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Schlangenblut (German Edition)

Schlangenblut (German Edition)

Titel: Schlangenblut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. J. Lyons
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kleines Mädchen, das auf einer Schaukel angeschubst worden war, hatte aber nicht das Gefühl, als ob sie dieses Mädchen gewesen wäre – es war eher wie die Erinnerung an etwas, das sie in einem Film gesehen hatte. Oder in einem Werbespot.
    Und ihre Eltern? Die hatten wahrscheinlich noch nicht einmal gemerkt, dass sie weg war. Vielleicht waren sie sogar froh, erleichtert darüber, dass sie sie nicht mehr am Hals hatten. Und Freunde? Da gab es nur Bobby …
    Der Gedanke brachte frische Tränen mit sich. Was, wenn der Mann Bobby gefangen hatte, getötet – ihretwegen?
    Das hatte er nicht verdient, er wollte ihr doch nur helfen. Gott, wenn er tot war, dann war das alles nur ihre Schuld … und das Schlimmste war, dass sie nicht einmal mehr Gelegenheit gehabt hatte, ihn endlich persönlich kennenzulernen und ihm zu sagen, wie viel er ihr bedeutete.
    Das Muster des Linoleums drückte sich in ihr Gesicht, als sie so dalag und Tränen vergoss, die so salzig waren, dass sie ihr in den Augen brannten und sich weigerten herabzufallen.
    Sie war nicht dumm und wusste, was der Mann mit ihr machen würde. Sie hatte solche Geschichten gelesen, solche Filme gesehen. Vergewaltigt und gequält und geschlagen und ermordet – so endeten sie alle.
    Nie gab es ein Happy End. Nie.
    Ashley drückte die Augen so fest zu, dass ihr Kopf zu schmerzen begann. Nein, darüber wollte sie nicht nachdenken. Sie wollte hier raus.
    Konzentration. Sie begann mit einfachen Dingen: Atmen. Langsam, tief, gleichmäßig.
    Mehrere Minuten lang saß sie da und konzentrierte sich auf ihre Atmung, obwohl ihre Panikattacke noch immer nachwirkte. Schluss damit. Sie hatte sich wieder unter Kontrolle. Genau wie Vixen, ihre Figur in Shadow World.
    Dieser Gedanke ließ sie auflachen. Shadow World, ein Land der Finsternis, in dem man gegen schier unbezwingbare dunkle Mächte ankämpfen musste, um zu überleben. Sie hatte gewonnen, hatte jeden geschlagen – na ja, nicht direkt sie selbst, sondern Vixen.
    Vixen war in der Dunkelheit zu Hause. Die Dunkelheit war ihr Freund. Zu dumm, dass nicht Vixen hier an Ashleys Stelle war.
    Die Angst ließ ihr Herz flattern, doch das Hämmern in ihrem Kopf verschwand. Bald schon spürte sie ihre Hände und Füße wieder. Gut. Und jetzt bleib in Bewegung, such das Wasser. Du brauchst es, um zu überleben. Diesmal war es nicht ihre Entscheidung, sondern die von Vixen, die ihr Richtung und Kraft gab.
    Sie begann erneut zu kriechen, langsamer diesmal, und suchte dabei mit den Händen den Boden vor sich ab. Die Dunkelheit war so vollständig, dass ihre Hände sich nicht wie ein Teil von ihr anfühlten, sondern wie abgetrennt. Sie kannte dieses Gefühl sehr gut; es hatte ihr durch manch schwere Zeit geholfen.
    Das Schwerste kommt erst noch , flüsterte die Stimme hinter ihren Augen. Sie erstarrte und lag da, auf dem schmutzigen Boden in der Hitze, im Gestank des Todes, zerrissen zwischen Gegenwart und Vergangenheit. Es wäre so einfach, sich aufzugeben. Wegzugehen. Diesmal womöglich für immer?
    Nein. Nicht bevor sie das Wasser gefunden hatte. Sie wollte dem Schweinehund nicht die Genugtuung gönnen, so schnell aufgegeben zu haben. Sie musste am Leben bleiben. Sie wollte –
    Ihre Hand schoss durch die Luft auf der Suche nach dem Eimer, bis sie zu hart, zu schnell dagegenschlug und ihn umwarf.
    Warmes Wasser schwappte über den Boden, und ihre Handflächen glitten hindurch, als sie den Eimer hochriss und wieder aufrecht hinstellte. Hatte sie genug Wasser retten können?
    Sie steckte die Hand in die Tiefen des Zwanziglitereimers. Auf dem Boden waren vielleicht noch zwei Zentimeter verblieben.
    Sie patschte ins Wasser, als könnte sie es dadurch auf magische Weise vermehren. Sie zog ihre triefende Hand aus dem Eimer und quetschte die Mischung aus Schweiß und Wasser in den Mund. Ihr Hemd war klitschnass und klebrig von der Hitze und stank nach Schweiß und Angst. Sie zog es aus und wrang es verzweifelt über dem Eimer aus.
    Dann steckte sie erneut die Hand hinein und maß die Tiefe mit dem Finger. Das Wasser reichte ihr kaum bis zum ersten Fingerknöchel.
    Scheiße . Sie schluckte. Die Luft war zu stickig zum Atmen – sie würde darin ertrinken, obwohl sie an Dehydrierung starb. Hitzschlag. Der trieb einen in den Wahnsinn, sie hatte einmal ein Video darüber gesehen.
    Alles war noch viel schlimmer als zuvor.
    Sie wälzte sich auf den Rücken. Die Sicht war dieselbe wie auf dem Bauch, undurchdringliche Dunkelheit schien sie

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