Schlangenblut (German Edition)
sich in jede beliebige Richtung bewegen können, keine Schmerzen, keine Angst.
Dann schlug etwas gegen ihren Körper und weckte sie.
Bevor sie reagieren oder sich auch nur wundern konnte, traf ein weiterer Gegenstand auf ihren Körper und dann noch einer und noch einer. Sie schrie auf, schlug um sich und versuchte, die sich windenden, spuckenden Kreaturen wegzustoßen. Sie war, gefangen in ihrem schlimmsten Alptraum, erwacht.
Schlangen, die von oben auf sie herabfielen. Egal, wohin sie sich bewegte, es kamen immer mehr, manchmal waren es nur eine oder zwei, dann wieder eine ganze Gruppe. Es war, als hätte sich der Himmel aufgetan und den Zorn Gottes freigesetzt.
Sie schrie und flehte den unsichtbaren Puppenspieler an, der sich einen Spaß daraus machte, sie zu quälen. »Hören Sie auf! Bitte, bitte.« Ihre Stimme war nur noch der Schatten eines Flüsterns. »Bitte, ich tue auch alles, was Sie wollen.«
Die Antwort war das nächste Schlangenknäuel, das ihr ins Gesicht geschleudert wurde.
Schlangen umgaben sie, bissen in ihre wild um sich schlagenden Gliedmaßen und peitschten sie mit ihren Körpern. Bei jeder ihrer Bewegungen stieß ihr eine andere die Zähne ins Fleisch.
Zu einer Kugel zusammengerollt und die Arme vor dem Gesicht, versuchte sie nun gar nicht mehr, den Reptilien-Geschossen auszuweichen, sondern zuckte nur noch zusammen, wenn sie wieder getroffen oder gebissen wurde.
Plötzlich kam ihr ein schrecklicher Gedanke. Zuerst versuchte sie, ihn zu verdrängen, weil die Vorstellung einfach zu furchtbar war. Doch es gelang ihr nicht, diesen Gedanken zu ignorieren, während Schlangen sich um ihren geschwollenen Knöchel wanden, unter ihren Hosenbeinen hochkrochen und sich über ihren Hals schoben.
»Daddy?« Sie versuchte, in die Dunkelheit über ihr zu starren. »Daddy? Bist du das? Es tut mir leid. Es tut mir ja so leid. Bitte. Daddy?«
Die einzige Antwort, die sie erhielt, war wieder eine Sturzflut von Schlangen, bestimmt ein Dutzend diesmal.
»Was willst du von mir?«, startete sie einen letzten verzweifelten Versuch. »Ich bin zu allem bereit. Ich zieh mich nackt aus, ich lutsche deinen Schwanz, ich –« Sie hielt inne und versuchte sich vorzustellen, was ein Perverser von ihr wollen könnte. »Du darfst mich auch ficken. Ich tu alles, wenn du damit aufhörst!«
Doch immer mehr wütend zischende Schlangen trafen ihr Ziel. Stöhnend wälzte sich Ashley auf dem Boden und landete bei jedem Versuch, sie loszuwerden, nur in einer weiteren aufgerollten Masse, während die Kette an ihrem Bein zerrte und ihre Bewegungsfreiheit begrenzte.
»Bitte.«
Doch ihr Flehen wurde nicht erhört. Ihr unsichtbarer Gott schleuderte weiter Schlangen auf sie, ohne dass sie hätte sagen können, wie lange das alles dauerte – Minuten, Stunden, Tage? Zeit hatte keine Bedeutung mehr für sie.
Schließlich rollte sie sich zu einer festen Kugel ein und zuckte nicht mehr zusammen, während die Schlangen ihren warmen Körper erkundeten. Sie spürte nicht einmal mehr ihre Bisse und störte sich auch nicht mehr daran, wenn sie unter ihre Kleidung glitten, ihre kalte, trockene Haut sich an ihre drückte und ihre Zungen ihren Schweiß schmeckten.
Eine ganze Weile ließ sie sich einfach nur treiben und spürte gar nichts mehr.
Sie existierte nicht mehr.
KAPITEL 25
Sonntag, 10.23 Uhr
Megans Lachen drang aus ihrem Zimmer zwei Türen weiter, als Lucy, noch immer zittrig, aus der Toilette kam. Es war das schönste Geräusch, das Lucy je gehört hatte. Sie schloss die Augen und hörte intensiv zu, um sich die Töne einzuprägen. Als Geschenk, das sie später auspacken konnte.
Plötzlich sah sie Melissa Yeager vor sich, so schön und so unfähig, auch nur das Geringste für ihre Tochter zu tun. Sie verschluckte sich fast an einem Schluchzer. Megan brauchte keine Angst davor zu haben, das hier allein durchstehen zu müssen. Nick und Lucy würden sie nie allein lassen. Nicht wie Ashleys Eltern es getan hatten.
Ashley. Sie konnte Ashley einfach nicht vergessen – nicht solange sie für das Mädchen die einzige Chance war.
Die Stationsschwester winkte ihr zu. »Mrs Callahan? Dr. Scott würde Sie gern am Telefon sprechen.«
Endlich die Chance, ein paar Antworten zu erhalten. »Ja, bitte?«
»Mrs Callahan, entschuldigen Sie bitte, dass ich noch keine Zeit hatte, hochzukommen und persönlich mit Ihnen zu reden, aber ich wollte Sie wenigstens telefonisch über Megans Zustand informieren.«
»Haben Sie herausgefunden,
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