Schlangenblut (German Edition)
eines Tages in der Mädchentoilette über Ashley her.«
»Wurde sie verletzt?«
»Körperlich nicht, aber emotional war sie völlig fertig. Aber das Mobbing ging noch weiter. Sie haben auf MySpace-Seiten versucht, Ashley als Lesbe hinzustellen, und eine wahre Cyber-Hetzkampagne entfesselt.«
»Wissen Sie, wer dahintersteckte?«
»Ashley hatte einen Verdacht, wusste aber nicht, wie sie sich wehren sollte. Aber ich wusste es.« Seine Augen leuchteten auf wie die eines wahren Helden. »Ich verbringe den ganzen Tag am Computer und kenne mich deshalb auf diesem Gebiet ziemlich gut aus. Ich habe denen eine Falle gestellt, indem ich unter Benutzung von Ashleys Identität eine Mailbox und eine E-Mail-Adresse eingerichtet habe. Als sie dann angefangen haben, sie mit Hass-Mails zu bombardieren, habe ich die zurückverfolgt. Es waren zwei Mädchen.«
»Glauben Sie, die könnten was mit Ashleys Verschwinden zu tun haben?«
Ein Lächeln zuckte um seine Lippen. »Das bezweifle ich. Sie sind dieses Jahr auf die Highschool gekommen. Und ich habe es ihnen so richtig gegeben. Ich habe ihre Adressbücher geklaut und alle, die drinstanden, mit Spams vollgemüllt – und zwar so, dass es aussah, als wäre der Mist von den Mädchen selbst gekommen. Die wurden von ihren Freundinnen und Freunden ganz schön fertiggemacht.«
»Ging es Ashley danach besser?«
Er senkte den Blick, und seine langen, blonden Wimpern streichelten seine Wangen. »Schön wär’s. Es war ihr irgendwie peinlich, plötzlich so im Mittelpunkt zu stehen. Ich glaube auch nicht, dass sie ihren Eltern davon erzählt hat. Aber damals wurde unser Verhältnis enger – ich meine, verstehen Sie das nicht falsch, natürlich nichts Körperliches …« Sein Blick schweifte über die ganze Länge seines reglosen Körpers. »Ashley ist so etwas Besonderes – wie kann jemand keinen Spaß daran haben, sich mit ihr zu unterhalten? Sie ist klug und witzig und begabt. Wenn sie nur nicht ständig eine so schlechte Meinung von sich selbst hätte.«
»Hat sie Ihnen irgendwelche Fotos gemailt?«
»Fotos? Nein. Wir haben uns überlegt, eine Webcam zu installieren, aber ich wollte nicht, dass sie sieht – Sie wissen schon. Frank hat mir geholfen, ihr ein Foto von mir zu schicken, nur von meinem Gesicht, damit sie nicht die Wahrheit erfährt. Das hat sie dann als Grundlage für Dracos Erscheinung benutzt. Meistens haben wir nur gechattet. Bis sie mir ihre Zeichnungen geschickt hat.«
Während er sprach, ließ er mit der Computermaus einen großen, hübschen blonden Jungen mit durchdringenden blauen Augen auf dem Monitor erscheinen. Die langen Haare liefen in Spitzen aus, deren Enden Flammen waren. Am Oberkörper trug er lediglich eine Schärpe aus roten und goldenen Drachenschuppen, in der ein Langschwert steckte. Auch seine Hose bestand aus Drachenschuppen, und sein Dolch war die Klaue eines Drachen.
»Schön. Sie hat da eine Menge reingesteckt.«
Er errötete erneut. »Ja. Ich habe Ihnen doch gesagt, dass sie Talent hat. Ich weiß wirklich nicht, warum sie es an Vixen vergeudet hat.«
»Glauben Sie, das könnte ihre Art gewesen sein, sich zu wehren gegen die, die sie gemobbt haben?«
»Kann schon sein. Aber immer nur allein im Dunkeln rumzuschleichen ist auf Dauer auch nicht das Gelbe vom Ei, oder?«
»Hat sie denn gewonnen? Die Krone der Schattenwelt?«
Wieder kam dieses herzzerreißende Beinahe-Achselzucken. »Weiß ich nicht. Nachdem Draco getötet worden war, wurde ich aus dem Spiel ausgeschlossen. Der Maestro hat mich nicht mehr einloggen lassen. Ein paar Tage später hörte ich zum letzten Mal von ihr. Es ging darum, ob wir uns persönlich treffen sollten, weil sie meinte, sie bräuchte meine Hilfe. Aber wofür, das hat sie nie gesagt.«
Lucy überlegte. »Wenn ich Sie mit meinen Jungs von der Technik bekannt mache, würden Sie denen dann Ihre E-Mails zeigen, die Sie mit Ashley gewechselt haben?«
»Klar, wenn Ihnen das weiterhilft.« Er rollte seinen Stuhl vom Schreibtisch weg und blickte sie traurig an. »Ich habe sie wohl im Stich gelassen. Ich hätte ein besserer Freund sein müssen, mehr für sie da sein.«
Dabei hatte dieser Junge für Ashley mehr getan als deren Eltern. Lucy legte ihre Hand auf seine. »Ich glaube, Sie waren ihr bester Freund, Bobby. Ihr Held.«
Seine Hand zuckte unter ihrer und ließ den Rollstuhl rückwärtsfahren. »Trotzdem konnte ich ihr auch nicht helfen. Bitte finden Sie sie, helfen Sie ihr. Das schaffen Sie doch,
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