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Schlangenblut (German Edition)

Schlangenblut (German Edition)

Titel: Schlangenblut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. J. Lyons
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sie irgendwann das Gefühl hatte, zu ihr ins Bett kriechen zu können, ohne wieder den verdammten Alarm auszulösen, würde sie das tun.
    Nick küsste sie noch einmal, bevor er die Tür öffnete. Endlich waren sie sich wieder einig, war Lucys Welt wieder im Gleichgewicht. Megan schnarchte leise vor sich hin, ein Fuß spitzte unter dem Bettzeug hervor, das grüne Licht des Monitors am Pulsoximeter blinkte synchron mit ihrer Atmung. Hundert Prozent, wie Lucy sah. Besser ging’s nicht.
    ***
    Burroughs fragte sich, ob Guardino ihm diese simple Aufgabe übertragen hatte, weil sie wegen Cindy sauer auf ihn war und ihn kaltstellen wollte oder weil sie merkte, dass er am Rande der Erschöpfung stand. Sein Blutzucker war völlig aus dem Gleichgewicht; bei seiner letzten Messung hatte er bei 378 gelegen, obwohl er bereits seine Insulindosis erhöht hatte.
    Das passierte ihm immer, wenn er zu sehr unter Druck stand und zu wenig Schlaf bekam. Oder zu wenig Bewegung hatte. Oder kein anständiges Essen. Also bei seinem Beruf so ziemlich jeden Tag.
    Aber er wollte sich nicht beklagen, nun, da er nichts weiter zu tun brauchte, als auf dem Hintern zu sitzen und einem Kind beim Schlafen zuzusehen, während alle anderen nach Fletcher suchten. Er seufzte und konzentrierte sich darauf, mehr Wasser zu trinken und alle Ketone auszuspülen, bevor sie ihn zum Erbrechen brachten.
    Als die Tür aufging, war er sofort hellwach und legte instinktiv eine Hand auf seine Waffe. Dann entspannte er sich, als er sah, dass es nur wieder Mrs Yeager war. Er erlaubte ihr, Ashley gute Nacht zu sagen – solange Ashley schlief und nicht wusste, dass sie da war.
    Das Letzte, was er jetzt brauchte, war ein hysterisches Kind, zumal Guardino nur ein paar Zimmer weiter bei ihrer eigenen Tochter war.
    »Kommen Sie ruhig rein«, flüsterte er. »Sie schläft.«
    Melissa trat zwei Schritte weit ins Zimmer und blieb dann stehen, als hätte sie Angst vor ihrer eigenen Tochter. »Die Schwester hat gemeint, die Arznei, die sie ihr gegeben haben, könnte ihr helfen zu vergessen –« Ein Schauder schüttelte ihren dünnen Körper. »Zu vergessen, was ihr zugestoßen ist.«
    »Tut mir leid, Madam, das kann ich nicht beurteilen. Ich weiß nur, dass sie schläft, seit ich hier bin.«
    »In den Nachrichten haben sie etwas von einer Scheune gesagt, wo sie gefangen gehalten wurde. Waren Sie dort? Haben Sie sie gesehen?«
    Sie war noch immer knapp drei Meter von ihrem Kind entfernt und erwartete von Burroughs, dass er alle Antworten parat hatte, um die Risse in ihrer perfekten kleinen Welt wieder zu kitten.
    Am liebsten hätte er sie durchgeschüttelt und ihr ein paar Ohrfeigen verpasst, um ihr klarzumachen, dass ihr Kind nicht ohne Grund so verzweifelt versucht hatte, dieser perfekten Welt zu entfliehen.
    Andererseits hatte er Mitleid mit ihr und sah, dass sie langsam, ganz langsam auf dem Weg war, all das selbst herauszufinden.
    Plötzlich fing sie an zu weinen. Sie heulte nicht lauthals drauflos, machte keinen Lärm, der ihre Tochter geweckt hätte, sie stand einfach nur da, mit hängenden Schultern, während sich Tränen über ihre Wangen ergossen wie die verdammten Niagarafälle.
    »Er hat sie getötet. Er hat mein Baby getötet. Ich bekomme sie nie wieder.«
    Scheiße. Er rannte ins Bad, nahm die dort liegende Packung Kosmetiktücher und reichte sie ihr aus einer Armlänge Abstand. Sie sah aus wie eine Frau, die jemanden brauchte, der sie in die Arme nahm. Aber da musste sie sich nach jemand anderem umsehen – er hatte für heute schon seine Überdosis Frauen gehabt, verbindlichsten Dank.
    Stattdessen nahm er sie bei ihrem knochigen Ellbogen und führte sie zur Tür. »Ich bringe Sie an einen ruhigen Ort, Mrs Yeager.«
    Er warf einen Blick zurück über die Schulter, doch Ashley hatte sich nicht bewegt. Er würde nur eine Minute brauchen. Er begleitete Mrs Yeager durch den Flur, vorbei am Stationszimmer und in den anderen Flügel, wo sich der Aufenthaltsraum für Familien befand.
    Sie weinte noch immer. Ihre Augen waren rot und verquollen, und ihre Tränen zogen sich wie silbrige Eisbäche über ihr Make-up. Burroughs versuchte, den Blick von ihr zu lassen, weil es ihn verlegen machte zu sehen, wie vollständig sie jede Zurückhaltung aufgegeben hatte. Er stieß die Tür zum Aufenthaltsraum auf.
    Auf der anderen Seite der Tür wartete bereits Cindy Ames.
    »Mrs Yeager«, rief sie freudestrahlend, ohne das Knäuel von Kosmetiktüchern in Yeagers Hand zu beachten, und

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