Schlangenblut (German Edition)
und Netzstrümpfen gesehen zu haben, die mit einem »dicken, fetten schwarzen Mann« in einem weißen Cadillac Escalade unterwegs war. Beide hätten offensichtlich »nichts Gutes im Schilde geführt«, und das Mädchen habe ihr den Stinkefinger gezeigt.
Eine andere Frau erzählte von verdächtigen Lichtern in ihrem Garten. Da sie nur einen Häuserblock von den Yeagers entfernt wohnte, hatte die Polizei von Plum Borough einen Streifenwagen vorbeigeschickt, aber nichts gefunden.
Das waren bereits die heißesten Hinweise. Seufzend griff Burroughs nach einem weiteren Donut. Nach all dem Zucker, dem Viagra, das er in der vergangenen Nacht eingeworfen hatte, und den Turnübungen mit Cindy legte sein Blutzuckerspiegel sicher eine echte Berg-und-Tal-Fahrt hin, aber man lebte schließlich nur einmal.
Beim Kauen ging er innerlich noch einmal alles durch, was er mit Cindy in der Nacht zuvor getrieben hatte. Irgendwie aber schoben sich immer wieder die Gesichter anderer Frauen vor das von Cindy. Kim. Guardino. Kim.
»Hey, Burroughs«, rief Taylor gerade in dem Augenblick, als Burroughs zum besten Teil seiner Morgenphantasien kam. »Sie waren doch dabei, als unser Lieutenant diesen Fegley besucht hat, nicht wahr?«
Burroughs wirbelte auf seinem Stuhl herum und zog ihn näher an seinen Schreibtisch. »Ja, warum?«
»Ich denk gerade nach.«
»Oh, gefährliche Sache«, scherzte einer der Hightech-Leute.
Taylor ignorierte ihn. »Wenn Ashley sich vor ein paar Wochen ein neues Handy besorgt hat, dann hat sie sich doch wahrscheinlich auch eine neue E-Mail-Adresse beschafft, Sie wissen schon, so was Anonymes wie Hotmail.«
»Möglich.«
»Aber würde sie das alles tun, wenn ihr das nicht jemand eingetrichtert hat?«
Burroughs blinzelte und nickte dann. »Klingt vernünftig. Haben Sie ihre alten E-Mails?«
»Der AOL -Account wurde schon über drei Wochen nicht mehr genutzt«, sagte Taylor erregt und kam in seinem Stuhl angerollt, um Burroughs einen Stapel Ausdrucke auf den Schreibtisch zu werfen.
»Der Absender müsste eigentlich auffallen. Er wird die Adresse nur einmal benutzt haben«, meinte Burroughs und machte sich über die Seiten her.
»Und die Mail stammt vermutlich von einer nicht zurückverfolgbaren Quelle wie einem Internetcafé«, fügte Taylor hinzu und nahm sich die Hälfte des Stapels.
»Aber mit einem Namen, den sie erkennt, von einem Menschen, dem sie vertraut.« Beide schwiegen einen Augenblick, während ihre Stifte über die Ausdrucke der E-Mails kratzten.
Mein Gott, wie diese Kids seitenweise über absolut nichts schwafeln konnten, dachte Burroughs, während er hirnlose Mitteilungen über Musik und das Wetter und Charaktere aus Shadow World überflog.
»Ich hab sie.« Taylor stieß seinen Stift durch die Seite und hielt sie aufgespießt in die Höhe.
»Wer ist es?«
»Draco598. Aus einem Internetcafé. Er schreibt: Ruf mich an, und nennt eine Nummer.« Taylor griff bereits an Burroughs vorbei zum Keyboard und ließ die Finger über die Tasten fliegen. Er schüttelte den Kopf, offenbar wenig begeistert von dem, was er da sah. »Nichts. Das Telefon ist nicht zurückverfolgbar, Prepaid-Handy, bar bezahlt.«
»Draco war der Name, den Fegley im Online-Spiel benutzt hat, das er mit Ashley gespielt hat.«
»Sind Sie sicher, dass er nicht unser Mann ist?«
»Glauben Sie mir, der Typ kann keiner Fliege was zuleide tun. Aber …« Er hielt inne, als ihm wieder einfiel, was Guardino ihm über Shadow World erzählt hatte, das Online-Fantasy-Spiel, für das sich Ashley so begeistert hatte. »Das muss ein anderer Mitspieler gewesen sein, einer, der wusste, dass Ashley für diesen Fegley eine Schwäche hatte –«
»Sie meinen Draco.«
»Egal. Können Sie die richtigen Namen dieser Shadow-World-Mitspieler rauskriegen?«
»Schon dabei.« Taylor strahlte, seine Müdigkeit schien wie weggeblasen. Burroughs musste über den Enthusiasmus des Jüngeren unwillkürlich lächeln. Er konnte sich nicht vorstellen, selbst je so jung und naiv-optimistisch gewesen zu sein.
»Hey, Taylor.« Taylor ruckte den Kopf zur Seite, ohne den Monitor ganz aus den Augen zu lassen und ohne dass seine Finger von ihrer rhythmischen Arbeit abgelassen hätten. Burroughs schob ihm die Donuts zu. »Gute Arbeit, junger Mann.«
***
In ihren Träumen war Ashley unter Wasser gewesen. Es war noch immer dunkel, aber kühl – viel besser als der erstickende Gestank in ihrem wachen Hier und Jetzt. Das Wasser war ihr Freund gewesen, sie hatte
Weitere Kostenlose Bücher