Schlangenblut (German Edition)
wieder gesund würde. Bevor sie etwas antworten konnte, erschien ein Rollstuhl in der Tür.
»Mom«, rief Megan, als der Pfleger sie ins Zimmer schob. An ihrer linken Hand hing ein transparenter Infusionsschlauch, der an einer Maschine auf einem Ständer mit Rädern befestigt war. Sie wirkte ein bisschen blass, machte aber ansonsten einen guten Eindruck. Jedenfalls schien es ihr besser zu gehen als Lucy. »Was hast du denn da an? Du siehst ja aus wie Ashlee Simpson!«
Aus Megans konsterniertem Blick und ihrem schrillen, missbilligenden Tonfall schloss Lucy, dass das nicht unbedingt als Kompliment gemeint war.
»Na, wie geht’s, Kleine?«, fragte sie und eilte ihr entgegen, um zu helfen, fühlte sich dann aber hoffnungslos überfordert, als der Pfleger mit wenigen, geschickten Handgriffen den Infusionsschlauch umhängte und ein Kabel an den Monitor anschloss. Er senkte das Bett auf die passende Höhe ab und lächelte Megan an.
»Also gut, bist du bereit, aus diesem Stuhl zu hüpfen?«
Megan rümpfte die Nase und grinste. »Ach, kommen Sie, noch eine Runde um den Block. Ich fahr mit Ihnen um die Wette.«
»Tut mir leid, keine Zeit«, erwiderte der Pfleger, bückte sich zu ihr hinunter und legte sich den Arm ohne die Infusion um den Nacken, als er Megan auf die Beine stellte und dann in einer fließenden Bewegung aufs Bett drehte. »Machen Sie’s gut, Miss Megan.«
»Danke für die Fahrt.« Megan ließ sich zurücksinken und begann, an der Steuerung des Betts herumzuspielen. Lucy eilte dem Pfleger hinterher.
»Vielen Dank«, sagte sie, als er einem Krankenpfleger im Stationszimmer eine Mappe mit Megans Namen darauf übergab. »Haben die Ärzte gesagt, wie lange es dauert, bis sie die Ergebnisse erfahren? Und wie es nach der Computertomographie aussieht?«
Er schenkte ihr ein gütiges Lächeln, schüttelte aber den Kopf. »Tut mir leid, Madam, dazu kann ich leider nichts sagen, aber man wird Sie ganz bestimmt informieren, sobald Resultate vorliegen. Machen Sie sich mal nicht zu viele Sorgen.«
Er schob den leeren Rollstuhl durch den Flur zum Aufzug. Lucy warf den Kopf zurück und stieß einen verärgerten Seufzer aus. Von den Fliesen an der Decke grinsten ihr neonfarbene Smileys entgegen. Sie dachte darüber nach, warum die Decke wohl so dekoriert war, und stellte sich ans Bett gefesselte Kinder vor, gefangen in ihrem Körper wie Bobby Fegley.
Dann aber richtete sie sich auf und redete sich ein, dass keine Neuigkeiten bereits gute Neuigkeiten seien.
»Hallo, ich bin Megan Callahans Mutter«, stellte sie sich der Stationsschwester vor, einer älteren Frau mit einem Telefon und mehreren Krankenblättern in der Hand. »Wenn Sie mal einen Augenblick Zeit hätten, wäre ich Ihnen sehr dankbar, wenn Sie Megans Arzt rufen könnten. Ich brauche – ich hätte gerne die neuesten Informationen über die Ergebnisse ihrer Untersuchungen.«
Die Schwester lächelte und nickte, und Lucy ging wieder in Megans Zimmer. Megan thronte auf einem Berg von Kissen, hatte sich die Fernbedienung des Fernsehers geschnappt und kommandierte ihren Vater herum, damit der den Fernseher auf den optimalen Blickwinkel ausrichtete. Nick machte das Spiel lächelnd mit, die Hand immer nahe an Megans Arm. Lucy schloss sich ihnen an und setzte sich neben Megan aufs Bett.
»Da hast du ja ein richtiges Abenteuer hinter dir«, sagte sie, vergrub das Gesicht in Megans Haare und umarmte sie herzlich. Ein Alarm begann zu piepsen, so schrill, dass Lucy unwillkürlich nach ihrer Waffe griff. Nick drückte derweil in aller Ruhe einen Knopf am Monitor und brachte den Alarmton zum Schweigen.
»War ich das?«, fragte Lucy.
»Ich muss auf den Blutsauerstoff achten«, erklärte Megan mit erhobenem Zeigefinger, an dem sich ein Stück Klebeband mit einem leuchtend roten Fleck befand. »Das Ding hier sendet Lichtwellen durch meine Haut und kann damit den Sauerstoff in meinem Blut messen. Schau doch mal«, forderte sie Lucy auf und zeigte auf den Monitor, »es zeigt jetzt 100 an, besser geht’s nicht.«
»Dann ist mit deinem Blutsauerstoffgehalt ja alles bestens. Und was ist mit dem Rest von dir?«
Megan spitzte die Lippen und überlegte. »Die Infusion hat ziemlich weh getan, und dann mussten sie mir noch mehr Blut entnehmen, aber ich war recht tapfer, stimmt’s, Dad?«
»Und ob du das warst, Prinzessin.« Nick beugte sich zu ihr hinunter und küsste sie auf die Stirn.
»Und mir war flau im Magen, aber das ist jetzt auch wieder besser. Kann ich bald
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