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Schlamm, Schweiß und Tränen

Schlamm, Schweiß und Tränen

Titel: Schlamm, Schweiß und Tränen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bear Grylls
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und Henry Todd - ein bekannter schottischer Bergsteiger,
der unsere Expeditionslogistik am Everest organisierte - hatte mir für
sehr günstiges Geld einen Platz im Expeditionsteam angeboten.

    Ich wusste, dass dies meine Chance wäre, Henry und Neil zu beweisen, dass ich sehr wohl in der Lage war, auf mich achtzugeben und
auch in großer Höhe sicher zu klettern.
    Schließlich hat man gut reden, wenn man wohlbehütet und sicher
in seinem warmen Nest in London hockt.
    Es war also höchste Zeit, wieder intensiv zu trainieren und zu zeigen, was in mir steckt.
    Der Ama Dablam ist einer der atemberaubendsten Berge der Welt.
Aufgrund seiner imposanten fast senkrecht aufsteigenden Felswände,
die sich eindrucksvoll aus dem Gipfelpanorama des Himalajas emporheben, wurde er einst von Sir Edmund Hillary als „nicht ersteigbar"
beschrieben.
    Doch bei diesem Berg ist es genauso wie bei vielen anderen Bergen
auch: Erst wenn man sich sehr intensiv mit ihm beschäftigt, stellt
man fest, dass es doch eine Aufstiegsmöglichkeit gibt. Das Einzige,
was man dafür braucht, ist eine gehörige Portion Mumm und eine
sorgfältige Vorbereitung.
    Für Jagged Globe, einen international renommierten Anbieter von
geführten Berg-Expeditionen, zählt die Besteigung des Ama Dablam
klettertechnisch zu den schwierigsten Expeditionen, die sie im Angebot haben. Vom Schwierigkeitsgrad her wird sie vom Jagged GlobeTeam als 5D Tour eingestuft, wobei die „5" für die klettertechnischen
Anforderungen und das „D" für die körperliche Fitness steht, die Expeditionsteilnehmer mitbringen müssen: „Sehr schroffe Eis- und Felswände. Geeignet für erfahrene Bergsteiger, die regelmäßig Touren
mit diesem Schwierigkeitsgrad absolvieren. Klettertouren mit diesem
Schwierigkeitsgrad sind mit einer extremen Kraftanstrengung verbunden, sodass ein Gewichtsverlust unvermeidbar ist."
    Dass ich nicht lache. Nicht umsonst ist das ja auch eine Expedition ins Himalaja-Gebirge.
    Ich denke mit großer Wehmut an jene vier Wochen zurück, in denen ich den Ama Dablam bestiegen habe.
    Wir waren ein tolles internationales Expeditionsteam, zu dem
auch die geniale britische Bergsteigerin Ginette Harrison gehörte, die
wenige Jahre später auf tragische Weise durch eine Lawine ums Leben kam, als sie einen Achttausender im Himalaja bestieg. (Ich habe es
immer als sehr großes Privileg empfunden, dass ich mit Ginette klettern durfte - sie war eine so unglaublich brillante, starke, schöne und
begnadete Bergsteigerin; ihr Tod war für die internationale Bergsteiger-Community ein schmerzlicher und tragischer Verlust.)

    Auch Peter Habeler - einer der größten Bergsteigerlegenden und
der erste Mann, der zusammen mit Reinhold Messner den Everest
ohne künstlichen Sauerstoff bezwungen hat - war damals zur selben
Zeit wie wir zum Gipfel des Ama Dablam unterwegs.
    Zusammen mit so berühmten Bergsteigern zu klettern, machte
mir schon ein mulmiges Gefühl, doch ich schlug mich wacker.
    Die meiste Zeit kletterte ich selbstständig am Berg und war in Gedanken ganz in meine eigene Welt versunken: Kopfhörer auf und volle Konzentration - so arbeitete ich mich mühsam voran. Während des
gesamten Aufstiegs thronte im Norden der Mount Everest hoch über
uns, nur gute 15 Kilometer entfernt.
    Beim Aufstieg legte ich hin und wieder einen ziemlich riskanten
Kletterstil an den Tag - wenn ich jedoch heute daran zurückdenke,
läuft es mir kalt den Rücken runter. Denn ich habe den Fixseilen, in
die ich den Karabiner meines Expresssets hätte einhängen müssen,
eine eher stiefmütterliche Beachtung geschenkt und es stattdessen
vorgezogen, mit dem Eispickel in der Hand zügig nach oben zu klettern, womit ich allerdings ganz gut zurechtgekommen bin.
    Ich kann mich noch daran erinnern, wie ich einmal hoch oben in
einer schroffen Felswand hing, die unter mir gute 1.200 Meter jäh in
die Tiefe stürzte. Ich balancierte etwas wacklig auf den beiden
schmalen horizontalen Frontalzacken meiner Steigeisen, summte
eine Melodie der Gypsy Kings vor mich hin und versuchte, meine
Hand nach einem Haltepunkt auszustrecken, der etwas weiter entfernt war, als dass ich ihn ganz bequem hätte erreichen können. Ich
musste springen.
    Doch es war schon eine gehörige Portion blindes Selbstvertrauen
nötig, um diesen Sprung zu wagen, den Haltepunkt zu fassen zu kriegen und zu hoffen, dass er mein Gewicht aushält, um dann von dieser
Position aus weiter aufzusteigen - allerdings hoch

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