte. Ich wurde hineingebracht und vorsichtig in einen Rollstuhl gesetzt.
Dann schoben zwei Schwestern mich den Krankenhausflur hinunter, wo ein Arzt sich zuerst einen groben Überblick über meine Verletzungen verschaffte. Jedes Mal, wenn er versuchte mich zu untersuchen, zuckte ich vor Schmerzen zusammen. Ich weiß noch, dass ich
mich bei dem Arzt jedes Mal entschuldigt habe, wenn ich wieder zusammengezuckt bin.
Ich weiß auch noch, dass er daraufhin mit einer großen Spritze
herumfuchtelte und sie in mich hineinrammte.
Der Schmerz hörte sofort auf und völlig vernebelt versuchte ich
aufzustehen und zu gehen. Die Schwestern packten mich und legten
mich wieder hin.
Ich erinnere mich, wie der Arzt in schottischem Akzent (was schon
etwas eigenartig war, zumal wir uns mitten in Südafrika befanden)
erklärte, dass es durchaus noch eine ganze Weile dauern würde, bis
ich überhaupt wieder einigermaßen laufen könnte. Was allerdings danach passierte, daran kann ich mich nicht erinnern.
Als ich wieder wach wurde, bemerkte ich, dass ein Mann mit einem grünen Barett, aus dem eine große Feder herausragte, sich über
mich gebeugt hatte. Ich muss wohl halluzinieren, dachte ich.
Ich schloss die Augen, aber er war noch immer da.
Dann hörte ich auf einmal, wie mich jemand in diesem makellosen, betont artikulierten, typisch britischen Akzent ansprach.
„Wie geht es Ihnen, Soldat?"
Es war die Stimme des Obersts, der für das British Military Advisory Team (BMAT) in Südafrika zuständig war. Er war gekommen,
um zu sehen, welche Fortschritte meine Genesung machte.
„Wir werden Sie bald nach Großbritannien ausfliegen", sagte er
mit einem Lächeln. „Halten Sie so lange die Stellung, Soldat."
Der Oberst war überaus freundlich zu mir, und das habe ich ihm
nie vergessen. Er hatte weitaus mehr für mich getan, als es seine Pflicht
gewesen wäre, denn er war höchstpersönlich vorbeigekommen, um zu
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