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Schlamm, Schweiß und Tränen

Schlamm, Schweiß und Tränen

Titel: Schlamm, Schweiß und Tränen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bear Grylls
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kontinuierlich immer höher gehängt und
wenn ich ehrlich sein soll, dann hatte ich ganz schön zu kämpfen.

     

Der anstehende Nachtmarsch war sehr
lang.
    Er begann in der Abenddämmerung und dauerte bis 03:30 Uhr in
der Früh.
    Mit der hereinbrechenden Dunkelheit hatte sich das Wetter extrem verschlechtert, was uns die Orientierung im Gelände erheblich
erschwerte.
    Auf dem Weg zum vorletzten Checkpoint in diesem hoch gelegenen, windigen und schlammigen Gelände musste ich auf der steil abfallenden Bergseite einen dichten Wald durchqueren.
    Auf der Karte sah das gar nicht mal so schwierig aus, doch in
Wirklichkeit war das der reinste Albtraum - sehr dichter Kiefernwald, haufenweise gefällte Baumstämme und ein schier endloses Dickicht aus Stechginster.
    Schon nach wenigen Hundert Metern merkte ich, dass dies ein
echter Kampf werden würde.
    Ich war schon ziemlich erschöpft von dem fünfstündigen Nachtmarsch durch die sumpfige Riedgras-Landschaft, aber das war jetzt
wirklich das Letzte, was ich gebrauchen konnte.
    Ich wollte einfach nur die andere Seite des Waldes erreichen.

    Wenn man in der stockfinsteren Nacht einen Weg durch diesen
irrsinnig dichten Wald finden wollte, so erforderte dies allerhöchste
Zielgenauigkeit und absolutes Vertrauen in die Kompasspeilung.
Doch die Bäume nahmen kein Ende.
    Endlich schaffte ich es, mir einen Weg durch den Wald zu bahnen
und erreichte den steilen Pfad auf der anderen Seite des Waldes, wo
ich ein einsames Ausbilder-Zelt erspähte, dessen Umrisse sich am Horizont abzeichneten.
    Die Vorgehensweise, wenn man an einem Checkpoint ankam,
war exakt vorgeschrieben und unter Strafandrohung einzuhalten.
Wenn man sich dem Checkpoint näherte, hatte man in die Hocke zu
gehen und dabei ein Knie auf den Boden zu setzen, die Karte musste
fest zusammengefaltet in einer Hand, der Kompass in der anderen
gehalten und das Sturmgewehr vorsichtig (wie ein Baby) über beide
Unterarme gelegt werden.
    Dann musste man sich melden. Name. Nummer.
    Der Ausbilder teilte einem daraufhin seine nächste sechsstellige
Planquadratangabe mit, die man unverzüglich auf der Karte aufzufinden hatte und sie ihm dann entweder mit der Ecke des Kompasses
oder einem Grashalm zeigen musste. (Wenn einer von uns dabei erwischt wurde, wie er mit dem Finger auf die Karte zeigte, anstatt mit
einem Grashalm oder irgendeinem anderen spitzen Gegenstand, wurde ihm von dem unvergesslichen Feldwebel Taff angedroht, dass er
„Dir diesen Finger abreißen und Dich dann mit dem matschigen Ende
zu Tode prügeln!" wird. Das ist eine Drohung, die ich heute ganz gern
bei meinen Jungs verwende, wenn wir gemeinsam eine Karte lesen.)
    Sobald einem die Planquadratangabe bestätigt wurde, war es auch
schon Zeit für das Kommando, das man ziemlich oft zu hören bekam: „Pack zusammen und verp*** Dich."
    Das war das Stichwort, um sich wieder auf den Weg zu machen.
    Ich bewegte mich etwa 20 Meter vom Zelt weg und kniete mich
im Dunkeln hin. Dann zog ich meine Stirnlampe heraus, die fast
komplett mit Panzerband verklebt war, bis auf eine winzig kleine Öffnung, durch die ein dünner Lichtstrahl fiel, und studierte sorgfältig
meine laminierte Karte.

    Die Karte befand sich immer fest zusammengefaltet in meiner
Oberschenkeltasche und der Kompass war mit einer Kordel an der
Brusttasche meiner Jacke befestigt. Verlor man Kompass oder Karte,
war man durchgefallen.
    Ich drehte mich um, machte einen Buckel, um mich gegen den
Wind zu schützen und mit einem langen Grashalm zwischen meinen
Fingern, versuchte ich die Wegstrecke nachzuzeichnen, die ich für die
beste Route hielt, um die Moorlandschaft zu durchqueren.
    Wenn man eine schlechte Route auswählte, konnte einen das
wertvolle Stunden kosten.
    Doch wenn man total durchnässt und übermüdet ist und im
Dunkeln bei extrem wenig Licht und starkem Wind krampfhaft versucht, eine Karte zu entziffern, können sich sehr leicht Fehler einschleichen.
    Ich drehte mich wieder in den Wind und marschierte dann den
steilen Pfad am Wald entlang bergauf und danach die letzten drei Kilometer durch die Riedgras-Landschaft im Hochmoor.
    Los, komm schon. Wir müssen doch gleich am Ziel sein.
    Es war mittlerweile 02:00 Uhr in der Früh.
    Dieser Weg war so anstrengend und kraftzehrend, dass ich doch
tatsächlich beim Gehen eingenickt bin. Das war mir noch nie passiert.
    Es war eine schreckliche Situation: Einerseits hatte ich dieses
starke Verlangen, mich einfach hinzulegen

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